Lennart Karl Bayern 2025Getty

Ein Trend ist deutlich erkennbar: Der Umgang des FC Bayern mit Lennart Karl wirft Fragen auf

Vincent Kompany war nach dem 3:2-Sieg seines FC Bayern gegen den FC Augsburg darum bemüht, "Kontext" zu schaffen. Bei Sky nannte er mehrere Faktoren, die aus seiner Sicht dazu geführt hatten, dass es nach komfortabler Drei-Tore-Führung am Ende nochmal spannend wurde.

Neben der besonderen Vorbereitung nach der Klub-WM kritisierte er gewohnt diplomatisch die Abwehrarbeit in einzelnen Situationen wie auch die Chancenverwertung in der Offensive. Gleichzeitig bemühte der Belgier sich darum, hervorzuheben, dass seine Mannschaft zahlreiche gute Chancen hatte – was ein Qualitätsmerkmal sei. Wo steht der FC Bayern nun wirklich? Drei Erkenntnisse aus dem Augsburg-Spiel.

  • FC Bayern: Die Offensive funktioniert – fast

    Eine große Erkenntnis ist nach nun vier Pflichtspielen: Die Offensive funktioniert prinzipiell. Die Bayern haben gegen Stuttgart, Leipzig, Wiesbaden und jetzt Augsburg insgesamt 14 Tore geschossen. Dass sie die Qualität für viele Tore haben, überrascht kaum. Doch alles wirkt noch stimmiger als in der vergangenen Spielzeit.

    Allerdings schaffen sie es noch nicht, in den entscheidenden Spielphasen den berühmten Sack zuzumachen und den Gegner endgültig zu brechen. Gegen Leipzig gelang das noch, aber gegen Stuttgart, Wiesbaden und den FCA münzte man die dominanten Spielphasen in zu wenig Tore um. Gegen all diese Gegner hätte man jeweils in der Anfangsphase der ersten Halbzeit schon früh die Weichen für einen ruhigeren Abend stellen können.

    Die Chancenverwertung war schon in der vergangenen Saison ein großes Thema. In dieser Saison scheint sie wieder ein entscheidendes Detail zu sein, an dem die Münchner arbeiten müssen. Gleichzeitig ist es beeindruckend, wie flexibel und durchschlagskräftig das Team von Kompany überhaupt agiert.

    Der Trainer hat einen Punkt, wenn er betont, dass es ihm wichtig ist, die Anzahl an guten Chancen hervorzuheben. Michael Olise, Luis Diaz und Serge Gnabry bringen aktuell viel Dynamik ins Spiel. Harry Kane traf in Augsburg nicht selbst, bereitete aber zwei Treffer vor und präsentierte sich als herausragender Spielmacher (SPOX-Note 1,5). Mit seinen Laufwegen und Pässen zieht er oft die Räume frei, die die wendigeren Spieler nutzen können. Seine Leistung in Augsburg war abermals beeindruckend.

    Die Abläufe scheinen nochmal besser zu passen als im Vorjahr. Wenn da die zuletzt schlechte Chancenverwertung nicht wäre. Zumindest beim HSV wird man hoffen, dass diese noch ein bisschen anhält. Die Hamburger müssen als nächstes nach München.

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  • Jonathan Tah (FC Bayern)Getty Images

    FC Bayern: Die Abwehr wackelt erneut

    Trotzdem kann sich die Abwehr der Münchner nicht dahinter verstecken, dass die Offensive zu wenig Tore erzielt hätte. Schon nach dem Leipzig-Spiel war klar, dass die Bayern nicht in jedem Spiel sechs Tore aus 1,7 statistisch erwartbaren Toren machen werden. Langfristig nähern sich Expected Goals und tatsächlich erzielte Tore immer an.

    Im Moment haben die Bayern laut Fotmob aus 11,79 erwarteten Toren in den vier Pflichtspielen eben besagte 16 Tore erzielt. Trotz des Chancenwuchers gegen Wiesbaden und Augsburg gelangen also eigentlich ausreichend Treffer, um Spiele souverän gewinnen zu können.

    Bedeutet wiederum: Die Defensive ist ebenfalls gefordert, bei einer 3:0-Führung nicht nochmal Spannung aufkommen zu lassen. Das betrifft die Innen- und Außenverteidiger ebenso wie die gesamte Mannschaft davor.

    Denn das erste Gegentor fiel am Samstagabend beispielsweise, als die Münchner im tiefen Block verteidigten und niemand in der Offensive sich dafür zuständig fühlte, Jeffrey Gouweleeuw anzulaufen. Der Verteidiger konnte unbedrängt den Ball in die Tiefe spielen, der überhaupt erst Gefahr erzeugte. Auffällig ist mit Blick auf die Viererkette dennoch, dass die Abstimmung noch nicht perfekt ist.

    Jonathan Tah und Dayot Upamecano hatten schon gute Spiele miteinander in der Vorbereitung und beispielsweise gegen Leipzig. Beide zeigten nun aber auch Unsicherheiten. Gerade bei der gegenseitigen Absicherung fehlt ihnen manchmal noch das Gefühl für das richtige Stellungsspiel.

    Kompany fasste die Situation dennoch nüchtern zusammen: "Wir haben noch zu arbeiten, aber das kriegen wir hin. Hätten wir die falschen Leute, hätten wir ein Problem, aber wir haben die richtigen Leute." Ob es tatsächlich die richtigen Leute sind, wird die Saison zeigen. Trotzdem ist es richtig, dass die Saisonanfangsphase noch lange nicht für ein umfassendes Fazit taugt. Und doch bleibt die Defensive im Fokus.

  • FC Bayern: Wie ernst meint man es mit der Jugend?

    Im Fokus bleibt auch die Kaderplanung des FC Bayern. Und eine große Frage in Bezug darauf: Wie ernst meinen es Max Eberl und Co. eigentlich wirklich mit der eigenen Jugend? Oder konkreter: Wie ernsthaft wird Lennart Karl tatsächlich als vollwertiger Spieler des Kaders mit eingeplant?

    Die bisherigen Eindrücke sind gemischt. Im Supercup bekam er ein paar unbedeutende Sekunden. Gegen Leipzig durfte der 17-Jährige immerhin 21 Minuten sammeln, im Pokal waren es dann schon 67 und der erste Startelfeinsatz. Minuten bekam er bisher also entweder gegen einen unterklassigen Gegner oder wenn die Partie schon relativ deutlich entschieden war.

    Wenn es eng wurde, wurde er ausgewechselt (Wiesbaden) oder bekam keine nennenswerte Einsatzzeit (Stuttgart, Augsburg). Noch ist die Stichprobe zu klein, um daraus vorschnelle Schlüsse zu ziehen. Aber klar ist, dass der FC Bayern ehrlich zu sich selbst sein muss.

    In den vergangenen Jahren gab es in der Kaderplanung des Rekordmeisters ein eindeutiges Muster: Sechs Profis mit Stammspielerqualität teilten den Großteil der Spielzeit in der Offensive unter sich auf. Zwei weitere Spieler, die meist schon etwas älter waren oder eben Talente, bekamen einen kleinen Anteil der zur Verfügung stehenden Spielzeit.

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  • FC Bayern München v RB Leipzig - BundesligaGetty Images Sport

    Umgang mit Lennart Karl wirft Fragen zur Kaderplanung auf

    Wenn sich das Muster des bisherigen Saisonverlaufs bestätigt, wird Karl nicht allzu viele Minuten sammeln. Dafür gibt es zu viele enge Spiele auf höherem Niveau für den FC Bayern. In dem Fall wäre er in der beschriebenen "6+2"-Logik eher Teil der zwei Ergänzungen und nicht der sechs vollwertigen Stammspieler.

    Das Problem: Mit Kane, Olise, Gnabry, Diaz und Jamal Musiala gibt es derzeit nur fünf dieser Stammspieler im Angriff. Nicolas Jackson sollte der sechste sein, der Transfer wird aber wohl platzen. Und selbst wenn noch jemand kommt, ist Musiala erstmal verletzt. Wann er wieder richtig fit wird, ist vollkommen unklar. Der Kader wurde nicht zwingend auf Kante genäht, aber er wurde relativ offensichtlich mit wenig Weitblick und Überzeugung zusammengestellt – zumindest in der Offensive.

    Es wäre vollkommen legitim, Karl als siebten Spieler in der Offensive einzuplanen, weil man ihm die Minuten in engeren Spielen noch nicht zutraut. Dann hätte man aber dafür sorgen müssen, dass die vorderen sechs Plätze besetzt sind – und zwar mit Qualität. Spricht man Karl das Vertrauen aus, dann sollte er aber wie einer aus den Top-6 behandelt werden. Denn andernfalls kommt es zu Situationen wie in Augsburg, als die meisten Angreifer in der Schlussphase müde wirkten und unpräziser wurden.

    Wenn Kompany schon jetzt mehr Vertrauen in Raphael Guerreiro auf der Zehn hat als in Karl, muss man die Kaderplanung des FCB schlichtweg hinterfragen: Wurde die Jugend als Feigenblatt verwendet, um die Verfehlungen auf dem Transfermarkt zu verstecken? Erst die kommenden Wochen und Monate werden Antworten auf diese Frage liefern. Ein Trend ist aber zu erkennen: Das Vertrauen in Karl ist nicht so groß, wie man es nach außen verkauft hat. Dann hätte man in diesem Sommer aber anders planen müssen.

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