JULIAN DRAXLERGetty Images

Ein Scorerpunkt pro Spiel: Zaubert sich Julian Draxler zum versöhnlichen Karriereende bei Schalke?

"Mit Stolz und Leidenschaft bis 2018." Als der FC Schalke 04 im Jahr 2013 mehrere Trucks durch Gelsenkirchen fahren ließ, war dieser Schriftzug darauf zu sehen. Daneben ein Bild von Top-Talent Julian Draxler.

Ein großer Moment für die Nummer 10 der Knappen – und auch für den Klub selbst. Ein Moment, der unterstreichen sollte, wohin die Reise für den damals 19-Jährigen geht: nach ganz oben. Denn große Verkündungen sind nur den großen Spielern vorbehalten.

  • Fallrückzieher und Top-Werte: Julian Draxler zaubert in Katar

    Ein Sprung ins Jahr 2025. Rund zwölf Jahre später ist Draxler nicht nur Weltmeister, sondern auch der absolute Topscorer seines Klubs. In 19 Partien erzielte er als Linksaußen zwölf Tore und bereitete acht weitere vor. Ende Januar traf der mittlerweile 31-Jährige sehenswert per Fallrückzieher.

    Nur von dem einst großen Versprechen ist dennoch nicht mehr viel übrig. Draxler kickt mittlerweile in Katar. Sein Traumtor erzielte er im Trikot von Al Ahli vor fast leeren Rängen. Irgendwie traurig, wenn man bedenkt, wohin die Reise des 58-maligen Nationalspielers hätte gehen können.

    Gleichzeitig sind seine aktuellen Leistungen aber auch eine schöne Erinnerung daran, wie sehr dieser Fußballer damals zu begeistern wusste. So wie 2013, als er beim Abschiedsspiel von Raúl das Tor des Monats Juli erzielte. Mit einem geschmeidigen und technisch anspruchsvollen Dribbling ließ er mehrere Gegenspieler stehen, ehe er sich den Ball mit der Hacke an seinen anderen Fuß schoss, von wo er den Weg zu Raúl fand.

    Draxler war damals das Gegenstück zu Mario Götze im Ruhrpott. Etwas wuchtiger und physisch geprägter kam sein Spiel daher, aber gleichzeitig elegant und vor allem torgefährlich.

  • Werbung
  • JULIAN DRAXLERGetty Images

    Julian Draxler: Zu viel Druck zu Beginn seiner Karriere?

    Zwischen seiner heutigen Station in Katar und dem damaligen Hype, den er um sich erzeugen konnte, lagen viele Missverständnisse. Schon in den ersten Jahren nach seiner großspurig verkündeten Verlängerung ging es immer weiter bergab. Der offensive Mittelfeldspieler beklagte später, dass der Druck auf ihn zu groß gewesen wäre.

    Horst Heldt, damals Schalkes sportlicher Leiter, erklärte Jahre danach, dass der Spieler und sein Management die Aktion bei der Verlängerung beispielsweise komplett unterstützt hätten. "Es war damals der Wunsch seines Managements, etwas Besonderes zu machen", sagte er 2018 im Gespräch mit der WAZ: "Von der Idee mit den plakatierten LKW waren dann alle begeistert: Berater, Klub, Familie und nicht zuletzt Julian selbst."

    Doch Heldt sagte damals noch einen Satz, der entscheidend war: "Julian ist meiner Einschätzung nach nicht der Typ, der gerne im Mittelpunkt steht." Schon 2015 wechselte Draxler weiter nach Wolfsburg. Eine große Enttäuschung für viele Schalke-Fans – und ein Transfer, der Fußball-Deutschland verwirrte. Warum geht jemand mit derart viel Talent nach Wolfsburg?

  • Julian Draxler: Der Weg in die Bedeutungslosigkeit

    Auch wenn die Wölfe damals regelmäßig um Titel spielen konnten, hatten viele damit gerechnet, dass der nächste Karriereschritt Draxlers ins Ausland gehen würde. Dazu aber kam es nicht – weil Juventus Turin sich den Transfer offenbar nicht leisten konnte, wie der Weltmeister von 2014 später verriet. Stattdessen verschwand er in Wolfsburg immer stärker aus dem Fokus der Öffentlichkeit. Seine Leistungen waren wechselhaft, sein Klub zog zudem kein großes Interesse auf sich.

    Draxler war angekommen in der breiten Masse an Bundesliga-Spielern. Sicher immer noch jemand, der hin und wieder sein riesiges Potenzial aufblitzen ließ. Gleichzeitig aber jemand, der im Alltagsgeschäft der Bundesliga schon länger keine große Rolle mehr spielte.

    Auch in Paris gelang ihm der Schritt zurück in den Fokus nie. In seinen besseren Tagen machte er ein paar Spiele am Stück, meistens aber war er ein Spieler, der dem Kader eine gewisse Breite gab. PSG verlieh ihn nach fünf Jahren nach Lissabon zu Benfica, verkaufte ihn 2023 dann schließlich für neun Millionen Euro nach Katar.

  • ENJOYED THIS STORY?

    Add GOAL.com as a preferred source on Google to see more of our reporting

  • JULIAN DRAXLERGetty Images

    Julian Draxler: Happy End in Katar – oder sogar auf Schalke?

    Draxler schien nie unzufrieden damit zu sein, wie seine Karriere gelaufen ist. "Ich habe unheimlich viele Erfahrungen gesammelt, die für mich auch außerhalb des Fußballgeschäfts extrem wertvoll sein können", sagte er einst im Interview mit SPOX und GOAL.

    Draxler hat nie viel Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Deshalb lässt sich nur darüber spekulieren, wie es in ihm aussieht. Dennoch kann man abschätzen, dass er irgendwann im Verlauf seiner Karriere akzeptiert hat, dass die Vorschusslorbeeren zu viele waren und er nicht zu den ganz großen Spielern zählen wird.

    Gerade in Paris gab er sich bei allem Anspruch zufrieden mit einer Rolle, in der er mal mehr, mal weniger zum Einsatz kam, dafür aber sehr gut verdiente und nicht ständig im Fokus der Öffentlichkeit stand.

    Diese Aspekte könnten ebenfalls wichtig gewesen sein, als es zu Al Ahli ging. In Deutschland redet längst niemand mehr über das Schalker Wunderkind, das die deutschen Fußball-Fans mit spektakulären Tricks und Toren verzauberte. Fällt sein Name, sprechen viele von einer gescheiterten Karriere. Doch das ist wohl eine Frage der Perspektive.

    In Katar lässt Draxler seine Freude am Spiel wieder regelmäßig aufblitzen. Er zeigt Dinge, die selbst auf dem deutlich niedrigeren Niveau nicht jedem Spieler aus den Top-5-Ligen Europas gelingen würden. Die einen daran erinnern, warum er einst eine solch große Nummer war.

    Nur eine Frage bleibt noch offen: Wird es irgendwann vielleicht doch noch die Rückkehr zu Schalke 04 geben? Dass sein Herz trotz allem, was passiert ist, immer noch königsblau schlägt, ist kein Geheimnis. Vielleicht wäre dieser Schritt perfekt, um seine durchaus besondere Karriere abzurunden und einen Kreis zu schließen.

    Erstmal hat er seinen Vertrag im Januar bis 2028 verlängert. Aber das hat ja schon 2013 nicht allzu viel bedeutet. Trucks mit seinem Bild dürfte Draxler bei einer möglichen Rückkehr nach Gelsenkirchen nicht erwarten. Aber vielleicht kann er sich nochmal versöhnen. mit seinem Herzensverein, dessen Fans und irgendwie auch mit Fußball-Deutschland.

0