VINICIUS JUNIOR REAL MADRID Getty Images

Ein schlechter Nicht-Gewinner: Real Madrid fehlt beim Ballon d’Or der Sportsgeist

Der Anspruch von Real Madrid ist es, ganz oben zu stehen. Egal, in welchem Wettbewerb oder Ranking, auf und neben dem Platz: Die Königlichen wollen Erster werden. Und ziemlich oft gelingt es ihnen auch, diesem Anspruch gerecht zu werden, was dann ausgiebig gefeiert wird.

Im Laufe des Montags zeichnete sich nun auf einmal ab, dass es bei der Verleihung des Ballon d’Or für den weltbesten Fußballer in der Saison 2023/24 am Abend für die Madrilenen nichts zu feiern gibt. Ihr Top-Star Vinícius Júnior galt eigentlich als Top-Favorit auf den goldenen Ball, doch der Brasilianer geht leer aus. Diese Nachricht bekamen auch die Real-Verantwortlichen – und die entschieden kurzfristig, ihre Reise nach Paris zur Vergabe des Preises abzusagen.

Also findet die Veranstaltung ohne Vini Jr. statt, ohne Trainer Carlo Ancelotti, Dani Carvajal, Jude Bellingham und auch ohne Kylian Mbappé, obwohl der im zu bewertenden Zeitraum gar nicht für Real, sondern noch für PSG gespielt hat. Ein Komplett-Boykott – aus dem Ärger heraus über eine Wahl, die nachvollziehbar ist.

  • Real wirft allen anderen fehlenden Respekt vor

    Denn es ist ja keine Abwertung von Vinícius Júnior, sondern einfach nur eine Entscheidung für einen anderen Spieler – und Rodri von Manchester City hat als neuer Ballon-d’Or-Gewinner auch zahlreiche Argumente auf seiner Seite: Rodri spielte überragend, hat mit den Citizens erneut die Meisterschaft in England gewonnen und mit Spanien den Europameister-Titel geholt. Natürlich: In der Champions League ist er im Viertelfinale – im Elfmeterschießen – an Real und Vini Jr. gescheitert. Aber die Wahl zum Ballon d’Or war und ist halt meist keine klare Angelegenheit, bei der der Sieger für alle Beobachter schon vor der Zeremonie eindeutig feststeht.

    Mit dem Boykott steht Real nun als schlechter Verlierer da – und das bei einer Preisverleihung, bei der es eigentlich nur Gewinner geben sollte. 2019 blieb Cristiano Ronaldo, der ehemalige Real-Star, auch zuhause, als er gehört hatte, dass er den goldenen Ball als Juventus-Spieler nicht bekommen wird. Durch ihr Fehlen werten die Real-Verantwortlichen nun – und damals auch CR7 – die Veranstaltung ab, strafen sie ab und zeigen sich respektlos.

    Ironischerweise werfen die Königlichen ihrerseits nun den Ballon-d’Or-Organisatoren und der UEFA fehlenden Respekt vor – ungeachtet dessen, dass es sich nun mal um das Ergebnis einer Wahl handelt. "Es ist offensichtlich, dass der Ballon d'Or und die UEFA Real Madrid nicht respektieren. Und Real Madrid ist nicht dort anwesend, wo es nicht respektiert ist", sagte eine Klub-Quelle laut der spanischen Sportzeitung AS. Die Königlichen forderten demnach, dass Dani Carvajal den Preis abräumen soll, wenn ihn schon nicht Vinícius Júnior bekommt.

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  • Vinicius Junior of Real Madrid reactsGetty Images

    Vinícius Júnior kein Vorbild auf dem Platz

    Wenn man sich allerdings anschaut, wer den Ballon-d’Or-Sieger wählt und was bewertet werden soll, ist es keine riesige Überraschung mehr, dass Vini Jr. am Montag leer ausging. Abstimmen darf jeweils ein Journalist aus den Top-100-Ländern der FIFA-Weltrangliste – und diese Medienvertreter dürften als ältere Herrschaften vielleicht tendenziell mit Rodri eher die konservativere Wahl im Vergleich zu Vinícius Júnior getroffen haben.

    Bewertet werden soll neben den individuellen Leistungen des Fußballers auch der Teamerfolg, das Talent – und der Sportsgeist. Während sich Vini Jr. für seinen Kampf gegen Rassismus in den Stadien Applaus – und vielleicht auch Ballon-d’Or-Stimmen – verdient hat, ist er auf dem Platz bei all seinen Tricks und seinem Tempo nicht immer ein Vorbild. Mit seinem Meckern, den Schwalben und Provokationen ist er bei all denen, die Real Madrid ohnehin nicht mögen, zu einer Reizfigur geworden. Echter Sportsgeist sieht anders aus.

    Zum Sportsgeist gehört es auch, die Leistungen des Gegners zu würdigen, sich sowohl im Falle des Sieges als auch bei einer Niederlage anständig zu verhalten. Für Real Madrid, das immer Erster werden will, zeichnete sich am Montag eine gefühlte Niederlage ab – und deshalb traten die Königlichen erst gar nicht an. Für einige, die Vini Jr. nicht zum Ballon-d’Or-Sieger gewählt haben, dürfte das eine Bestätigung ihrer Entscheidung sein.