"Ein Schatten seines früheren Selbst": Deutschlands größte Sturmhoffnung stürzt brutal ab

Heute, bald 17 Monate später, ist davon nichts geblieben. Werner sitzt auf der Tribüne. Nicht verletzt, nicht geschont. Einfach nicht im Kader.

Dabei begrüßte Spurs-Trainer Ange Postecoglou Werners Ankunft damals ausdrücklich. "Er bringt Tempo, Erfahrung und einen gewissen Punch mit", erklärte der Australier. In Werners ersten Einsätzen blitzte tatsächlich wieder etwas seines vermeintlich "alten" Könnens auf. In den ersten beiden Ligaspielen gelangen ihm Vorlagen, nach elf Partien standen sechs Torbeteiligungen.

Eine Blessur am Oberschenkel bremste den heute 29-Jährigen schließlich aus. Seitdem wartet man in London vergeblich auf die große Wende. Statistisch liest sich Werners Zwischenbilanz ernüchternd: 41 Pflichtspiele, drei Tore, sieben Assists. In der laufenden Saison steht nach 18 Ligaeinsätzen nur ein Treffer. Für den Stürmer, der einst als Deutschlands Zukunft im Sturm galt, ist das die neue, schmerzhafte Realität.

"Er hat nicht annähernd auf dem Niveau gespielt, auf dem er hätte spielen sollen. Was er in der ersten Halbzeit gezeigt hat, war nicht akzeptabel", sagte Postecoglou Mitte Dezember nach dem blutleeren Europa-League-Auftritt gegen die Rangers (1:1). Werner wurde zur Pause ausgewechselt - ein erstes klares Signal an ihn. Danach folgte die Bank, dann die Tribüne. Im neuen Jahr wurde Werner gar für Bayern-Leihgabe Mathys Tel aus dem Kader für die Europacup-Spiele gestrichen.

In einer Pressekonferenz legte Postecoglou später sogar noch nach und erklärte lapidar: "Wenn Timo regelmäßig treffen würde, wäre er nicht hier. Dann wäre er bei einem Champions-League-Klub." Das war mehr als nur Kritik. Es war eine öffentliche Demontage.

Auch die englische Presse nahm Werner ins Visier. "A shadow of his former self" (zu deutsch: "Ein Schatten seines früheren Selbst") schrieb der Guardian. Jamie O'Hara, ehemaliger Tottenham-Profi, wurde bei Sky Sports noch deutlicher: "Timo Werner braucht, wenn er spielt, fünf Chancen, bevor er ein Tor schießt - das ist manchmal lächerlich."

Das Jahr 2025 ist bislang gänzlich zu vergessen. Der 57-malige Nationalspieler verletzte sich erneut am Oberschenkel und war einen Monat lang raus. Laut Sport Bild platzte deshalb auch ein anvisierter Wechsel zur SSC Neapel.

Seitdem kommt Werner in der Premier League auf nur noch acht Einsatzminuten. In sieben von acht Partien stand er gar nicht im Kader. Bei den wenigen Auftritten, die Werner noch gegönnt sind, wirkt er gehemmt und mutlos. Als habe er das Vertrauen in sich selbst und die Freude am Spiel verloren.

Im Hintergrund wird längst über die Zukunft verhandelt. Die Kaufoption liegt bei kolportierten zehn Millionen Euro, ziehen wird Tottenham sie nicht. Auch in Leipzig, wo Werner noch einen Vertrag bis 2026 besitzt, hat er keine Zukunft mehr.

Dort möchte man nach einer nicht zufriedenstellenden Saison künftig eine Mannschaft sehen, so Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer, die "einen frischen Wind, einen neuen Geist" ausstrahlt. Mit dem Ziel, "diese brutale Energie, die diesen Klub ausgezeichnet hat" wieder zu beleben. Der 29-jährige Werner kommt in seiner aktuellen Verfassung dafür nicht im Geringsten in Frage. Laut The Athletic und Bild zieht er deshalb einen Wechsel in die US-amerikanische MLS in Betracht.

Und die Nationalmannschaft? Vor zwei Jahren war Werner, den sein damaliger Vereinstrainer Ralph Hasenhüttl 2017 als "die heißeste Aktie im deutschen Fußball" bezeichnete, noch gesetzt im DFB-Sturm. Heute ist von ihm auch im erweiterten Kader nichts zu sehen.

"Die Spielzeit der Spieler im Verein, die kann ich nicht ersetzen. Die Spieler müssen im Verein spielen, das ist das alles Entscheidende", sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann im März dem RND. Werner kennt ihn gut und weiß, dass das keine Floskel ist.

Auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus machte deutlich, wo er Werner momentan sieht. "Ich glaube, dass es für Timo sehr schwierig wird dorthin zu kommen, wo er mal war. Er war mal der Hoffnungsstürmer für die deutsche Nationalmannschaft und ist seither außen vor. Es war eine Fehlentscheidung, dass er hierhergekommen ist. Er muss einen Verein finden, wo man ihm auch von der Trainerseite her wieder mehr Vertrauen schenkt", sagte der 64-Jährige bei RTL.

So ist Werner nicht deshalb vorläufig gescheitert, weil er nicht talentiert wäre. Sondern weil er, vielleicht zu oft, auf der Suche nach einem Neuanfang war. Tottenham war möglicherweise sein letzter großer Versuch, auf hohem Niveau zu früherer Stärke zu finden - er schoss schließlich 102 Tore in 257 Bundesligaspielen (46 Vorlagen). Am Ende steht nun ein Leihgeschäft, das keiner der drei involvierten Parteien geholfen hat.