Marc Bernal NXGN GFXGetty/GOAL

Ein Jahr Leidenszeit nach der Horrorverletzung ist vorbei: Hansi Flick kann beim FC Barcelona bald wieder auf den "neuen Sergio Busquets" bauen

Der FC Barcelona und seine Jugendakademie La Masia entwickeln jahrein jahraus ein Mega-Talent nach dem anderen. In diese Kategorie gehört auch Marc Bernal. Nach seiner schlimmen Knieverletzung aus dem Jahr 2024 ist seine Leidenszeit beendet. Unter seinem Förderer Hansi Flick will der 18-Jährige endlich richtig durchstarten - und ebenso überzeugen wie seine langjährigen Mitspieler Pau Cubarsi und Lamine Yamal, beide ebenfalls Jahrgang 2007.

GOAL beleuchtet den Weg und die einzigartigen Fähigkeiten des 18-Jährigen, der der verspätete Erbe von Sergio Busquets werden könnte.

  • Die ersten Schritte

    Es gibt wohl kaum einen Spieler, der mehr mit der Stadt Barcelona verbunden ist als Bernal. Er wurde in der katalanischen Gemeinde Berga, nur wenige Kilometer vom Camp Nou entfernt, am 26. Mai 2007 geboren und wuchs auch dort auf. Mit nur vier Jahren trat er seinem ersten Verein, CE Berga, bei. Schon mit sechs Jahren wechselte er in Barcas La Masia.

    Laut der spanischen Zeitung Mundo Deportivo waren die Verantwortlichen in Barcelona vor allem von seiner Kombination aus Größe und Technik fasziniert. Als er als Gast seines ehemaligen Vereins Gimnastic de Manresa in einem Turnier in einer höheren Altersklasse für Kinder unter zehn Jahren spielte, erzielte er im Finale gegen Espanyol einen Hattrick und wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt.

    Nach seiner Rückkehr zu Barca durchlief Bernal über zehn Jahre hinweg sämtliche Altersgruppen.

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  • Marc BernalGetty Images

    Der große Durchbruch

    Kurz nach seinem 16. Geburtstag im Jahr 2023 wurde er von Präsident Joan Laporta für die erste Mannschaft vorgeschlagen - wohl auch wegen fehlender finanzieller Mittel für teure Stars: "Xavi möchte das Mittelfeld verstärken, aber er weiß, dass einige Optionen nicht realisierbar sind und wir einen Fehler machen würden. Wir würden die Entwicklung der Jugendmannschaft behindern. Wir haben Marc Casado, Pau Prim, Gerard Hernandez oder Marc Bernal. Zuerst müssen wir uns im eigenen Hause umsehen."

    Dennoch kam Bernal, der von der lokalen Presse als "Perle von La Masia" bezeichnet wurde, unter Xavi nicht zum Einsatz. Erst dessen Nachfolger Flick setzte auf den defensiven Mittelfeldspieler, der sich bis 2024 in der zweiten Mannschaft weiterentwickelt hatte. Am 17. August 2024 stand er in LaLiga erstmals in der Startelf und überzeugte beim 2:1-Sieg beim FC Valencia.

    "Es ist ein besonderer und unvergesslicher Moment, von dem man seit seiner Kindheit träumt", sagte Bernal nach dem Spiel und meinte mit Blick auf seine jungen Mitspieler, die er aus La Masia kennt: "Das hilft einem persönlich und auf dem Platz. Es macht alles so einfach wie möglich. So viele Jahre zusammen mit Lamine von klein auf und etwas später mit Pau Cubarsi zu spielen, macht alles zu etwas ganz Besonderem."

    Flick dankte er für sein Profi-Debüt: "Ich habe das nicht erwartet und werde mich immer daran erinnern. Meine Teamkollegen haben mir geholfen und mir gesagt, ich solle nicht nervös sein, und ich habe versucht, jeden Moment zu genießen. Es ist nicht einfach, einen 17-Jährigen debütieren zu lassen, und dafür werde ich dem Trainer immer dankbar sein. Ich sehe das als etwas Einzigartiges."

  • Rayo Vallecano v FC Barcelona  - La Liga EA SportsGetty Images Sport

    So läuft's gerade

    Leider wartete das Unglück schon hinter der nächsten Ecke auf Bernal. Nach einer beeindruckenden Leistung beim 2:1-Sieg gegen den Athletic Club zog er sich gegen Rayo Vallecano einen Kreuzbandriss zu, bei dem auch sein Meniskus in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der August war noch nicht einmal vorbei, da war Bernals Durchbruchssaison bereits vorzeitig beendet.

    "Ich habe viel gelernt, vor allem, wie man stark bleibt und versucht, nicht zu viel nachzudenken, wenn es mal nicht so gut läuft", sagte Bernal rückblickend zu seiner Verletzungszeit. "Es gab Momente, in denen ich einfach nur zu Hause bleiben und den ganzen Tag schlafen wollte."

    Obwohl er auf dem Platz keinen Beitrag leisten konnte, hat Bernal diese Zeit an der Seitenlinie genutzt, um sich körperlich zu verbessern. Als die Fans ihn im August 2024 zum ersten Mal zu Gesicht bekamen, war er ein eher schlaksiger Mittelfeldspieler. Seit seiner Rückkehr ins Training ein Jahr später wirkt er deutlich kräftiger und muskulöser. 

    Barca hat klar gemacht, dass Bernal bleiben und 2025/26 Teil des Kaders sein wird. Sein Vertrag läuft zwar 2026 aus, kann jedoch per Option um drei weitere Jahre verlängert werden.

  • Marc BernalGetty Images

    Seine Stärken

    Bernal ist nicht nur ein guter Defensivspieler, sondern lässt den Ball auch flüssig laufen. Im offensiven Flick-System überzeugt der Spanier mit Ruhe und Übersicht.

    Gerade in LaLiga ist zudem seine Größe von 1,93 Metern ein Plus. Gegen eher kleine Spieler kann er sich körperlich oft durchsetzen - besonders bei Eckbällen. Dabei hilft ihm auch die zusätzliche Muskelmasse, die er sich mithilfe des Flick-Teams angeeignet hat.

    Ein Teil dessen, was Barcelona so gut darin macht, Talente aus der eigenen Akademie zu fördern, ist die klare Philosophie auf allen Ebenen, von den U6 bis zu den Senioren, von der Herren- bis zur Damenmannschaft. Bernal hat sein ganzes Leben lang gelebt und geatmet, was es bedeutet, für Barca zu spielen - und vor allem, wie man für die Katalanen spielt. Ein ähnlich talentierter Spieler, der erst mit 18 Jahren beim FC Barcelona landet, bräuchte wohl deutlich länger, um sich einzugewöhnen.

  • Marc BernalGetty Images

    Woran er arbeiten muss

    Die große Frage ist, wie schnell und gut er nach einer so schrecklichen Verletzung zurückkommt. Die zusätzliche Verletzung seines Meniskus hat das Problem noch komplexer gemacht. Deshalb gab es keine Chance auf ein Comeback vor Ende der Saison 2024/25.

    Bernal mangelt es vor allem an Erfahrung. Er hat bisher nur drei Spiele in der ersten Mannschaft bestritten, und obwohl er ein vielversprechendes Talent ist, bleibt die Frage, wie groß sein Potenzial tatsächlich ist.

    Eine eher nebensächliche Kritik an Bernal ist, dass er nicht mehr so torgefährlich ist wie in seiner Jugend. Selbst in seiner einzigen Saison 2023/24 für Barcelona Atletic in der dritten spanischen Liga erzielte er in 27 Spielen nur zwei Tore – einen Doppelpack beim 3:1-Sieg gegen Sestao River, wodurch er zum jüngsten Torschützen in der Geschichte dieser Liga wurde. Bernal verfügt über einen kraftvollen Schuss - doch als defensiver Mittelfeldspieler hat er eben andere Aufgaben.

  • RCD Espanyol v FC Barcelona - LaLiga SantanderGetty Images Sport

    Der neue ... Sergio Busquets?

    Ein spanischer defensiver Mittelfeldspieler, der etwa 1,90 Meter groß und eher schlaksig ist? Der beim FC Barcelona spielt und aus la Masia kommt? Das muss doch der verspätete Nachfolger von Sergio Busquets sein.

    Es gibt zahlreiche Parallelen zwischen Bernal und Busquets, die über diese oberflächlichen Ähnlichkeiten hinausgehen. Beide sind hervorragende Spielbeobachter und verlieren selten den Ball. Busquets wurde erst mit 20 Jahren von Pep Guardiola in die erste Mannschaft berufen - Bernal schon mit 17.

    In einem Interview mit der spanischen Sport nannte Bernal den 19 Jahre älteren Busquets als eines seiner Vorbilder - neben Frankreichs Weltmeister Paul Pogba. 

    Aufgrund seiner Größe und seiner Kraft wird Bernal auch mit Rodri verglichen, der in LaLiga beim FC Villarreal und Atletico Madrid überzeugte und nach seinem Wechsel zu Manchester City im Alter von 23 Jahren aufblühte. 

  • Marc BernalGetty Images

    Wie geht es für Marc Bernal weiter?

    Trotz seines neu gewonnenen Ruhmes ist Bernal, der sich selbst als Familienmensch bezeichnet, sich selbst treu geblieben. Der ehemalige Sportstadtrat von Berga sagte zuletzt: "Sein Name ist überall zu sehen, und gleichzeitig sehen wir ihn jeden Tag in Berga, und er ist immer noch derselbe Marc wie immer."

    Der FC Barcelona hofft derweil, dass Bernal noch vor Ende August auf den Platz zurückkehren kann, ein Jahr nach seiner katastrophalen Knieverletzung. Bei Barca wächst die Vorfreude auf sein Comeback und der Verein ist überzeugt, dass er unter Flick zu einem Topspieler werden kann.

    Bernal hat betont, dass er einen Schritt nach dem anderen machen will. "Gut und mit Selbstvertrauen zurückzukommen", lautet sein Saisonziel. Angesichts der engen Freundschaft, die ihn mit Yamal, Cubarsi und Gerard Martin verbindet, gibt es keinen Grund zu bezweifeln, dass er sich wieder ähnlich gut einfinden und weiterentwickeln wird.

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