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Ein Eingeständnis des eigenen Scheiterns: Der traurige Absturz von Joao Felix vom designierten CR7-Erben zum "Söldner"

Golden Boy, 127,2 Millionen Euro Ablöse und der große Vergleich mit Cristiano Ronaldo – 2019 war das Jahr, in dem der Name Joao Felix erstmals große Teile der Fußball-Öffentlichkeit einnahm. Der damals 19-Jährige galt als absolutes Supertalent, als bester Spieler seiner Generation.

Nur sechs Jahre später steht Felix vor einem sportlichen Scherbenhaufen. Gescheitert bei Atletico Madrid, gescheitert beim FC Barcelona, gescheitert beim FC Chelsea und auch bei der AC Mailand: Statt den Weg nach oben zu gehen, stürzte der Offensivspieler Jahr für Jahr weiter ab – und wird nun in der Wüste landen. Ein Eingeständnis des Scheiterns?

  • Felix wuchs in Viseu auf. Einer kleinen Stadt im Herzen Portugals, die von bergigen Wäldern umgeben ist. Von dort sollte die Karriere eines kommenden Superstars starten, der alles mitzubringen schien, um die Gipfel des Weltfußballs zu erklimmen. Fast alles.

    Denn seine Karriere startete im Jugendbereich noch etwas beschwerlich. Beim FC Porto, wo er zwischen 2008 und 2014 im Nachwuchs kickte, war man der Meinung, dass der Stürmer nicht groß genug sei und sortierte ihn aus. Nach einem Jahr beim Padroense FC ging es deshalb 2015 nach Lissabon zu Benfica.

    Dort überzeugte er die Verantwortlichen schnell, schaffte den Sprung in die zweite Männermannschaft und 2018 bereits in den Kader der Profis, wo er auch relativ schnell debütierte. Sein großer Durchbruch gelang ihm aber erst im besagten Jahr 2019, als Bruno Lage das Traineramt bei Benfica übernahm.

    Felix schoss vom 16. Spieltag an 13 Tore und bereitete acht weitere vor und wurde zum unumstrittenen Stammspieler. Auch Fans von Eintracht Frankfurt dürften sich noch gut an das "Wunderkind" erinnern, das in Portugal damals als Nachfolger von Cristiano Ronaldo gefeiert wurde. In der Europa League schoss der Angreifer im Hinspiel drei Tore gegen die SGE.

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  • Joao Felix Atletico Madrid 2019-20Getty Images

    Nachfolger von Antoine Griezmann: Felix schon früh unter Druck

    Felix zog nicht nur in Portugal die Aufmerksamkeit auf sich, sondern in nahezu ganz Europa. Er überragte mit technischer Brillanz, Schnelligkeit und Beidfüßigkeit, was ihn für Verteidiger kaum greifbar machte. Wer nur den heutigen Felix kennt, wird kaum verstehen können, wie gut seine jüngere Version war.

    Zahlreiche Topklubs standen Schlange, um ihn unter Vertrag zu nehmen. Atletico Madrid bekam letztlich den Zuschlag. Erste kritische Stimmen hinterfragten den Sinn dieses Transfers. Die Erwartungshaltung in der spanischen Hauptstadt war riesig, denn Atletico hatte gerade seinen Superstar Antoine Griezmann verloren. Der Franzose ging für 120 Millionen Euro zum FC Barcelona.

    Die hohe Ablösesumme für Felix und der Fakt, dass die großen Fußstapfen von Griezmann nicht ausgeblendet werden konnten, taten seiner Entwicklung ganz offenbar nicht gut. Neben dem reinen Druck, der auf seinen Schultern lastete, war auch erkennbar, dass er mit dem laufintensiven Spiel unter Diego Simeone nicht richtig warm wurde.

    Felix war viel in der Arbeit gegen den Ball eingebunden und konnte mit dem Ball nicht wie gewohnt glänzen. Schnell kamen auch negative Schlagzeilen hinzu. Die Marca bezeichnete ihn schon nach einer Saison als einen der "enttäuschendsten Transfers der Saison".

  • Joao Felix: Verhältnis zu Diego Simeone als großes Problem?

    Für Felix stellte sich schon früh die Frage, wie er den Abwärtstrend seiner Karriere stoppen kann. Zwar zeigte er sich im zweiten Jahr verbessert, blieb aber weiter hinter den Erwartungen zurück, die sein Talent und die hohe Ablösesumme nach sich zogen. Von der Leichtigkeit und Unbekümmertheit, mit der er bei Benfica die Herzen vieler Fußballfans gewann, war wenig zu sehen.

    Trotzdem etablierte sich Felix zumindest auf einem guten Niveau, wurde in der Saison 2021/22 trotz Verletzungen und zwei Sperren sogar zum Spieler der Saison von den Fans gewählt – auch wenn Atletico insgesamt keine überragende Saison spielte. Was dem Klub Hoffnung gab, dass der Durchbruch jetzt bald folgen könnte, entpuppte sich aber als letztes kleines Hoch.

    In der Folgesaison rutschte Felix in der Hierarchie ab, kam immer weniger zum Einsatz. Medial gab es immer häufiger die Spekulation, dass sein Verhältnis zu Simeone beschädigt sei. Was von Hauptaktionär Miguel Angel Gil Marin im Gespräch mit A Bola auch bestätigt wurde:  "Aus Gründen, auf die ich nun nicht eingehen werde, ist das Verhältnis zwischen Felix und Diego Simeone schlecht. Auch hege ich Zweifel an der Motivation des Spielers."

    Nach einer Verlängerung bei Atletico entwickelte sich der Portugiese zum Wandervogel. Leihen zum FC Chelsea und zum FC Barcelona verliefen erfolglos. Trotzdem entschieden sich die Blues 2024 dazu, Felix für satte 52 Millionen Euro zu verpflichten – nur um ihn im Februar 2025 nach abermalig durchwachsenen Leistungen an die AC Mailand zu verleihen.

  • Joao Felix Feyenoord MilanGetty Images

    Ist Joao Felix ein "Opfer" des Systems?

    Nun also erst die Rückkehr zu Chelsea – und jetzt der Abschied in die Wüste. Al-Nassr bezahlt laut The Athletic eine Sockelablöse in Höhe von 30 Millionen Euro, durch Boni allerdings kann die Gesamtablöse noch auf bis zu 50 Millionen Euro steigen. Für die FIFA-lizenzierte Spielerberaterin Jen Mendelewitsch eine unverständliche Wechsel-Entscheidung des Spielers. Er habe "schon lange nicht mehr richtig Fußball gespielt", sagte sie im Gespräch mit RMC Sport: "Er ist eine Gelddruckmaschine – und das mit seiner eigenen Zustimmung, da er sich nicht dagegen wehrt."

    Manche würden "von Söldnern" sprechen, "andere von Spielern als Opfer des Geschäfts". In jedem Fall aber wirft Felix damit seine sportlichen Ambitionen vorerst weg. Statt einer Rückkehr zu Benfica, die lange im Gespräch war, und einem damit verbundenen Neustart seiner Karriere, geht es nun nach Saudi-Arabien.

    Immerhin ein Versprechen seiner bisher enttäuschenden Laufbahn könnte er dort erfüllen: Wenn Cristiano Ronaldo Al-Nassr bald verlassen sollte, wäre Felix wohl tatsächlich der Erbe des Superstars. Dass die Karriere des "Golden Boys" aber derart abstürzen würde, hatte 2019 kaum jemand auf dem Zettel.