Rüdiger NagelsmannGetty Images

Ein Auftritt von ihm war ein absolutes Desaster! Wird ein "unersetzlicher" DFB-Star vor der WM von Julian Nagelsmann aussortiert?

Es war wie eine kleine Befreiung. Nach einer sportlich sehr schwierigen Phase gelang dem DFB-Team ein 6:0-Erfolg gegen die Slowakei – mit teils begeisterndem Fußball. Für die deutsche Nationalmannschaft war das gleichbedeutend mit der direkten WM-Qualifikation – und einem schönen Abschluss des Kalenderjahres.

Bis zur WM-Vorbereitung kann Julian Nagelsmann nun etwas durchatmen. Im Winter wird der Bundestrainer mit Sicherheit auch auf das Jahr 2025 zurückblicken und analysieren, wer sich besonders gut geschlagen hat und wer nicht. SPOX hat die deutschen Gewinner und Verlierer des Jahres.

  • Gewinner: Oliver Baumann

    Fast schon etwas unter dem Radar fliegt hier Oliver Baumann. Denn der 35-Jährige avancierte in diesem Jahr zum Stammtorhüter des DFB-Teams – macht das aber so solide, dass es kaum noch Diskussionen um ihn gibt. Zwar wurde hier und da über eine potenzielle Rückkehr von Manuel Neuer gesprochen. Auch die Situation von Noah Atubolu sorgte für Gesprächsstoff.

    Aber interessanterweise gab es dabei nie Kritik daran, dass Baumann nicht gut genug wäre. Die Motive waren meist andere. Klar ist, dass der Hoffenheimer mit dem Ball am Fuß keine spektakulären Dinge macht, wie es Neuer oder auch Marc-Andre ter Stegen getan haben. Aber auf der Linie erfüllt er seinen Job und hat dafür gesorgt, dass zumindest ter Stegen nicht allzu sehr vermisst wird.

    Sollte der Keeper des FC Barcelona nach seiner Verletzung nicht woanders unterkommen, hat Baumann sogar überraschend gute Karten auf einen Stammplatz bei der WM im Sommer.

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  • Ter Stegengetty

    Verlierer: Marc-Andre ter Stegen

    Dass ter Stegen dementsprechend einer der großen Verlierer des Jahres ist, ist offensichtlich. Lange wartete er darauf, dass Neuer ihm endlich den Weg freimacht – und just als genau das passiert, spielt sein Körper nicht mehr mit. Doch nicht nur die vielen Verletzungen kratzen an seinem Standing.

    In Barcelona sehen ihn viele Fans schon länger kritisch und im vergangenen Sommer versuchten die Katalanen offenkundig, ihn zu verkaufen. Dann aber kam eine OP dazwischen. Die Marca schrieb von einem "offenen Krieg" zwischen Klub und Spieler. Die Wogen sollen mittlerweile geglättet sein, aber wie es bei ter Stegen weitergeht, ist dennoch vollkommen unklar. Nagelsmann wurde auch nach dem Sieg gegen die Slowakei wieder deutlich: "Marc muss sich entweder in Barcelona durchsetzen oder einen Klub finden, bei dem er spielt."

    Für den 33-Jährigen ist es dementsprechend noch ein weiter Weg zu einer WM-Teilnahme. Auch Noah Atubolu könnte man in diesem Zug als Verlierer nennen – doch der Freiburger ist noch deutlich jünger und hat seine Karriere vor sich. Seine Zeit dürfte nach der WM kommen.

  • Gewinner: Jonathan Tah

    Gegen Luxemburg war Jonathan Tah einer der schwächeren Defensivspieler im deutschen Team. Allerdings war das eine große Ausnahme. Denn im Jahr 2025 hat sich der ehemalige Leverkusener, der nun beim FC Bayern unter Vertrag steht, nicht nur als Stamm-, sondern auch als Führungsspieler etabliert.

    Tah ist die neue Konstante in Nagelsmanns System. In neun von zehn Spielen stand er 2025 in der Startelf, in der Partie gegen Nordirland wurde er eingewechselt. Während Spieler wie Waldemar Anton oder Robin Koch wechselhafte Leistungen zeigten und Nico Schlotterbeck verletzt ausfiel, avancierte er zum Innenverteidiger Nummer eins.

  • Antonio RüdigerIMAGO / Mika Volkmann

    Verlierer: Antonio Rüdiger

    Was zur direkten Folge haben könnte, dass Antonio Rüdiger um seine WM-Teilnahme bangen muss. Im April 2025 gab es Kritik an seinem Ausraster im spanischen Pokalfinale, als er einen Gegenstand in Richtung Schiedsrichter schleuderte und diesen beschimpfte, nachdem er ihm die Rote Karte dafür gab. Szenen, die auch das Umfeld des und den DFB selbst beschäftigten.

    Mittlerweile ist auch deshalb Ruhe eingekehrt, weil der Innenverteidiger seit Monaten verletzt ausfällt. Der 32-Jährige zeigte auch vor seinem Ausfall keine überzeugenden Leistungen. Im Gegenteil: Das, was Rüdiger im Hinspiel gegen die Slowakei ablieferte, war ein absolutes Desaster und eines sogenannten Abwehrchefs unwürdig. Und somit ergibt sich die Konstellation, dass der einst so Unersetzliche tatsächlich der Nagelsmann'schen Kaderpolitik zum Opfer fallen könnte. Denn der Bundestrainer zeigte schon bei der EM 2024, dass er auf große Namen verzichtet, wenn sie entweder keine Leistung bringen oder nicht in seine Rollenverteilung passen (Stichwort Mats Hummels). Kommt Schlotterbeck wie Tah in Form, dürfte es für Rüdiger schwer werden.

  • Gewinner: Joshua Kimmich

    Was ist die Definition von Weltklasse? Ein Ansatz könnte sein, dass ein Spieler nicht nur herausragende Fähigkeiten hat, sondern er diese auch konstant auf den Platz bringt. In nahezu jedem Spiel. Viele Spieler im deutschen Kader können das nicht. Sie schwanken zu sehr in ihrer Form.

    Auf Joshua Kimmich trifft das allerdings nicht zu. Der Bayern-Star ist in diesem Jahr zum wichtigsten Führungsspieler beim DFB geworden. Nach den Abgängen von Toni Kroos, Thomas Müller, Ilkay Gündogan und Manuel Neuer ist er der Dreh- und Angelpunkt auf und neben dem Platz. Und egal, ob er im Zentrum oder außen spielt: Kimmich zeigt fast immer die Leistung, die von ihm erwartet wird.

  • Verlierer: Robin Gosens und Maximilian Mittelstädt

    Auf der linken Defensivseite gibt es indes schlechte Nachrichten für Robin Gosens und Maximilian Mittelstädt. Während Gosens nach zwischenzeitlichem Comeback gar keine Rolle mehr spielt, hatte Mittelstädt seinen letzten Einsatz bei der desolaten 0:2-Niederlage gegen die Slowakei.

    Zuletzt wurde der Stuttgarter nicht mal mehr nominiert. Gut möglich also, dass auch er bald sein fast schon sicher geglaubtes WM-Ticket nicht erhält. 

  • Gewinner: David Raum

    Das liegt vor allem daran, dass David Raum zuletzt gute Leistungen gezeigt hat. Der Leipziger hat zwar ein technisch limitiertes Profil, gibt dem Spiel mit seinen Flanken und seinen athletisch-physischen Fähigkeiten eine gewisse Stabilität. 

    Und die Realität für Nagelsmann ist eben, dass er keine spielstarke Alternative hat, die es insgesamt besser lösen könnte als er. Nach viel Rotation in den Vorjahren scheint sich links hinten aber wieder jemand festgespielt zu haben. Raum gilt zudem als Führungsspieler und wichtig für die Kabine, als Kapitän von RB Leipzig hat er dahingehend den nächsten Schritt gemacht.

  • Pascal Groß, Julian BrandtImago Images / Revierfoto

    Verlierer: Der BVB

    Wer sich im Kader von Nagelsmann indes weniger festgespielt hat, ist der BVB. Im Schnitt standen 1,3 Spieler von Borussia Dortmund 2025 in der deutschen Startelf. Durchschnittlich 3,8 standen im Spieltagskader. Für einen Topklub wie den BVB, der selbst die deutsche Nummer zwei sein möchte, sind das besorgniserregende Zahlen.

    Mit Schlotterbeck, Anton, Süle, Can, Nmecha, Groß, Brandt, Adeyemi und Beier hat man immerhin neun aktuelle oder ehemalige Nationalspieler im Kader. Mindestens die Hälfte von ihnen scheint in Nagelsmanns Plänen keine Rolle mehr zu spielen. Die besten Karten haben Schlotterbeck, Anton, Nmecha und Adeyemi. Beier, Groß und Brandt müssen sich hingegen ordentlich strecken.

  • Germany v Slovakia - FIFA World Cup 2026 QualifierGetty Images Sport

    Gewinner: Nick Woltemade

    Würde man nur das Jahresende betrachten, wäre Nick Woltemade wohl der mit Abstand größte Gewinner. Auf einer Position, die in den letzten Jahren häufig durchschnittlich besetzt war, bringt der ehemalige Stuttgarter das Potenzial mit, wieder eine langfristige Top-Besetzung zu sein.

    Sein Doppelpack gegen Luxemburg war spielentscheidend, beim 6:0 gegen die Slowakei traf er zum wichtigen 1:0 und eröffnete so das Toreschießen. Woltemade passt mit seinen Fähigkeiten im Kombinationsspiel gut ins Team und ins System von Nagelsmann. Kann er jetzt noch seine zuletzt verbesserte Torquote halten, kann er einer der Schlüsselspieler bei der WM werden.

  • Verlierer: Niclas Füllkrug

    Diese hatte bis zur EM 2024 noch Niclas Füllkrug inne. Doch nach seinem Wechsel zu West Ham ist der Stürmer beim DFB außen vor – weil er bei seinem neuen Team außen vor ist. Nach einem holprigen Saisonstart ohne Torbeteiligung zog sich der Mittelstürmer einen Muskelbündelriss zu. Wenn Tim Kleindienst zurückkehrt und Woltemade fit bleibt, dürfte der WM-Zug für den Publikumsliebling von 2022 bis 2024 nahezu abgefahren sein.

  • Germany v Luxembourg - FIFA World Cup 2026 QualifierGetty Images Sport

    Gewinner: Serge Gnabry und Leon Goretzka

    Abschreiben sollte man allerdings niemanden. Serge Gnabry und Leon Goretzka sind dafür die Paradebeispiele. Beide durchliefen nicht nur beim FC Bayern eine schwierige Zeit, sondern wurden phasenweise auch von Nagelsmann nicht mehr zum DFB eingeladen.

    Verletzungen und Formschwankungen waren die Gründe. Doch beide sind aktuell wieder zurück. Gnabry hatte zwar einen eher dürftigen Auftritt gegen Luxemburg, erzielte gegen die Slowakei aber das 2:0 – nach Vorarbeit von Goretzka. Auch gegen Nordirland und Luxemburg (jeweils im Hinspiel) traf er. 

    Gnabry hat sein Formhoch aus München mitgenommen und scheint damit auch ein Top-Kandidat für die WM zu sein. Bei Goretzka gab es indes gerade von außen viel Kritik. Der Mittelfeldspieler konnte während seiner Einsätze nicht vollends überzeugen, erhielt von Nagelsmann dennoch immer wieder das Vertrauen. Und allein das macht ihn zu einem großen Gewinner.

  • Verlierer: Angelo Stiller

    Was die Frage aufwirft, wie es mit Angelo Stiller weitergeht. Der spielstarke Sechser schien lange einen Platz im Kader sicher zu haben, stand in diesem Jahr aber nur zweimal in der Startelf und in den vergangenen beiden Spielen nicht mal im Kader.

    Die Zeit bis zur WM wird immer knapper und eigentlich zeigt der ehemalige Bayern-Spieler gute Leistungen beim VfB Stuttgart. Nagelsmann scheint dennoch große Bedenken zu haben.

  • Sandro WagnerGetty Images

    Verlierer aus der Ferne: Sandro Wagner

    Und auch ein Blick nach Augsburg darf natürlich nicht fehlen. Sandro Wagner entschied sich im Sommer dazu, den DFB zu verlassen und den FCA als Cheftrainer zu übernehmen. Bisher mit mäßigem Erfolg.

    Beim DFB hätte der ehemalige Stürmer noch eine WM mitnehmen können, bevor er sich an die Aufgabe als Chef einer Mannschaft wagt. Den Schritt jetzt wegen der dürftigen Resultate als grundsätzlich falsch abzutun, wäre dennoch falsch. Es war klar, dass Wagner irgendwann einen eigenen Weg gehen würde und diesen auch gehen muss, um sich zu entwickeln.

    Rückschläge zählen dazu und können mittelfristig dazu führen, dass er besser wird. Und doch bleibt für den Moment festzuhalten, dass sein Standing als Co-Trainer beim DFB ein deutlich besseres war als jetzt in der Chefrolle.