2:1 hat der FC Bayern das erste Testspiel des Sommers gegen Olympique Lyon gewonnen, aber das erschien anschließend eher zweitrangig. Beherrschendes Thema war selbstverständlich das Debüt von Luis Diaz, dem dritteuersten Neuzugang in der Geschichte des FC Bayern.
Getty Images"Egal, mit wem man in Liverpool spricht": Setzt Luis Diaz eine besondere Tradition beim FC Bayern München fort?
Nur drei Tage nach seinem 67,5 Millionen Euro schweren Wechsel vom FC Liverpool lief der 28-jährige Kolumbianer erstmals für die Münchner auf. Diaz kam zur Pause ins Spiel und setzte mit seiner dynamischen, zielstrebigen Spielweise auf dem linken Flügel sofort Akzente. Dreimal kam er aus vielversprechenden Positionen zum Abschluss, zielte aber jeweils zu ungenau. Dafür holte er den Elfmeter heraus, den Michael Olise zur Führung verwandelte.
Was Luis Diaz dem Spiel des FC Bayern gibt? "Sehr, sehr viel Intensität, Torgefahr, Tiefe, Schnelligkeit", zählte Sportdirektor Christoph Freund auf. Harry Kane sagte: "Er kann ein Unterschiedsmacher sein." Dass Diaz die Münchner fußballerisch weiterbringt, ist offensichtlich - ganz unabhängig von seiner hohen Ablöse, seinem fortgeschrittenen Alter und dem wohl fehlenden Wiederverkaufswert. Wie sich bei den anschließenden Gesprächen mit seinen neuen Kollegen herausstellte, dürfte er der Mannschaft aber auch noch in einer ganz anderen Hinsicht helfen. Wen auch immer man nach Diaz fragte, ein Aspekt fand sich in jeder Antwort wieder: sein Lächeln.
"Er spielt mit einem Lächeln im Gesicht", betonte beispielsweise Kane. "Er liebt den Fußball und hat immer ein Lächeln im Gesicht", sagte Joshua Kimmich. Und weil Lächeln bekanntlich ansteckend ist, musste Kimmich dabei gleich selbst loslächeln. "Ich habe das Gefühl, er kommt gerne zum Training. Er hat wirklich Spaß am Fußball. Das ist es, was wir brauchen."
AFPDer FC Bayern und seine Spaßkanonen aus Südamerika
Hat beim FC Bayern zuletzt etwa ein bisschen Leichtigkeit gefehlt? Ein bisschen Latino-Temperament? Wurde gar zu wenig gelächelt? Eine derartige Diagnose stellte vor einigen Wochen bereits Giovane Elber. "Ein Südamerikaner, das wärs! Bayern braucht unbedingt wieder so einen Spieler", rief der Brasilianer mitten hinein in die unaufhörlichen Transfer-Spekulationen. "Nicht nur wegen der fußballerischen Qualität. Sondern auch, weil er in der Kabine für gute Laune sorgt, damit ein bisschen Lockerheit da ist."
Rund um die Jahrtausendwende nahm Elber diese Rolle selbst ein und begründete damit gewissermaßen eine Münchner Tradition. Fortan hatte der FC Bayern jahrelang fast immer mindestens einen stets gut gelaunten Südamerikaner. Ich, Roque! Santa Cruz. Dante - und Pokal auch! Rafinha, der mit der Ukulele mindestens so gut umgehen kann wie mit dem Ball. Natürlich Claudio Pizarro, der ewige Schlawiner. Passenderweise trägt Diaz nun Pizarros ehemalige Rückennummer 14.
Diese Komponente spielte bei der Suche des FC Bayern nach einem neuen Linksaußen offenbar durchaus eine Rolle, wie die Aussagen von Sportdirektor Christoph Freund nahelegen. "Alles, was wir gehört haben von Liverpool, egal, mit wem man dort spricht: Er war sehr, sehr beliebt in der Mannschaft", berichtete Freund. "Das ist genau das Profil, was wir gesucht haben."
(C)Getty imagesArne Slot und Mohamed Salah verabschiedeten Luis Diaz mit warmen Worten
Die Reaktionen aus Liverpool auf Diaz' Verkauf unterstreichen diese Einschätzung. "Er hatte in unserem gemeinsamen Jahr immer ein Lächeln auf den Lippen, unabhängig von seiner Situation", berichtete sein ehemaliger Trainer Arne Slot. "Ich habe ihn viel spielen lassen. Da ist es normal, dass man lächelt. Aber auch, wenn er nicht gespielt hat, kam er immer mit einem Lächeln auf den Lippen zum Training und hat alles gegeben."
Sein langjähriger Teamkollege Mohamed Salah verabschiedete sich in einem Social-Media-Beitrag mit emotionalen Worten von Diaz. Bei Trent Alexander-Arnolds Wechsel zu Real Madrid hat er das übrigens nicht gemacht, wie aufmerksame Liverpool-Fans in den Kommentaren unter dem Beitrag feststellten. Obwohl Salah mit Alexander-Arnold sogar noch deutlich länger zusammenspielte und auch deutlich mehr Titel feierte. Ja, Diaz scheint sehr beliebt gewesen zu sein in Liverpool.
Fortan verwöhnt er also die Münchner Kabine mit seinem Lächeln. So famos die nonverbale Kommunikation des Neuzugangs bereits zu funktionieren scheint, so kompliziert ist es aber mit der verbalen. Einen weiteren Spanisch-Muttersprachler gibt es beim FC Bayern aktuell nicht. Bei seinem ersten Training hielt sich Diaz auffällig an den Portugiesen Joao Palhinha, den es nun aber zu Tottenham Hotspur zieht. Diaz' Englisch sei nach dreieinhalb Jahren in Liverpool immerhin "okay", befand Kimmich. "Das kriegen wir schon als Mannschaft hin."

