Die "Schande" um Ex-BVB-Spieler Ian Maatsen: Vom Team des Jahres in der Champions League zum Bankdrücker hinter Roberto Carlos

Der Niederländer fiel anschließend sehr weich. 44,5 Millionen Euro legte Aston Villa für ihn hin, Maatsen bekam einen Sechsjahresvertrag bis 2030. Wird dieser erfüllt, beläuft sich das gesamte Paket für den 22-Jährigen auf über 70 Millionen Euro.

Nun biegt die erste Saison seit 41 Jahren, in der der Klub aus Birmingham in der Champions League vertreten ist, in Richtung Jahreswechsel ein - und für Maatsen muss das Zwischenfazit bei den Villans ernüchternd ausfallen. Zwar kamen für ihn bislang 20 Einsätze zusammen, doch im Schnitt stand Maatsen nur 34 Minuten auf dem Feld.

Lediglich sechsmal schaffte er es in die Startelf. Zweimal war dies in der Premier League der Fall, wo Maatsen nie länger als 69 Minuten auflief. Seit einem schwachen Auftritt am 23. November gegen Crystal Palace (2:2), als er erstmals in der Liga von Beginn an ran durfte, aber nur 33 Prozent seiner Zweikämpfe gewann, hat Maatsen augenscheinlich fürs Erste seine Chance vertan. Anschließend setzte ihn Trainer Unai Emery gleich zweimal über die gesamte Spieldauer auf die Bank, in den fünf Pflichtspielen im Dezember ließ der Spanier seinen Neuzugang nur noch 68 Minuten spielen.

"Wenn man bei Dortmund ist und zu Aston Villa geht... - bei allem Respekt vor Aston Villa, aber dann muss man wirklich spielen", urteilte Maatsens Landsmann Rafael van der Vaart in seiner Funktion als TV-Experte beim Sender Ziggo Sport. "Die Dinge können ein bisschen schiefgehen, aber es ist schade, dass er so wenig spielt. Eine Schande. In Dortmund war er fantastisch."

Beim BVB hatte es für Maatsen nicht nur auf Anhieb zu 22 Startelfplätzen in 23 Einsätzen gereicht, er landete mit seinen starken Leistungen auch im Team des Jahres der Königsklasse und durfte für Oranje zur EM. Er hatte sich dadurch einen großen Transfer inklusive eklatantem Gehaltssprung durchaus verdient erspielt, mit über 150 Pflichtspielen bringt er als 22-Jähriger auch nicht wenig Erfahrung mit.

"Es ist eine Herausforderung für mich, hierher zu kommen und zu zeigen, dass ich in der Lage bin, auf höchstem Niveau zu spielen", hatte Maatsen nach dem Wechsel zu Villa gesagt. Der Prozess, diese Herausforderung zu meistern, stagniert nach den ersten fast sechs Monaten allerdings.

Hauptgrund dafür ist Roberto Carlos. So wird zumindest Maatsens direkter Konkurrent auf der Linksverteidigerposition, Lucas Digne, von Villas Fans in den sozialen Medien genannt. Der 31-jährige Franzose erinnerte in der Tat schon einige Male ein wenig an den brasilianischen Weltklasseverteidiger, Digne befindet sich zu Maatsens Verdruss in der Form seines Lebens. Nach zweieinhalb Jahren Abstinenz hat er es dadurch sogar wieder in die Equipe Tricolore geschafft und dort in drei der vergangenen fünf Länderspiele 90 Minuten durchgespielt.

Maatsen dagegen muss nach seiner Zuschauerrolle bei der Europameisterschaft weiter auf sein Debüt für die Niederlande warten. Bei der Abstellungsperiode im September wurde er nicht von Nationaltrainer Ronald Koeman berufen und spielte stattdessen in Oranjes U21. "Das ist ein bisschen enttäuschend. Dafür muss es Gründe geben. Ich habe keine Ahnung und ehrlich gesagt verstehe ich es nicht", sagte Maatsen damals und bestätigte, dass Koeman ihm seine Entscheidung nicht erklärte.

Einen Monat später war Maatsen zwar wieder dabei, bei der letzten Länderspielpause im November aber erneut nicht. Damals musste er auch angeschlagen von der U21 abreisen und seitdem ist einfach nur der Wurm drin.

Es ist aber bei weitem nicht so, dass Maatsen in seinen Auftritten für Villa nicht schon angedeutet hat, was von ihm zu erwarten ist. Mitte Oktober lieferte er beim 2:0 gegen Bologna in der CL quasi aus dem Stand eine sehr überzeugende Leistung ab und war wie in Dortmund dank seines Tempos und der präzisen Flanken besonders im letzten Drittel gefährlich.

Dass er in diesem Teil des Spielfelds stärker als in der Defensive ist, sieht wohl auch Emery so. Bei Maatsens oft späten Einwechslungen setzte ihn der Coach häufiger schon im linken Mittelfeld ein. Umso eindrücklicher ist daher die Statistik, wonach Maatsen zusammen mit Manchester Uniteds Christian Eriksen der Spieler mit den meisten Vor-Vorlagen in der Premier League ist (4).

Es wird nun sehr interessant zu sehen sein, wie Emery mit Maatsen im zweiten Halbjahr der Saison umgeht. Für den Moment scheint es, als habe er seine erste Bewährungsprobe verspielt. Doch eine zweite dürfte genauso garantiert kommen wie eine Leistungsdelle bei Digne. Davor war ja schließlich auch Roberto Carlos nicht gefeit.