Es war ein bemerkenswertes Statement, das Kimmich im Zuge der großen Enttäuschung am Donnerstag abgab. "Für mich ist es der schwierigste Tag meiner Karriere. Es ist für mich persönlich nicht einfach zu verkraften, weil man mit dem Misserfolg in Verbindung gebracht wird. Ich habe ein bisschen Angst davor, in ein Loch zu fallen", sagte er.
Das wünscht man dem Bayern-Akteur gewiss nicht, doch ganz von der Hand zu weisen ist seine Befürchtung nicht: Kimmich steht durchaus exemplarisch für die auf DFB-Ebene bislang glücklosen Jahrgänge 1994, 1995 und 1996, denen er zusammen mit Spielern wie Leroy Sané, Serge Gnabry, Leon Goretzka, Niklas Süle, Julian Brandt, Thilo Kehrer oder Lukas Klostermann angehört. WM 2018, EM 2021, WM 2022 - allesamt enttäuschend verlaufen.
Aus diesem Kreis an Spielern verkörpert Kimmich jedoch am ehesten einen Profi, der Biss, Gier und Leidenschaft mitbringt. Also jene Komponenten, die Deutschland jahrzehntelang besonders bei Endrunden den Ruf einer auf den Punkt funktionierenden Turniermannschaft eingebracht haben.
Von Kimmich werden die von ihm beim FC Bayern gewohnten Spitzenleistungen erwartet, doch wie seine Mitstreiter spielte er alles andere als ein gutes Turnier. Vielleicht trug dazu auch die stets schwelende Debatte um seine Position bei. Es dürfte ihm nicht geholfen haben, dass er gegen Costa Rica erstmals unter Flick eine Halbzeit lang Rechtsverteidiger spielen musste, nachdem der Bundestrainer diese Versetzung zuvor kategorisch ausschloss.
Kimmich sollte und wollte ein Anführer des Teams sein. Nun jedoch herrschen Zweifel an ihm und den anderen Profis der erwähnten Jahrgänge, denen ein schwer zu begradigender Makel anhaftet. Hinsichtlich der Heim-EM 2024 sind das keine guten Aussichten. Gerade Kimmich wird sich aufrappeln und neuen Mut schöpfen müssen, denn er wird als wahrscheinlicher neuer Kapitän die Truppe ins nächste Turnier führen.