MaricImago

Der Übernächste für die Premier League! Rene Maric wandelt beim FC Bayern München auf den Spuren erfolgreicher Vorgänger

Normalerweise holen Cheftrainer ihre Assistenten. Beim FC Bayern München war es im Sommer 2024 umgekehrt - zumindest ein kleines bisschen. Als nach Absagen von Julian Nagelsmann, Ralf Rangnick, Thomas Tuchel und all den anderen Kandidaten irgendwann Vincent Kompany in den Fokus der Münchner Bosse rückte, erwies sich Rene Maric als wichtiger Fürsprecher.

  • Die beiden kennen und schätzen sich seit ihrer gemeinsamen Trainerausbildung in Belgien. Maric ist zwar Österreicher mit kroatischen Wurzeln. Wegen der geografischen Nähe zu Dortmund, wo er damals als Co-Trainer von Marco Rose beim BVB arbeitete, absolvierte er den Lehrgang in Brüssel. Seine Lizenz bekam Maric 2023 als Jahrgangsbester, vor dem sechs Jahre älteren Kompany.

    Als Kompany auch auf Anraten Marics tatsächlich neuer Trainer des FC Bayern wurde, machte er seinen Fürsprecher direkt zum Co-Trainer. Seitdem bildet Maric ein Assistenten-Trio mit Kompanys Weggefährten Aaron Danks und Floribert Ngalula. Beachtlich an der Geschichte ist nicht nur die Reihenfolge der Vorkommnisse. Sondern auch, dass Marics Schwärmereien von Kompany beim FC Bayern überhaupt gehört wurden. Das spricht für das Standing, dass er sich innerhalb kürzester Zeit erarbeitet hat.

    Maric selbst war schließlich erst im November 2023 in München angekommen. Im Alter von nur 31 Jahren übernahm er zunächst die neugeschaffene Rolle als "Teamleiter Trainerentwicklung & Spielidee" im Nachwuchsbereich. Bereits im Februar 2024 sprang er zusätzlich als U19-Trainer ein. In der A-Jugend-Bundesliga enttäuschte seine Mannschaft zwar weitestgehend. In der UEFA Youth League schaffte sie es aber erstmals ins Viertelfinale und scheiterte dort am späteren Sieger Olympiakos Piräus.

    Hauptverantwortlich für Marics Verpflichtung war Sportdirektor Christoph Freund. "Nachdem ich beim FC Bayern angefangen hatte, habe ich Rene ziemlich bald kontaktiert“, sagte Freund kürzlich der Süddeutschen Zeitung. "Dass wir zwei irgendwann wieder zusammenarbeiten würden, diese Hoffnung hatte ich seit unserer gemeinsamen Zeit in Salzburg immer im Hinterkopf. Unser Kontakt ist nie abgerissen."

  • Werbung
  • Rose, Zickler, MaricImago

    Rene Maric: Von SPOX über Salzburg in die Bundesliga

    Salzburg war Marics erste Station im Profifußball. Sein Weg dahin verlief höchst ungewöhnlich - und begann genau hier an Ort und Stelle auf dieser Website. "Alles hat irgendwie bei SPOX angefangen", erzählte Maric 2020 im Interview. Zehn Jahre zuvor verfasste er Beiträge im Community-Bereich und lernte dabei andere Fußball-Fanatiker kennen, mit denen er später die Taktik-Plattform Spielverlagerung gründete.

    18 Jahre war der gebürtige Salzburger Maric damals alt. Jugendtrainer beim österreichischen Amateurklub TSU Handenberg und angehender Psychologiestudent. Mit seinen Taktik-Analysen bei Spielverlagerung weckte er das Interesse von Thomas Tuchel, zu diesem Zeitpunkt noch Trainer beim 1. FSV Mainz 05. Tuchel kontaktierte Maric und beauftragte ihn aus der Ferne mit Gegneranalysen.

    Daheim in Salzburg kam Maric unterdessen mit Marco Rose in Kontakt. Er war einst Tuchels Assistent in Mainz, mittlerweile trainierte er die Salzburger U18. 2016 machte Rose den 23-jährigen Maric zu seinem Co-Trainer, gleich in ihrer ersten gemeinsamen Saison gewannen sie sensationell die UEFA Youth League. Sechs Jahre sollte die Zusammenarbeit dauern. Maric folgte Rose zunächst zu den Salzburger Profis und später zu den Borussias aus Mönchengladbach und Dortmund.

    Auf dem Weg lernte er die beiden aktuell wichtigsten Entscheider des FC Bayern kennen: Sportdirektor Freund in Salzburg, Sportvorstand Max Eberl in Gladbach. Gleichzeitig arbeitete er bei seinen unterschiedlichen Stationen mit etlichen späteren Weltklasse-Spielern zusammen. Mit Dominik Szoboszlai und Erling Haaland und Jude Bellingham und so weiter. 2022 trennte sich das eingespielte Trainerduo. Maric setzte seine Karriere bei Leeds United fort. Als Assistent von Jesse Marsch, noch einem ehemaligen Salzburg-Trainer.

  • Trotz seiner Red-Bull-Vergangenheit: Rene Maric steht auf Ballbesitz-Fußball

    Trotz seiner intensiven Verbindungen in den Red-Bull-Kosmos steht Maric grundsätzlich auf einen ganz anderen Fußball. Ihn faszinieren eher Ballbesitz-Apostel wie Marcelo Bielsa, Pep Guardiola, Mikel Arteta oder Roberto de Zerbi. Er schwärmt vom FC Barcelona und von Ajax Amsterdam. "Ich stimme der Idee zu, dass man früh pressen sollte, um so den Spielrhythmus auch im gegnerischen Ballbesitz zu kontrollieren", sagte Maric 2023 in einem Sky-Interview. "Aber meine Ideen im Ballbesitz sind sehr unterschiedlich zum traditionellen Red-Bull-Fußball."

    Dieser Ansatz deckt sich weitestgehend mit der Philosophie von Kompany, der bei Manchester City jahrelang unter Guardiola gespielt hatte. Kompany und Maric denken Fußball sehr ähnlich. Unter Kompany zu arbeiten ist tatsächlich der eine ausschlaggebende Grund, warum Maric nicht schon längst selbst als Cheftrainer tätig ist. Der andere ist sein Arbeitgeber. Seit Kindheitstagen ist er Fan des FC Bayern.

    Nach seiner Zeit in Leeds und mit der Fußballlehrer-Lizenz in der Tasche spekulierte Maric eigentlich auf eine Anstellung als Cheftrainer. "Sobald man eine Idee hat und überzeugt ist, dass diese Idee die beste ist, kann man diesen Schritt gehen und erfolgreich arbeiten", sagte Maric im Sommer 2023. "Ich glaube, ich bin seit meinem zweiten Jahr als Co-Trainer in Gladbach bereit."

    Der österreichische Rekordmeister Rapid Wien und der englische Zweitligist AFC Sunderland bemühten sich um seine Dienste. Aber Maric folgte den Lockrufen seines Weggefährten Christoph Freund nach München. Seitdem kamen weitere Angebote, im Frühling 2024 beispielsweise von Austria Wien. Diesmal animierte Maric die bevorstehende Ankunft Kompanys zum Bleiben.

    Der Lohn war der Gewinn der Meisterschaft. "Zutiefst dankbar meinen ersten Bundesliga-Titel mit meinem Kindheitsverein gewinnen zu dürfen", schrieb Maric bei X und ergänzte im Dialekt: "Ries‘n Donkschen an unsre Buam aufm Plotz, des g’somte Team dahinter & unsere superklassn Fans."

  • ENJOYED THIS STORY?

    Add GOAL.com as a preferred source on Google to see more of our reporting

  • Rene MaricImago

    Rene Marics Aufgaben im Trainerteam von Vincent Kompany

    Kompany und Maric arbeiten sehr eng zusammen, speziell bei taktischen Fragen ist der Assistent ein wichtiger Ansprechpartner für den Chef. Maric kümmert sich auch um die Erstellung von Matchplänen. Während der Spiele hält er per Headset Kontakt zu den Analysten auf der Tribüne. So entstehen die Videosequenzen, die der Mannschaft in der Halbzeit gezeigt werden. Im Trainingsalltag sind Kompanys Assistenten spezielle Spieler zugeteilt, mit denen sie individuelle Einheiten absolvieren. Bei Maric sind es unter anderem Joshua Kimmich und Jamal Musiala.

    Auch aufgrund seiner Vergangenheit im Nachwuchsbereich fungiert er in Kompanys Trainerteam als Verbindungsglied zum Campus. "Ich möchte eine Brücke sein, über die wir Inhalte in den Campus transportieren können. Aber auch, dass die Leute am Campus einen Ansprechpartner haben", sagte er bei seiner Bestellung zu Kompanys Co-Trainer. Obwohl er am Campus wegen seiner sonstigen Verpflichtungen nur noch selten persönlich präsent ist, hält er den Kontakt.

    "Rene versucht bei internen Fortbildungen mit uns Jugendtrainern immer Feinheiten von Kompanys Spielidee zu thematisieren", berichtete U17-Trainer Patrick Kaniuth im Gespräch mit SPOX. Zudem spielt Maric eine Rolle bei der Frage, welche Talente bei den Profis mittrainieren dürfen. Aus Kaniuths U17 bekamen diese Chance in der vergangenen Saison beispielsweise Lennart Karl und Wisdom Mike.

  • "Es ist brutal": Rene Maric gilt als Fußball-Fanatiker

    Gelobt wird Maric allseits nicht nur für seine Arbeit an sich, sondern auch für seinen Eifer. "Er schaut sich gleichzeitig ein Video an, telefoniert und schreibt einen Analyse-Roman in seinen Laptop. Das ist der absolute Wahnsinn, damit wäre ich völlig überfordert", berichtete Alexander Zickler mal im SPOX-Interview. Zickler war in Salzburg, Gladbach und Dortmund Roses zweiter Co-Trainer neben Maric.

    "Besessen" ist ein Wort, das als Beschreibung für Maric gerne fällt. 18-Stunden-Arbeitstage sind normal für ihn. Und zur Ablenkung liest er dann gerne noch Fachliteratur. Kürzlich beispielsweise ein Fußball-Lehrbuch des legendären österreichischen Journalisten Willy Meisl aus den 1930er Jahren. Speziell dessen verschiedene Einwurf-Varianten haben es Maric angetan. Im Sky-Interview von 2023 schwärmte er von taktischen Feinheiten bei Fluminense Rio de Janeiro und den Mamelodi Sundowns aus Südafrika. "Ich kenne keinen Menschen, der sich so viel mit Fußball beschäftigt wie Rene", findet Freund. "Es ist brutal."

  • Hansi FlickGetty Images Sport

    Aus dem Schatten: Viele Co-Trainer des FC Bayern machten Karriere

    Maric ist ohne Zweifel ausgesprochen talentiert und in der Führungsriege des FC Bayern höchst angesehen. Das weiß der 32-Jährige wohl auch selbst und entsprechend selbstbewusst soll er intern mittlerweile auftreten. Für den Geschmack des einen oder anderen bisweilen einen Tick zu selbstbewusst. Womöglich ist genau diese Eigenschaft aber sowieso von Vorteil für eine große Karriere als Cheftrainer. Frag nach bei Tuchel oder Rangnick oder Nagelsmann.

    Wann es bei Maric soweit ist, dürfte unabhängig von seiner Vertragsdauer bis 2027 lediglich eine Frage des Angebots sein. Welcher Cheftrainerposten ist spannender als mit einem Gesinnungsgenossen seinen Herzensverein zu formen? Angeblich zeigt der kroatische Topklub Hajduk Split Interesse. Nach Informationen von SPOX flattern auch immer wieder Anfragen aus England herein. Einige Premier-League-Klubs haben Maric auf der Scouting-Liste und beobachten ihn als übernächsten Trainer. Tatsächlich haben diesbezüglich sogar schon erste Kennenlern-Gespräche stattgefunden.

    Co-Trainer beim FC Bayern war in jüngerer Vergangenheit jedenfalls eine gute Ausgangsposition für spätere Cheftrainer-Karrieren. Niko Kovacs Assistent Hansi Flick führte die Münchner zum Sextuple und zuletzt den FC Barcelona zum nationalen Triple. Flicks Co-Trainer Danny Röhl und Miroslav Klose etablierten sich ihrerseits bei Sheffield Wednesday und dem 1. FC Nürnberg und werden längst bei größeren Klubs gehandelt. Tuchels Assistent Zsolt Löw probierte sich bei RB Leipzig und Nagelsmanns Dino Toppmöller arbeitet erfolgreich bei Eintracht Frankfurt.

0