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Der "Klon" von Toni Kroos: Dieser Transfer könnte bei Real Madrid alles verändern

Als Toni Kroos 2014 für schlappe 25 Millionen Euro vom FC Bayern München zu Real Madrid wechselte, begann eine unglaubliche Ära. Der Deutsche prägte bei den Königlichen über Jahre hinweg das Geschehen im Mittelfeld.

Nun planen die Verantwortlichen in der spanischen Hauptstadt den nächsten Coup: Angelo Stiller soll in den Fokus des Rekordsiegers der Champions League geraten sein. Kann der Mittelfeldstratege des VfB Stuttgart die nächste Ära des größten Fußballklubs in Europa prägen?

  • Angelo Stiller und Toni Kroos: Viele Gemeinsamkeiten

    Der Vergleich mit Toni Kroos wird ihn bei einem Wechsel unweigerlich verfolgen, immerhin bezeichnete die Marca ihn bereits als "Klon". Fair ist es sicher nicht, mit einem der besten und erfolgreichsten Spieler der deutschen Fußball-Geschichte verglichen zu werden. Und doch stellt sich automatisch die Frage, welche Ähnlichkeiten es zwischen den beiden gibt.

    Rein physisch und taktisch gibt es dort einige. Stiller ist wie Kroos ein Spielertyp, der das Geschehen vor sich kontrolliert, sich dafür auch mal tiefer fallen lässt, um sich dem Gegnerdruck zu entziehen. Kroos wählte dafür oft die Position links neben den Innenverteidigern, Stiller hat (noch) nicht so klare Muster in seinen Bewegungsabläufen, agiert etwas weiträumiger.

    Auch in den vorderen Dritteln ist der 24-Jährige sehr aktiv. Ist der Spielaufbau erledigt, schiebt er clever mit nach vorn. Hier hat er ebenfalls einige Ähnlichkeiten zu Kroos, der aus den zentralen Bereichen immer wieder kluge Impulse für die Angreifer geben konnte.

    Physisch sind sich beide dahingehend ähnlich, dass sie nicht sehr schnell und umso mehr davon abhängig sind, auf dem Spielfeld richtig positioniert zu sein. Ihre gedankliche Handlungsschnelligkeit und die Fähigkeit, das Spiel zu lesen, zeichnet sie aus. In einem System, das anfällig für schnelle Gegenstöße ist, brauchen beide aber eine Absicherung.

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  • Angelo Stiller-Germany-202503-unl(C)Getty Images

    Angelo Stiller liefert beeindruckende Zahlen

    Auch statistisch lassen sich die Ähnlichkeiten nachweisen. Stiller spielte laut dem Datenportal FBref in dieser Bundesliga-Saison durchschnittlich 83,3 Pässe pro 90 Minuten - davon 9,49 progressiv, also mit einem vertikalen Raumgewinn von rund 10 Yards (ca. 9 Meter). Damit ist er ligaweit unter den besten drei Prozent aller Mittelfeldspieler. Joshua Kimmich belegt mit 11,44 den ersten Rang.

    Allerdings spielt der Bayern-Star auch im Schnitt 115,45 Pässe pro 90 Minuten. Ungefähr jeder zehnte Pass ist bei Kimmich per Definition also progressiv. Bei Stiller ist es jeder achte. Nimmt man die letzten fünf LaLiga-Spielzeiten von Kroos, spielte der durchschnittlich 96,64 Pässe, davon 11,78 progressiv - also ebenfalls jeden achten.

    Zwei weitere statistische Parallelen zwischen Stiller und Kroos sind interessant. Einerseits die langen Bälle: Stiller spielt 9,11 lange Bälle pro 90 Minuten, was in etwa elf Prozent seiner Pässe ausmacht. Bei Kroos sind es im genannten Zeitraum sogar 17,54 (18 Prozent). Hier ist es aber weniger die statistische Komponente als die rein theoretische, die auffällig ist. Stiller deutet sein enormes Potenzial bei Seitenverlagerungen oder langen Bällen hinter die Abwehrkette immer wieder an.

    Kroos war der Meister der Seitenverlagerungen, dirigierte das Spiel der Königlichen mit zahlreichen Diagonalbällen, die wie an der Schnur gezogen beim Mitspieler landeten. Stillers Erfolgsquote von 61,2 Prozent ist gut, aber im Vergleich zu den 75,5 Prozent von Kroos noch entwicklungsfähig. Das Potenzial für diese Entwicklung ließ Stiller aber häufig erkennen. Seine Variabilität im Passspiel und die Fähigkeit, verschiedene Typen von Zuspielen auf hohem Niveau einzubringen, sind entscheidend für den Erfolg des VfB Stuttgart gewesen.

    Andererseits gibt es statistisch große Überschneidungen beim Herausspielen von Abschlüssen. Aus dem Spiel heraus hatte Stiller pro 90 Minuten 2,89 Aktionen, die zu einem Schuss geführt haben. Kroos liegt hier bei 2,59.

  • Passt Angelo Stiller zu Real Madrid?

    Sollte Real Madrid in den vergangenen Wochen zu dem Schluss gekommen sein, dass der Kroos-Abgang so wehgetan hat, dass ein Ersatz gebraucht wird, verwundert es also kaum, dass die Spanier bei Stiller gelandet sind. In den nochmal deutlich detaillierteren Datenbanken wird es wohl zwei Spieler gegeben haben, die ihnen dahingehend sofort auffielen: der VfB-Stratege und Kimmich.

    Einer hat beim FC Bayern verlängert, der andere ist vermutlich bereit für den großen Schritt zu einem Topklub. Aber ist Stiller die Art Spieler, die Real Madrid braucht? Gerade im Mittelfeld wurden die Königlichen in der jüngeren Vergangenheit intensiv dafür gelobt, dass sie den Umbruch van Casemiro, Kroos und Luka Modric hin zu jüngeren Spielern quasi fließend bewältigt haben.

    Jude Bellingham, Aurelien Tchouameni, Eduardo Camavinga und Federico Valverde sind hier die Protagonisten der Gegenwart und der Zukunft. Aber: Sie alle sind andere Spielertypen als Stiller. Reduzieren lässt sich dieser Punkt auf den wesentlichen Aspekt der Taktgeberqualitäten. Als Teil eines Orchesters können sie alle eine wertvolle Rolle auf höchstem Niveau einnehmen - aber dafür brauchen sie einen Dirigenten.

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    Angelo Stiller: Ein neuer Dirigent für Real Madrid - und Trauer beim FC Bayern?

    Dieser Dirigent kann Stiller sein. Er spielt dominanter, besetzt die wichtigsten Räume im Mittelfeld zuverlässiger und er kann ein statisches Element im Spiel sein, von dem die Dynamik aber profitiert. Bedeutet: Wenn Spieler wie Valverde, Tchouameni oder Bellingham Dynamik in ein Spiel bringen, kann Stiller mit seiner klugen Positionstreue dem Team Stabilität verleihen - und dennoch über seine Passqualität dynamische Situationen auslösen.

    Eine Fähigkeit, die Real Madrid mit dem Karriereende von Kroos verloren gegangen ist und die im Fußball häufig stark unterschätzt wird. Der Blick der Beobachterinnen und Beobachter richtet sich meist auf die Spieler, die durch Dribblings, Tiefenläufe, Assists oder Abschlüsse Spektakel auslösen. Aber die Spieler, die wiederum diese Situationen auslösen, sind oft noch wichtiger.

    Mit Xabi Alonso wird jemand die Mannschaft übernehmen, der selbst in der Rolle des Taktgebers war und in Madrid eine Legende ist. Einer, der in Leverkusen mit Granit Xhaka ebenfalls einen solchen Spieler in seinen Reihen hatte. Einen wie Xhaka wird Alonso im Kader seines neuen Arbeitgebers nicht vorfinden. Stiller könnte aber sehr wohl einer wie Xhaka sein und enorm von der Erfahrung Alonsos profitieren.

    Und wer weiß? Vielleicht wird man in einigen Jahren in Madrid ähnlich auf das Jahr 2025 zurückblicken wie auf das Jahr 2014. Weil wieder ein Deutscher kam, der das Spiel verändert hat. So weit ist es noch nicht. Aber eine weitere Parallele gibt es dahingehend dann doch zwischen Stiller und Kroos: In München dürfte man sich von Jahr zu Jahr mehr darüber ärgern, dass man den gebürtigen Münchner, der sich so sehr mit dem FC Bayern identifiziert hat, quasi vom Hof gejagt hat. Nur weil er dem damaligen Trainer Hansi Flick zu langsam war.