Dauerhafter Reservist statt "Genie": Die schillernde Karriere eines ehemaligen BVB-Talents verkam zur Wundertüte

Seine Karriere hatte einst so verheißungsvoll begonnen. Mit 16 wechselte er 2011 von RSC Anderlecht in die Akademie von Manchester United. Zwei Jahre später debütierte Januzaj für die Red Devils, bei seinem Startelfdebüt schoss er zwei Tore. Schnell sprangen in zwei Spielzeiten 45 Premier-League-Partien für ihn heraus. Er überzeugte als temporeicher Joker mit viel Offensivdrang. United gab ihm nach dem Karriereende von Legende Ryan Giggs das Trikot mit der Nummer 11.

"Ich glaube wirklich, dass dieser Junge einer der Besten der Welt sein kann. Er hat so viel Talent", sagte zu dieser Zeit mit Gary Neville eine weitere Manchester-Ikone über Januzaj. Doch schon damals gab es kritische Stimmen, die fortan seine Karriere stets begleiteten. Damals noch ausgesprochen vom Trainer eines Ligakonkurrenten.

"Ich hoffe, er ist der Spielertyp, der weiß, dass er sich weiterentwickeln muss und nicht denkt, dass er das höchste Niveau erreicht hat, nur weil er zehn Spiele in der Premier League gespielt hat", warnte der damalige Swansea-Trainer Michael Laudrup. "Leider wird Spielern, die zehn oder 15 Spiele auf höchstem Niveau spielen, gesagt, dass sie großartig seien - und sie glauben es auch."

Als bei United Louis van Gaal übernahm, herrschte auf einmal ein anderes Regiment - und Januzaj bekam erstmals Probleme. Kurz vor Ende des Transferfensters im Sommer 2015 schob man ihn für eine Saison auf Leihbasis zu Borussia Dortmund ab. Der Coach fand die Wahl nicht gut, da er überzeugt war, Januzaj würde beim BVB wenig spielen.

Van Gaal hatte Recht, der Ausflug zur Borussia verkam zur Katastrophe. Januzaj schlug mit reichlich Fitnessrückstand auf, Trainer Thomas Tuchel fand nie Verwendung für ihn. Zwölf Einsätze über 519 Minuten sprangen am Ende heraus (zwei Vorlagen), dreimal reichte es für die Startelf. Die Leihe wurde vorzeitig nach einer enttäuschenden Hinrunde aufgelöst.

"Ich hatte das Gefühl, dass Adnan nie ganz bei uns war, sondern immer zum Teil in Manchester geblieben ist und alles mit ManUnited verglichen hat", sagte Tuchel später. "Er war leider nicht so mit der Lust und der Einstellung dabei, die nötig gewesen wären, um in seinem Alter weiterzukommen."

Fünf Jahre später trat Januzaj gegen Tuchel nach. "Ein Trainer sollte dich als Spieler immer beschützen, besonders wenn er weiß, dass du ein Spieler bist, der den Unterschied für ihn ausmachen kann", sagte er. Generell fühlte er sich im BVB-Umfeld nicht wohl: "Die Leute waren sehr streng mit mir, weil ich ein junger Bursche mit viel Qualität war. Es war schwierig für mich zu wissen, was sie mit mir vorhaben."

Damals nutzte Januzaj auch die Gelegenheit, gegen van Gaal zu stänkern. Er sei ein Mensch, "der dir keine Liebe entgegenbringt", erklärte er und fügte an: "Wenn du einen Fehlpass gespielt hast, hat van Gaal dich angeschrien. Für junge Spieler ist das nicht gut, man muss sie unterrichten. Ein Trainer ist wie ein Lehrer, das ist das, was ich am meisten vermisst habe."

In Manchester aussortiert hatte ihn jedoch Jose Mourinho. Januzaj landete per Leihe in Sunderland bei David Moyes, unter dem er bereits für United gekickt hatte. Am Ende stand jedoch der letzte Platz in der Premier League und das nächste vernichtende Urteil für Januzaj. "Ich habe Adnan gesagt, du musst aufhören, allen anderen die Schuld für das zu geben, was schief gelaufen ist", sagte Moyes. "Es kann nicht immer die Schuld des Trainers sein, dass er keine Fortschritte gemacht hat. Adnan muss sich die Fragen stellen, ob er sich richtig vorbereitet hat, ob er in bester körperlicher Verfassung ist, ob er genug trainiert hat. In den meisten Fällen lautet die Antwort nein."

Ab 2017 kehrte dann endlich Konstanz in Januzajs Karriere ein. Für 8,5 Millionen Euro verkaufte ihn United zu Real Sociedad nach Spanien. "Es gibt Leute, die keine Ahnung vom Fußball haben", sagte er kurz nach seinem Wechsel. Ich mache mir keine Sorgen. Ich werde mich sehr gut fühlen, da diese Leute Unsinn über mich geredet haben", stellte er klar.

In seinen fünf Jahren in San Sebastian absolvierte Januzaj 167 Partien. 23 Tore, 21 Vorlagen und 99 Startelfeinsätze sind durchaus eine vorzeigbare Bilanz. Doch sie belegt auch, dass es ihm nie gelungen war, zum unverzichtbaren Stammspieler zu werden.

Diesen Schritt wollte er 2022 mit dem ablösefreien Wechsel zum FC Sevilla gehen, La Real wollte den Vertrag mit ihm nicht mehr verlängern. Das Gegenteil trat jedoch ein, seitdem liegt Januzajs Karriere gänzlich brach. 

Schon nach einem halben Jahr und nur 125 Minuten auf dem Platz verlieh ihn Sevilla an den türkischen Erstligisten Basaksehir FK. Dort sah er bei seinem Heimdebüt im zweiten Spiel nach 35 Minuten die einzige Rote Karte seiner Karriere.

Im Sommer ging es zurück zu Sevilla, wo die nächste ernüchternde Saison folgte: Lediglich 308 Minuten verteilt auf elf Einsätze (eine Vorlage) absolvierte Januzaj dort. Schon damals wollte ihn der Klub unbedingt loswerden.

"Wir haben ihm Angebote aus der Türkei, Frankreich und Schottland unterbreitet, aber er hat uns gesagt, dass es für ihn kein Problem sei, keine Einsatzminuten zu bekommen", schimpfte Sevillas Sportdirektor Victor Orta im Februar 2024. "Wir haben viele Angebote für Januzaj erhalten, zwei davon haben wir sogar angenommen. Wir haben es ihm gesagt, aber er will nicht gehen. Ihm sind die Minuten egal und er klammert sich an die Tatsache, dass er einen gültigen Vertrag hat."

Januzaj schlug per Instagram - mal wieder - zurück. In seinen elf Jahren als Profi habe er noch nie die Äußerungen eines Sportchefs richtigstellen müssen: "Dass Victor Orta mich angreift, erscheint mir unangemessen und äußerst schmerzhaft. Es gab einige Angebote, aber ich habe sie verworfen, weil ich sie aus verschiedensten Gründen nicht als geeignete Ziele ansah. Victor Orta sagt nicht die Wahrheit."

Zu einem Bruch führte diese Episode aber nicht. Januzaj hatte sich geweigert, seinen Vertrag vorzeitig aufzulösen und beteuerte: "Ich möchte zeigen, dass ich die Situation umkehren kann. Ich bin zuversichtlich, dass ich mit mehr Möglichkeiten der Mannschaft und meinen Kollegen helfen kann."

Nur eben nicht in Sevilla, im folgenden Sommer ging es per Leihe zu UD Las Palmas. "Talent vergeht nie und ich wurde damit geboren", sagte er bei seiner Vorstellung auf Gran Canaria. Trainer Luis Carrion setzte noch einen drauf und erklärte: "Januzaj ist ein Genie."

Der neue Coach hielt sich jedoch nur neun Spiele lang, sechs davon gingen verloren. 193 Einsatzminuten gewährte er seinem "Genie". Weniger als 500 weitere kamen für Januzaj im Laufe der Saison noch hinzu, auch aufgrund gleich mehrfacher Verletzungen. Nur sechsmal stand er in Las Palmas' Startelf. In den beiden Spielzeiten zuvor durfte Januzaj insgesamt elf Mal von Beginn an ran. Januzaj ist in den vergangenen Jahren zum reinen Bankspieler verkommen.

Nun ist er wieder zurück in Sevilla, wo er noch einen Vertrag bis 2026 besitzt und bis zuletzt mit einem Nettojahresgehalt von 2,7 Millionen Euro der bestbezahlte Spieler war. Denn nun folgte eine sehr überraschende Kehrtwende: Nachdem zunächst alle Zeichen auf Abschied standen, hat sich Januzaj unter dem neuen Trainer Matias Almeyda eine nächste Chance erarbeitet.

Er kam fit aus dem Urlaub zurück, zeigte großen Einsatz und Willen im Training - und bei den Finanzen. Januzaj hat einer Reduzierung seiner Bezüge zugestimmt, angeblich hat er auf die Hälfte seines Gehalts verzichtet. Ansonsten hätte Sevilla Probleme mit der Registrierung seiner Neuzugänge bekommen.

Und so stand Januzaj plötzlich doch im Kader für den Ligaauftakt gegen Bilbao (2:3). Almeyda wechselte ihn sogar 19 Minuten vor Schluss ein. Der Coach baut auf die Kreativität und Vertikalität in Januzajs Spiel.

Doch dann der Schock: Der 15-malige Nationalspieler Belgiens zog sich prompt eine Oberschenkelverletzung zu. Mit einer Rückkehr ist frühestens nach der Länderspielpause im September zu rechnen. Wie es anschließend mit ihm weitergeht, steht in den Sternen. Januzajs Karriere bleibt bis auf Weiteres eine Wundertüte.