Kein türkischer Fußballer hat mehr Bundesligaspiele auf dem Buckel als Halil Altintop. Anders als sein Zwillingsbruder Hamit zog Halil zu Beginn seiner Profilaufbahn von Wattenscheid nicht weiter zu Schalke, sondern zum 1. FC Kaiserslautern.
Auf dem Betzenberg gelang dem offensiven Mittelfeldspieler in der Saison 2005/2006 der Durchbruch. Mit 20 Treffern landete er in der Torschützenliste hinter Bremens Miroslav Klose (25) und Leverkusens Dimitar Berbatov (21) auf Platz drei.
Nach vier Jahren auf Schalke, einer Saison bei Eintracht Frankfurt und zwei Jahren bei Trabzonspor schloss sich der heute 40-Jährige 2013 dem FC Augsburg an, wo er sich 2015 in die Geschichtsbücher des Vereins eintrug. Bei der 1:3-Niederlage in der Europa League bei Athletic Bilbao traf der gebürtige Gelsenkirchener zur zwischenzeitlichen 1:0-Führung und erzielte damit das erste Tor der Augsburger Europapokalgeschichte.
Über Slavia Prag ging es anschließend zurück nach Kaiserslautern, wo Altintop 2018 seine Laufbahn beendete. Obwohl auch Halil für die türkische Nationalmannschaft spielte (acht Tore in 38 Partien), konnte er anders als sein Bruder Hamit die Frage, ob er sich als Deutscher oder als Türke fühle, nicht so eindeutig beantworten.
"Ich habe oft darüber nachgedacht, aber es fällt mir noch immer schwer, Worte zu finden. In manchen Situationen fällt mir auf, dass ich sehr türkisch bin. Das kann an türkischer Musik liegen, an ausgelassenen Feiern oder an anderen Kleinigkeiten. Dann fühle ich mich plötzlich sehr wohl. Auf der anderen Seite ist die deutsche Zielstrebigkeit für mich wichtig, die Hartnäckigkeit, die fleißige Arbeit. Deutscher oder Türke? Egal, ich bin der Halil, das muss reichen", sagte er einmal dem Spiegel.
Ausgerechnet das WM-Qualifikationsspiel 2006 zwischen der Türkei und der Schweiz (4:2), das als "Schande von Istanbul" in die Geschichte einging, bestätigte den Profi nach eigenen Angaben in seiner Einschätzung. Einige türkische Spieler verloren damals nach Schlusspfiff komplett die Contenance und gingen auf die Schweizer los. Halil und Hamit bewahrten dagegen die Ruhe.
"Irgendwie war das eine Bestätigung dafür, dass ich nicht wirklich türkisch bin", sagte Halil Altintop: "Dieses Temperament, dieses Hochkochen der Emotionen, habe ich vorher nie erlebt. Ich kannte Raphael Wicky aus der Bundesliga, der hatte sich vor Angst an meinen Arm geklammert. Ich habe versucht, ihn gesund in die Kabine zu bringen. Ich bin auch jemand, der sich im Training leicht reizen lässt oder in der Kabine vorlaut ist, aber nachgetreten habe ich nie. Was ich damals in Istanbul erlebt habe, war total neu und erschreckend. Man darf sich nicht von Emotionen beherrschen lassen."
Nach der aktiven Laufbahn arbeitete Altintop als Individualtrainer beim VfB Stuttgart und war Chefcoach beim unterklassigen Klub Schwaben Augsburg, ehe er Jugendtrainer beim FC Bayern wurde. Heute ist Altintop beim deutschen Rekordmeister Leiter der Nachwuchsabteilung.