Pavlovic IMAGO / GEPA pictures

"Das ist für sein Alter zu wenig": Stockende Entwicklung beim Pechvogel des FC Bayern München

Joshua Kimmich pendelt in der deutschen Nationalmannschaft seit jeher zwischen der Rechtsverteidigung und dem zentralen Mittelfeld. Herausragend ist er auf beiden Positionen. Der jeweilige Bundestrainer stellt ihn stets dort auf, wo die Not größer ist. Laut Julian Nagelsmann fortan wieder: im Mittelfeld.

  • Ende Juli verkündete der Bundestrainer etwas überraschend, dass Kimmich nach eineinhalb Jahren und einer starken EM als Rechtsverteidiger auf die Doppelsechs zurückkehren wird. Das ist eine gute Nachricht für die übrigen Rechtsverteidiger-Kandidaten wie Neuling Nnamdi Collins. Das ist gleichzeitig eine schlechte Nachricht für die anderen verfügbaren zentralen Mittelfeldspieler - von denen sich Nagelsmann in den vergangenen Monaten offenbar mehr erwartet hat.

    Aufgrund der "Kürze der Zeit" bis zur WM 2026 in Nordamerika "haben wir einfach nicht die Option, zu viel zu testen auf dieser Position", betonte Nagelsmann. Er wolle also Spielern vertrauen, die "auf dieser Position im Rhythmus sind". Wer das seiner Meinung nach ist, zeigte sich bei der Kadernominierung für die nun anstehenden WM-Qualifikationsspiele gegen die Slowakei und Nordirland. Nagelsmann berief drei mögliche Kimmich-Partner: Leon Goretzka, Angelo Stiller und Pascal Groß. Notfalls kämen zudem auch Nadiem Amiri und Robert Andrich in Frage.

    Nicht dabei ist dagegen: Aleksandar Pavlovic. Rund zwei Jahre nach seinem Durchbruch beim FC Bayern steht der 21-Jährige gewissermaßen am Scheideweg. Sowohl in München als auch im DFB-Team. Das liegt nicht am zweifellos vorhandenen Talent, sondern an wiederkehrenden gesundheitlichen Problemen. In seiner erst kurzen Karriere entwickelte Pavlovic ein undankbares Faible für ungewöhnliche Verletzungen und Erkrankungen.

    Los ging es mit einer Mandelentzündung, die ihm nach seinem DFB-Debüt im Juni 2024 die Teilnahme an der Heim-EM kostete. In der vergangenen Saison fiel Pavlovic wegen eines Schlüsselbeinbruchs und Pfeifferschem Drüsenfieber zweimal wochenlang aus, die Sommer-Vorbereitung verpasst er dann wegen eines Augenhöhlenbruchs.

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  • Tah, PavlovicGetty Images

    Julian Nagelsmann über Aleksandar Pavlovic: "Die Spielzeit ist zu wenig"

    "Ich habe einen guten Draht zu ihm und wir stehen viel im Austausch. Aber die Spielzeit im vergangenen Jahr ist für sein Alter zu wenig", befand Nagelsmann zuletzt. Pavlovic sei "ein außergewöhnlich gutes Sechser-Talent", aber um "Weltklasse-Niveau" zu erreichen, müsse er regelmäßiger spielen. "Wie viel hat Lamine Yamal letztes Jahr gespielt? Ich glaube 100 Prozent. Und eines unserer Top-Talente 33 Prozent. Das sind zwei Drittel weniger Spiele, wenn ich richtig rechne. Das ist schon ein Schlüssel für ihn."

    Yamals 100 Prozent sind zwar ähnlich hochgegriffen wie Pavlovics 33 Prozent tiefgegriffen - aber die Tendenz stimmt. Pavlovic absolvierte in der vergangenen Saison für den FC Bayern 2168 von möglichen 5040 Minuten, das sind 43 Prozent. Zum Vergleich: Yamal stand beim FC Barcelona 84 Prozent aller Minuten auf dem Platz.

    Bereits als Pavlovic im März wegen Pfeifferschem Drüsenfieber ausfiel, äußerte sich Nagelsmann ähnlich - was damals einen öffentlichen Aufschrei auslöste. "Aussagen wie diese sind sehr gefährlich! Das setzt Aleks nämlich unter einen Druck, den er nicht brauchen kann", kritisierte beispielsweise der ehemalige Bundesliga-Stürmer Olaf Bodden, der selbst bis heute mit den Folgen dieser Erkrankung zu kämpfen hat und ein Pflegefall geworden ist.

    Nagelsmann bezeichnete die Interpretationen seiner Aussagen anschließend als "völligen Käse". Sie seien nicht auf die Krankheit per se gemünzt gewesen, sondern grundsätzlich auf Pavlovics Ausfallzeiten.

  • DFB-Team: Ist die "Doppelsechs der Zukunft" schon Vergangenheit?

    In die vergangene Saison startete Pavlovic beim FC Bayern noch als Stammspieler. Weder der 51 Millionen Euro teure Neuzugang Joao Palhinha noch der eigentlich aussortierte Leon Goretzka kamen am Eigengewächs vorbei. 

    Im DFB-Team wurde Pavlovic bei den beiden September-Länderspielen jeweils eingewechselt, ehe er beim prestigeträchtigen Duell mit den Niederlanden im Oktober seine Startelf-Premiere feierte. An der Seite eines zweiten Debütanten: Angelo Stiller. Beide überzeugten, Deutschland gewann 1:0. Von der "Doppelsechs der Zukunft" war die Rede, von einer möglichen Besetzung für die WM 2026, von "Stillovic" gar. Nagelsmann lobte: "Sie haben es beide sehr gut gemacht." 

    Das große Versprechen löste Pavlovic - und übrigens auch Stiller - in der Nationalmannschaft bis dato nicht ein. Beide absolvierten in den elf Monaten seitdem nur noch je ein Länderspiel. Stiller fehlte seinem VfB Stuttgart zwar kaum und ist weiterhin Stammspieler, verpasste aufgrund von muskulären Problemen und einer Sprunggelenksverletzung aber zwei Länderspielphasen. Bei Pavlovic wirken sich die Ausfallzeiten deutlich erheblicher auch auf seine Situation im Klub aus.

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  • CR Flamengo v FC Bayern München: Round Of 16 - FIFA Club World Cup 2025Getty Images Sport

    Leon Goretzka profitierte von Aleksandar Pavlovics Ausfällen

    Der große Profiteur dessen ist Leon Goretzka. Als Pavlovic im Herbst 2024 wegen seines Schlüsselbeinbruchs passen musste, kämpfte sich Goretzka in beeindruckender Manier zurück und feierte im März schließlich sein DFB-Comeback. Seit Pavlovics Genesung gibt es beim FC Bayern ein Wechselspiel zwischen den beiden, aktuell ist Goretzka im Vorteil. 

    Sowohl im Supercup gegen Stuttgart als auch an den ersten beiden Bundesliga-Spieltagen stand der 30-jährige Routinier in der Startelf. Pavlovic durfte einzig im DFB-Pokal gegen den SV Wehen Wiesbaden beginnen - und blieb dabei eher blass. Palhinha wechselte unterdessen leihweise zu Tottenham Hotspur, mit Tom Bischof kam eine neue Alternative.

    Wie geht es weiter mit Pavlovic? Bekommt er seine wiederkehrenden gesundheitlichen Probleme in den Griff? Hoffnungsvoll stimmt immerhin, dass die einzelnen Leiden keinen direkten Zusammenhang miteinander haben. Erkämpft er sich langfristig wieder einen Stammplatz und wird als gebürtiger Münchner zur herbeigesehnten Identifikationsfigur? Gelingt so die Rückkehr in die Nationalmannschaft? Übrigens steht auch Pavlovics Rivale am Scheideweg: Goretzkas Vertrag läuft schließlich kommenden Sommer aus.

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