Ausraster wegen einer "dummen" Frage? Jürgen Klopp sollte sich nach Liverpools Aus gegen Manchester United besser selbst hinterfragen!

Jürgen Klopp war an der Seitenlinie sichtlich fassungslos. Seine Mannschaft des FC Liverpool hatte im Old Trafford gegen Manchester United ein Spiel verloren, das sie hätte gewinnen müssen - und das gleich zweimal: zuerst in der regulären Spielzeit und dann noch einmal in der Verlängerung.

Es war eine absolut vermeidbare Niederlage gegen ein Team, das zuvor große Probleme gehabt hatte. Nach einem zähen Beginn, den Manchester United zur Führung nutzte, hatte sich Liverpool stark ins Spiel gekämpft und das FA-Cup-Viertelfinale mit zwei Toren vor der Pause noch gedreht.

In der zweiten Hälfte hatte Liverpool viele Chancen, das Spiel zu entscheiden, doch dann traf Antony in der 87. Minute zum 2:2-Ausgleich. Von diesem Moment an wirkte Liverpool müde - was nicht weiter verwunderlich ist. Wenn man in vier Wettbewerben um die Titel mitspielt, ist bei einer Mannschaft, die ohnehin schon verletzungsgeplagt ist, irgendwann der Tank leer. Deshalb ärgerte sich Klopp in einem TV-Interview nach dem Spiel, als er gefragt wurde, warum es seiner Mannschaft in der Verlängerung an "Intensität" gefehlt habe. Für Klopp lag die Antwort auf der Hand: es waren und sind zu viele Spiele.

"Eine etwas dumme Frage, muss ich schon sagen. Wir haben was weiß ich, wie viele Spiele in letzter Zeit gespielt. Ich weiß nicht, wie viele Spiele United hatte. Aber das ist Sport", sagte er, bevor er sich unnötigerweise und auf eine eher unwürdige Art mit dem Interviewer anlegte: "Ich bin wirklich enttäuscht von dieser Frage, aber Sie haben sie offensichtlich für gut befunden."

Als der Journalist daraufhin die Frage nach "zu vielen Spielen" stellte, hatte Klopp die Nase voll und er stürmte wütend davon. "Sie sind offensichtlich nicht gut in Form", schnauzte er, "und ich habe keine Nerven für Sie."

  • Inakzeptable Reaktion

    Für viele war das typisch Klopp: ein breites Lächeln nach den Siegen, aber Verbitterung, wenn ein Spiel mal nicht für Liverpool läuft.

    Mit dem Gejammer und seiner gereizten Art tut er sich mit Sicherheit keinen Gefallen. Auch wenn ein gewisser Frust nach solch einem Spiel verständlich ist, so war die Reaktion auf eine harmlose Frage völlig inakzeptabel. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Klopp zu Liverpools schwacher Leistung in der Verlängerung selbst beigetragen hatte.

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  • Liverpool injury list 2023-24 GFX Getty

    Liverpools Verletzungssorgen

    Haben die Reds in dieser Saison wirklich Pech mit Verletzungen? Auf jeden Fall. Klopp verdient ein großes Lob dafür, dass sein Team trotzdem im Kampf um den Titel in der Premier League mitmischt und auch jeweils das Viertelfinale des FA-Cups und der Europa League erreicht hat. Außerdem haben die Reds den Titel im Carabao Cup mit zahlreichen Talenten aus dem eigenen Nachwuchs gewonnen.

    Damit es niemand falsch versteht: Diese Saison zeigt wieder einmal Klopps unglaubliche Fähigkeiten als Trainer und sein überragendes Man-Management. Allerdings war es ein wenig seltsam, im Old Trafford Klopps Jammern über die zu vielen Spiele zuzuhören, da er nur drei Tage zuvor noch seine beinahe beste Mannschaft gegen Sparta Prag aufgestellt hatte.

  • Wataru Endo Liverpool 2023-24Getty Images

    "Sie spielen immer"

    Klopp sagte hinterher, er habe nicht gewusst, welche Spieler er in der Verlängerung auswechseln sollte, weil so viele seiner Schlüsselspieler angeschlagen gewesen wären. "Wir hätten Macca (Alexis Mac Allister) auf jeden Fall auswechseln können, Wataru [Endo] auf jeden Fall, Darwin [Núñez] auf jeden Fall, Lucho [Díaz] haben wir dann ausgewechselt, Joey [Gomez]", gab er anschließend gegenüber Reportern zu. "Sie spielen immer, diese Jungs, und heute auch noch mit einer Verlängerung", sagte er.

    Und genau das ist der Haken: Diese Spieler haben immer gespielt - und Klopp ist dafür mitverantwortlich.

  • Wataru Endo Liverpool Sparta Prague 2023-24Getty

    Verrückte Aufstellung gegen Sparta

    Nachdem Liverpool das Hinspiel in Prag mit 5:1 gewonnen hatte, hätten Endo, Núñez und Gomez auf keinen Fall in der Startformation für das zweite Duell mit Sparta stehen dürfen - das Gleiche gilt für Dominik Szoboszlai, Mohamed Salah und Andy Robertson.

    Bis auf Gomez sind all diese Spieler in den letzten Wochen von mehr oder weniger schweren Verletzungen zurückgekommen. Warum also mussten sie im Rückspiel gegen Prag ran, wenn die Entscheidung bereits im Hinspiel gefallen war?

    Salah, Szoboszlai und Robertson spielten gegen Sparta 90 Minuten - im Old Trafford schaffte keiner von ihnen am Sonntag mehr als 77 Minuten. Auch Gomez wurde noch vor der zweiten Hälfte der Verlängerung wieder ausgewechselt.

    Núñez blieb bis zum Schluss auf dem Platz, hätte aber vorher schon längst ausgewechselt werden müssen, bevor sein Fehlpass - zweifellos eine Folge der Müdigkeit, wie auch Klopp einräumte - United den 3:3-Ausgleich durch Marcus Rashford ermöglichte.

  • Amad Diallo Manchester United Liverpool FA Cup 2023-24Getty

    Der Pokalkracher war wie erwartet anstrengend

    Klopp wollte hinterher bewundernswerterweise niemandem in seinem Team die Schuld für die Fehler geben, die Liverpool das Spiel gekostet hatten, aber er hätte zumindest seine eigene Schuld an der Niederlage anerkennen können.

    Wie erwartet war das Auswärtsspiel beim Rivalen Man United ein intensives Duell, das sowohl körperlich als auch emotional anstrengend war. Der FA-Cup ist schließlich die letzte Chance für United, in dieser Saison einen Titel zu gewinnen. Trainer Erik ten Hag und mehrere hochbezahlte Top-Stars müssen den neuen Klub-Mitbesitzer Sir Jim Ratcliffe und seine Kollegen noch davon überzeugen, dass sie es wert sind, auch in der kommenden Saison das rote Trikot zu tragen. Deshalb war klar, dass es ein echter Pokal-Fight werden würde - insbesondere gegen den verhassten Rivalen aus Liverpool, der selbst noch das Quadruple jagte.

    Das Spiel fand zudem nur eine Woche nach der sensationellen Liverpool-Leistung in der zweiten Halbzeit des Liga-Spiels gegen Manchester City statt. Eine Leistung, die ebensoviel Energie wie Qualität von den Spielern gefordert hatte. Auch deshalb ergab Klopps Entscheidung, einige seiner Top-Stars vor dem hitzigen Pokal-Spiel bei United am Donnerstag gegen Prag wieder zu bringen, keinen Sinn.

  • Jurgen KloppGetty

    "Das erste Mal, dass meine Mannschaft Probleme hat"

    Klopp beschwert sich ständig über den vollgepackten Spielplan - und das oft zu Recht, vor allem wenn es um die Ansetzung von Spielen nach Länderspielpausen geht. Einige Journalisten sind aber auch sehr geschickt darin, ihn mit den entsprechenden Fragen zu provozieren. Sie wissen genau, wie sie ihn auf die Palme bringen können.

    Die Art und Weise, wie er am Sonntag nach dem Schlusspfiff befragt wurde, war jedoch völlig fair. Natürlich durfte Klopp über das Pokal-Aus schwer enttäuscht sein. Es war eine bittere Niederlage - und unter den am Sonntag gesehenen Umständen wäre jeder Trainer wütend über das Ausscheiden gewesen.

    Aber das entschuldigt nicht seinen Wutanfall nach dem Spiel. Denn der war völlig unangebracht. Liverpool wurde nicht vom Schiedsrichter benachteiligt, auch nicht vom VAR. Der übervolle Spielplan bereitet den ohnehin schon verletzungsgeplagten Reds zusätzliche Probleme. Der entscheidende Faktor bei der Niederlage am Sonntag war aber die Müdigkeit der Gäste. Klopp selbst gab zu: "Das war das erste Mal, dass ich gesehen habe, dass meine Mannschaft wirklich Probleme hat. Aber so ist das nun einmal. Wir haben in letzter Zeit sehr viel gespielt." Das stimmt - und das führt natürlich zu Erschöpfung. Aber die war zumindest zu einem gewissen Teil auch vermeidbar.

    Liverpools Spieler haben am Sonntag auf dem Platz viele Fehler gemacht. Aber keiner war schlimmer als der, den Klopp drei Tage zuvor gemacht hatte. Wahrscheinlich war der Grund für seinen großen Frust die späte Erkenntnis, dass er mit einer verrückten Aufstellung gegen Sparta Prag zum Scheitern im Pokal beigetragen hatte. Manchmal trifft halt auch mal ein genialer Trainer eine "dumme" Entscheidung.

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