Rüdiger NagelsmannIMAGO / Team 2

Aus bei Real Madrid und Degradierung beim DFB? Julian Nagelsmann ist bei Antonio Rüdiger in einer großen Zwickmühle

Antonio Rüdiger steht beim DFB-Team unter Beobachtung. Aber nicht aus sportlichen Gründen, sondern aus disziplinarischen. "Das Limit ist erreicht. Mehr sollte er sich nicht erlauben, sonst hat es größere Konsequenzen", sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann Ende Mai.

  • Der Grund: Rüdiger hatte sich bei Real Madrids Pleite im spanischen Cup-Finale gegen den FC Barcelona einen üblen Ausraster geleistet: Erst warf er eine Tape-Rolle in Richtung des Schiedsrichters, dann beleidigte er ihn auch noch deutlich vernehmbar. Der spanische Verband sperrte Rüdiger daraufhin für sechs Spiele. Der nächste Eintrag in seine lange Skandalakte. 

    Bei der WM 2022 schimpfte er einen FIFA-Volunteer "Vollidiot". 2023 wollte ein Fan ein Autogramm von ihm, Rüdiger erwiderte: "Spasti, Spasti". Für Schlagzeilen sorgte auch ein Video aus dem März, als er einem Fan mit Foto-Wunsch zurief: "Du brauchst mich nicht anfassen." In Richtung eines Atletico-Fans zeigte er Anfang des Jahres eine Kopf-ab-Geste. Aufgrund dieser Vorgeschichten gab es in Folge des Clasico-Eklats Forderungen nach einem Rauswurf aus der Nationalmannschaft, Nagelsmann beließ es aber bei einer letzten Drohung.

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    Antonio Rüdiger an beiden Gegentore in der Slowakei beteiligt

    Zumindest indirekt folgte nach dem Debakel gegen die Slowakei zum Auftakt der WM-Qualifikation schon die nächste Drohung des Bundestrainers. Diesmal aus sportlichen Gründen. Gefragt nach dem verheerenden Debüt von Rechtsverteidiger Nnamdi Collins, der schon zur Halbzeit runter musste, erwiderte Nagelsmann: "Nnamdi hatte keinen super Tag, aber ich werde nicht einen Debütanten verantwortlich machen. Es sind Spieler drumherum, die unfassbar viele Spiele hatten." 

    Angesprochen fühlen durfte sich vor allem Rüdiger, der gegen die Slowakei sein 80. Länderspiel absolvierte - mehr hat im aktuellen Aufgebot nur Joshua Kimmich (102). Der erfahrenste Verteidiger war gleichzeitig der schlechteste, Rüdigers Leistung eines Abwehrchefs nicht würdig

    Beim 0:1 ließ er David Hancko einfach laufen, beim 0:2 tanzte ihn David Strelec aus, was bei seinem ehemaligen Mitspielers und jetzigen TV-Experten Bastian Schweinsteiger absolutes Unverständnis auslöste: "Dräng' doch diesen Spieler auf seinen schwächeren rechten Fuß nach Außen und lass ihn nicht in die Mitte. Das Verhalten finde ich nicht gut."

  • DFB-Team: Julian Nagelsmann befindet sich in der Zwickmühle

    Rüdiger schwankt seit jeher zwischen Genie und Wahnsinn. Als Stammspieler gewann er mit dem FC Chelsea (2021) und Real Madrid (2024) die Champions League. Bei der Heim-EM unterlief ihm ein Eigentor gegen Schottland, beim Achtelfinal-Sieg gegen Dänemark wurde er zum Spieler des Spiels gewählt, beim Aus gegen Spanien verteidigte er den Siegtorschützen Mikel Merino nur unzureichend. Im erfolgreichen Nations-League-Herbst 2024 überzeugte Rüdiger, bei den Viertelfinals gegen Italien im März spielte er solide, beim enttäuschenden Final Four fehlte er verletzt. Nun das bedenkliche DFB-Comeback. 

    Eigentlich rechtfertigte Rüdigers Leistung gegen die Slowakei eine Degradierung auf die Bank beim zweiten WM-Quali-Spiel gegen Nordirland am Sonntag. Diese Maßnahme erscheint aber reichlich unwahrscheinlich, Nagelsmann befindet sich in einer Zwickmühle. 

    Nach den Ausfällen der Stammkräfte Marc-Andre ter Stegen, Jamal Musiala und Kai Havertz und nach der unnötigen Versetzung Joshua Kimmichs von rechts hinten in die Mittelfeldzentrale würde der Bundestrainer damit eine weitere Großbaustelle aufmachen, seine ohnehin arg angeknackste Achse völlig sprengen und einen Führungsspieler beschädigen. Wie Maximilian Mittelstädt verriet, war es Rüdiger, der nach dem Debakel in der Kabine das Wort ergriff.

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  • NagelsmannGetty Images

    DFB-Team: Nico Schlotterbeck gilt als Hoffnungsträger

    Tatsächlich wackelte gegen die Slowakei ohnehin die komplette Defensive, auch Rüdigers Nebenmann in der Innenverteidigung Jonathan Tah enttäuschte. Und die beiden möglichen Vertreter Robin Koch und Waldemar Anton empfahlen sich bei ihren wenigen Einsätzen im DFB-Team nicht unbedingt für weitere. Der größte Hoffnungsträger ist aktuell verletzt: Borussia Dortmunds Nico Schlotterbeck. 

    Er könnte aber schon bei der kommenden Länderspielphase im Oktober zurückkehren und direkt in die Startelf rücken. Wohin, das wird spannend. Spielt Schlotterbeck dann als Linksverteidiger? Stellt Nagelsmann auf eine Dreierkette mit Schlotterbeck, Tah und Rüdiger um? Oder opfert er einen der beiden? 

    Rüdiger saß bei Real Madrid beim Sieg gegen RCD Mallorca am vergangenen Wochenende übrigens über 90 Minuten auf der Bank. Stattdessen begannen Eder Militao und Neuzugang Dean Huijsen. Mit Raul Asencio gibt es einen weiteren hochkarätigen Konkurrenten. Was, wenn Rüdiger seinen Stammplatz verliert? Nagelsmanns Zwickmühle würde noch verzwickter werden. Der Bundestrainer betonte zuletzt schließlich, wie wichtig ihm Rythmus bei seinen Spielern ist und begründete damit auch Kimmichs Versetzung ins Mittefeld.

    Rüdigers Zukunft bei Real ist ohnehin ungewiss: Sein Vertrag läuft kommenden Sommer aus, laut As gab es noch keine Verhandlungen wegen einer Verlängerung. Angeblich bemühen sich die Madrilenen stattdessen um ablösefreie Verpflichtung von Dayot Upamecano (FC Bayern) und Ibrahima Konate (FC Liverpool). Rüdiger steht vor wegweisenden Monaten.

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