Myles Lewis-Skelly Arsenal NXGNGetty/GOAL

"Als wäre er in einem Labor gebaut worden": Ein Teenager vom FC Arsenal wird wohl Thomas Tuchels erste große Überraschung bei der englischen Nationalmannschaft

Mittlerweile entscheiden sich nur noch wenige Trainer für klassische Außenverteidiger - sondern viel öfter für Schienenspieler, die offensiv mitackern.

Doch es gibt auch noch eine dritte Option, die ein 18-Jähriger aus dem Norden Londons verkörpert: Den inversen Außenverteidiger, der bei eigenem Ballbesitz ins Mittelfeld geht. Diese Position kennt er noch bestens aus seiner Zeit in der Jugend.

Myles Lewis-Skelly zieht das Rampenlicht bereits in so jungem Alter auf sich und bekommt viel Spielzeit, obwohl Arsenal im Titelrennen keinen Punkt herschenken darf. Auch Englands neuer Nationaltrainer Thomas Tuchel ist offenbar beeindruckt von ihm - und wird ihn laut übereinstimmender Medienberichte ihn bald erstmals berufen.

GOAL beleuchtet einen der talentiertesten Spieler seiner Generation.

  • Die ersten Schritte

    Lewis-Skelly wurde gleich um die Ecke von Highbury und dem Emirates Stadium geboren. Er wuchs im Vorort Islington, im Londoner Norden auf und wurde schon früh von den Scouts der Gunners entdeckt, die ihn im Alter von neun Jahren in ihre Akademie aufnahmen.

    Mit 14 Jahren durfte das Mega-Talent dann bereits für die U18 auflaufen - und spielte selbst dort besser als die meisten anderen. Bei seinem Debüt gegen Reading tanzte er an mehreren Gegenspielern vorbei und vollendete mit einem Hammer in den Winkel.

    Lewis-Skelly wurde damals Mannschaftskamerad und enger Freund von einem gewissen Ethan Nwaneri. Heute spielen beide erfolgreich zusammen bei den Profis der Gunners.

    In der Jugend waren sie die beiden Schlüsselspieler beim Vordringen bis ins Finale des FA Youth Cups 2023: Lewis-Skelly erzielte im Halbfinale gegen Manchester City den Siegtreffer in der Nachspielzeit der Verlängerung. Im Finale hinderte sie dann jedoch West Ham United am Titelgewinn.

    Der ehemalige Arsenal-Spieler Jack Wilshere, ebenfalls einst als Mega-Talent gehandelt und damals Trainer der Jugendmannschaft, sagte: "Er ist ein U16-Spieler, er war also in der Schule und machte sein Abitur und trainierte mit älteren Spielern. So einen Moment wie diesen in der 120. Minute, wenn du nicht viel trainieren kannst, immer noch ein Junge bist und kleine Lungen hast, das war sensationell. Ich glaube, er hat etwas an sich, das ich sehr mag."

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  • Manchester City FC v Arsenal FC - Premier LeagueGetty Images Sport

    Der große Durchbruch

    Lewis-Skelly war in der Jugend so erfolgreich, dass die Arsenal-Fans schon seit Jahren darauf warteten, dass er in die erste Mannschaft berufen wird. Es gab Gerüchte, dass er schon während der titellosen Premier-League-Saison 2023/24 hätte spielen können - doch erst in der aktuellen Spielzeit war es dann soweit. Schon davor geriet er jedoch in die Schlagzeilen.

    In der zweiten Halbzeit des 2:2 bei Manchester City im September 2024 forderte er Torhüter David Raya übrigens auf, Zeit zu schinden, indem dieser eine Verletzung vortäusche. Dafür erhielt er natürlich die Gelbe Karte - und wurde dann zu seinem PL-Debüt eingewechselt.

    Der Teenager wurde in zwei der ersten vier Saisonspiele von Trainer Mikel Arteta von der Bank gebracht und zeigte sofort starke Leistungen.

    Arsenal erlebte zu dieser Zeit viele Aufs und Abs. Selbst unsportliche Szenen wie diese sind Arteta teilweise Recht, um den PL-Titel endlich wieder zu holen.

  • Arsenal v Crystal Palace - Carabao Cup Quarter FinalGetty Images Sport

    So läuft's gerade

    Seit seinem Debüt ist Lewis-Skelly in Artetas Kader fast allgegenwärtig und hat nur drei Spiele wegen einer leichten Verletzung verpasst. Da die Linksverteidiger Riccardo Calafiori und Oleksandr Zinchenko ebenfalls auf dem Behandlungstisch lagen, kam der 18-Jährige über den Winter zu einigen Einsätzen als Linksverteidiger - und festigte seinen Kaderplatz.

    Seitdem er sich in die Stammelf gespielt hat, hat er sich auch gut benommen. Die unsportliche Aktion bei City sorgte für seine einzige Gelbe Karte in der Premier League. Allerdings kam am vergangenen Wochenende die erste Rote Karte hinzu, als Lewis-Skelly beim 0:1 gegen West Ham kurz nach seiner Einwechslung wegen einer Notbremse vom Platz flog.

    Die damit verbundene Sperre hin oder her: Da Zinchenko in schwacher Form ist und Calafiori immer wieder verletzt fehlt, hat Lewis-Skelly die Möglichkeit, diese Position sowohl kurz- als auch langfristig für sich zu beanspruchen.

  • Arsenal FC v Liverpool FC - Premier LeagueGetty Images Sport

    Seine Stärken

    Was Lewis-Skelly von seinen Altersgenossen unterscheidet, ist seine Ruhe und Gelassenheit. Er gerät selten in Panik, wirkt selten nervös, ist immer anspielbar und hellwach. Wenn man ein Arsenal-Spiel einschaltet und nicht weiß, wer er ist, würde man annehmen, er sei einer der Routiniers. Sein Gespür für Pässe zeichnet ihn besonders aus.

    Wie das Tor gegen Reading in der Jugend zeigt, versuchte er sich früher auch im Dribbling und stieß bis in die Box vor. Bei den Profis hält er sich in dieser Hinsicht zurück. Wenn er sich in einigen Monaten oder Jahren jedoch auch unter den Senioren bewiesen hat, dürfte er noch selbstbewusster mit dem Ball am Fuß agieren.

    Auch Mitspieler Declan Rice ist von Lewis-Skellys Fähigkeiten beeindruckt. "Er kann es bis ganz nach oben schaffen, dieser Junge ist etwas ganz Besonderes", sagte er über den Teenager. "Dass ein 18-Jähriger so gut ist, sich so wohl fühlt und so stark ist - als wäre er in einem Labor gebaut worden! Das habe ich neulich zu ihm gesagt, es ist einfach unfassbar, wie gut er ist, aber er hat noch einen langen Weg vor sich. Er ist so besonnen, er hat eine großartige Familie um sich herum. Ich weiß, dass seine Mutter sich sehr gut um ihn kümmert und alle Jungs auf dem Trainingsplatz tun das auch."

    Abschließend fügte Arsenals Rekordeinkauf hinzu: "Wir haben eine wirklich gute Auswahl an jungen Spielern. Er kann der werden, der er werden will, er muss nur fokussiert bleiben und alles geben."

  • Crystal Palace FC v Arsenal FC - Premier LeagueGetty Images Sport

    Woran er arbeiten muss

    Linksverteidiger bei Arsenal zu sein, ist weitaus komplizierter als bei jeder anderen Mannschaft. Die Anforderungen, die Arteta an diese Position stellt, sind so kleinteilig und taktisch komplex, dass es Lewis-Skellys Verdienst ist, dass man ihm in seinem zarten Alter die Schlüssel für diese Rolle anvertraut hat.

    Doch perfekt kann er natürlich noch nicht sein. Gerade in der Defensivbewegung ist ihm anzumerken, dass er früher im Mittelfeld gespielt hat. Hier muss er noch das Gleichgewicht finden.

    Wenn Lewis-Skelly sein Selbstvertrauen aus Juniorenzeiten in das Spiel der Senioren mitnehmen kann, hat er eine lange Karriere auf höchstem Niveau vor sich. Wie Bukayo Saka könnte er sich als spielerisch zu stark erweisen, um als Linksverteidiger eingesetzt zu werden. Es wäre wünschenswert, dass er diese Freiheit bekäme.

  • Atletico Madrid v Real Madrid CF - LaLiga EA SportsGetty Images Sport

    Der nächste ... David Alaba?

    Lewis-Skelly hat einen seltenen Wandel vollzogen: Spieler, die im Mittelfeld sowie als Außenverteidiger spielen können, sind selten.

    David Alaba, der in der Jugend des FC Bayern München als zentraler Mittelfeldspieler ausgebildet wurde, spielte später meistens als Linksverteidiger. Für die österreichische Nationalmannschaft wurde er dann wieder im Mittelfeld aufgeboten. Später in seiner Karriere wurde er dann zum Innenverteidiger - Lewis-Skelly spielte dort für Englands Jugendteams.

    Ein weiterer Spieler Reals, mit dem man den 18-Jährigen von Arsenal vergleichen könnte, ist das Schweizer Taschenmesser Eduardo Camavinga, der ähnlich linksfüßig ist und über die Fähigkeiten eines Verteidigers und Mittelfeldspielers verfügt.

    Die Fans des FC Arsenal hoffen, dass Lewis-Skelly dort weitermacht, wo Zinchenko nach einer herausragenden Saison 2022/23 aufgehört hat, nachdem er von Manchester City gekommen war. Doch der Youngster hat die Chance, seinen eigenen Weg zu gehen.

  • Bukayo Saka Myles Lewis-SkellyGetty Images

    Wie geht es weiter?

    Englands Mangel an Linksverteidigern hat Lewis-Skelly die Möglichkeit eröffnet, nicht nur bald sein Debüt bei den Three Lions unter Thomas Tuchel zu geben. Er ist damit auch ein Kandidat für die WM 2026. Der deutsche Trainer dürfte seine Flexibilität lieben.

    In der Zwischenzeit kann sich Lewis-Skelly darauf konzentrieren, sich einen Stammplatz bei Arsenal im Duell mit teuren Stars zu sichern und diese auf die Bank zu verbannen.