Adriano: Der spektakuläre Aufstieg und Fall des Brasilianers bei Inter Mailand nach dem Tod seines Vaters

Adriano Leite Ribeiro - besser bekannt als Adriano - ist für eine ganze Generation an Fußballfans einer der größten Helden. Brasilien hat seit eh und je zahllose begnadete Offensivspieler hervorgebracht - von den glorreichen Zeiten Pelés bis hin zur aktuellen Ära mit Neymar und Vinicius Jr. Aber Adriano war ein besonderer Fall.

Nie hatte ein Stürmer seinen Mitspielern so viel Angst eingeflößt wie der 1,90 Meter große Hüne aus Rio de Janeiro. Er war kräftig, blitzschnell und technisch brillant. Sein linker Fuß war eine Waffe. In PES 6 bekam er die legendäre Schussstärke von 99.

Selbst Zlatan Ibrahimovic war in seinen besten Jahren von Adrianos Qualität beeindruckt. "Er konnte aus jedem Winkel schießen, niemand konnte sich gegen ihn behaupten, niemand konnte ihm den Ball abnehmen, er war ein reines Tier", sagte der frühere Stürmer Inter-Stürmer 2020 gegenüber Sport Bible.

Ibrahimovics Meinung über Adriano hat jedoch auch eine andere Seite. "Ich habe es genossen, mit ihm zu spielen, gegen ihn zu spielen, aber es ist schade, dass es nur so kurz war", fügte er hinzu. "Fünfzig Prozent von allem, was man tut, ist der mentale Teil."

Adriano erzielte während seiner Zeit bei Inter Mailand 74 Tore in 177 Spielen und schoss 27 Tore für Brasilien in nur 48 Begegnungen - für die meisten Mittelstürmer sind das gute Werte. Aber er hätte Rekorde brechen können, wären da nicht einige Schicksalsschläge gekommen.

Seine Zeit in der Weltklasse währte so nur sehr kurz und sein öffentlicher Niedergang war schmerzlich zu verfolgen. Adrianos Karriere ist vielleicht die quälendste "Was wäre wenn"-Geschichte, die der Fußball je gesehen hat.

  • Adriano-Flamengo-2000Getty

    Adriano: Aus den Favelas von Flamengo

    Adriano wurde in der berüchtigten Favela "Vila Cruzeiro" in Rio de Janeiro geboren - einer kompromisslosen Umgebung voller Verbrechen, Gewalt und Korruption. Er wuchs in Armut auf und hatte nur das Nötigste zum Überleben.

    Inmitten des Chaos, das ihn umgab, entwickelte er einen unglaublichen Willen und fand im Fußball einen Ausweg aus den Alltagsproblemen der Favela. Adriano ging barfuß auf die Straße und auf dreckigen Plätze, um an seinen Fähigkeiten zu feilen. Er trainierte unermüdlich, um eine Chance auf eine große Karriere zu haben.

    In einem Interview mit der Player's Tribune erinnerte sich Adriano an diese Zeit und sprach nur von dem "Spaß", den er damals hatte. Er betonte, dass er eine "echte Kindheit hatte und nicht eine voller Ding-Ding-Ding an den Bildschirmen, wie das die Kinder von heute machen."

    Mit sieben Jahren wurde er in die Akademie von Flamengo aufgenommen, nachdem seine Familie das Geld zusammengelegt hatte, um ihm den Besuch der Schule in Gavea zu ermöglichen. In den folgenden acht Jahren arbeitete er auf sein großes Ziel hin, Profifußballer zu werden. Adriano hat nie daran gezweifelt, dass er es schaffen würde. "Der Ball war immer an meinem Fuß. Er wurde mir von Gott gegeben", sagte er.

    Im zarten Alter von 16 Jahren schaffte er schließlich den Sprung in die A-Mannschaft von Flamengo - trotz einiger Vorbehalte der Trainer bezüglich seiner Statur. Bei seinem zweiten Einsatz gegen São Paulo gelang ihm bereits sein erstes Profi-Tor.

    In der Saison 2000/01 traf Adriano insgesamt neunmal ins Netz und wurde in der brasilianischen Nationalmannschaft zu einem der jüngsten Debütanten. Zu Beginn der darauf folgenden Saison erzielte er drei Treffer in seinen ersten fünf Einsätzen in der brasilianischen Serie A. Zu diesem Zeitpunkt hatte Inter ihn bereits als seinen nächsten großen Superstar ausgewählt.

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  • Adriano-ParmaGetty

    Adriano: Ronaldo's Erbe

    Adriano stellte sich den Nerazzurri-Fans gleich in seinem ersten Spiel vor: Ein besonderes Freundschaftsspiel gegen Real Madrid im Santiago Bernabeu. Als er in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde, zeigte er keine Anzeichen von Nervosität und stürmte bei jeder Gelegenheit auf die Abwehr von Real zu.

    Als Inter einen gefährlichen Freistoß direkt an der Strafraumgrenze bekam, musste er nicht lange überlegen. Adriano nahm Anlauf und schoss den Ball unhaltbar für Iker Casillas in die obere Ecke.

    Dieser besondere Treffer, den er nach eigenen Angaben mit der Weltrekordgeschwindigkeit von 169 Kilometer pro Stunde erzielt haben will, besiegelte den 2:1-Sieg von Inter. Seine Gesamtleistung beeindruckte auch Kapitän Javier Zanetti. Der Argentinier sagte nach dem Spiel zu Reportern: "Ich habe mir gesagt: 'Das ist der neue Ronaldo'."

    Von da an wurde Adriano auf Schritt und Tritt mit "Il Fenomeno" verglichen. Aber er musste auf seine große Chance bei Inter warten. Denn die Führungsetage entschied nach einem halben Jahr, dass eine Leihe für seine Entwicklung am besten sei.

    Die Fiorentina holte ihn dann für die zweite Hälfte der Saison 2001/02 und er erzielte sechs Tore in seinen ersten 15 Spielen. Aber Inter entschied sich gegen eine Rückkehr und verkaufte ihn an die AC Parma. Adriano wurde im Ennio-Tardini-Stadion schon bald seinem Ruf als Ronaldos Nachfolger gerecht.

    In den folgenden zwei Spielzeiten erzielte Adriano in 37 Serie-A-Spielen für Parma 23 Tore und bildete dabei ein unglaubliches Sturm-Duo mit Adrian Mutu. Inter erkannte, dass es ein Fehler war, ihn gehen zu lassen. Im Januar 2004 verpflichteten sie Adriano für 23 Millionen Euro und banden ihn mit einem Vierjahresvertrag.

    "Ich bin glücklich, wieder nach Hause zu kommen", sagte er bei seiner Vorstellung. "Ich bin mir sicher, dass ich bei Inter ein großartiger Spieler werde."

  • Adriano-Inter-Empoli-2004Getty

    "Der Herrscher von Mailand"

    Adriano verschwendete keine Zeit, um Inter zu zeigen, was sie verpasst hatten. In der Rückrunde der Saison 2003/04 war er nicht mehr zu stoppen und erzielte in 16 Serie-A-Spielen neun Tore, darunter einen beeindruckenden Doppelpack am letzten Spieltag gegen Empoli. Diese gingen zwar in Führung, doch Adriano erzielte in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit mit einem fulminanten Kopfball den Ausgleich, nachdem er eine gefühlte Ewigkeit in der Luft gestanden war.

    Adriano holte sich dann den Ball 20 Minuten vor Schluss in der Hälfte von Empoli, dribbelte an drei Verteidigern vorbei, sagte dem Torhüter mit einer Körpertäuschung gute Nacht und schob den Ball ins leere Tor.

    Mit seiner überragenden Leistung bei dem 3:2-Sieg sicherte er der Mannschaft von Trainer Alberto Zaccheroni den vierten Platz und die Qualifikation für die Champions League.

    Dies war der Tag, an dem der "Herrscher bzw. Kaiser von Mailand" geboren wurde. Der frühere Empoli-Verteidiger Emilson Cribari erinnert sich noch genau. "Auf seinem Höhepunkt ist er neben Ronaldo der am schwersten zu stoppende Spieler auf dem Platz gewesen", sagte Cribari 2022 gegenüber ESPN.

    "Es gibt dieses berühmte Foto von ihm, wie er in dem Spiel, das ihm den Spitznamen "Kaiser" einbrachte, ohne Hemd jubelt... Ich sollte ihn da eigentlich decken. An diesem Tag habe ich seine ganze Kraft und Qualität gespürt."

    In der folgenden Saison erzielte Adriano wettbewerbsübergreifend 28 Tore, gewann die Coppa Italia und etablierte sich als einer der besten Stürmer in Europa. Aber in der Weltklasse konnte er sich nicht lange halten - was nicht zuletzt an Ereignissen lag, auf die er keinen Einfluss hatte.

  • Adriano-Copa-America-Brazil-2004Getty

    Eine Tragödie um seinen Vater nach der Copa América

    Adriano musste warten, bis seine Zeit in der brasilianischen Nationalmannschaft gekommen war und er zum Stammspieler wurde. Doch die Geduld zahlte sich aus. 2004 wurde er von Trainer Carlos Alberto Parreira in den Kader zur Copa América berufen. Was Adriano in den ersten sechs Monaten seit seiner Rückkehr zu Inter geleistet hatte, konnte ihm nicht entgangen sein.

    Wichtige Spieler der brasilianischen Mannschaft, die 2002 die WM gewannen, bekamen eine Auszeit - darunter Ronaldinho, Cafu, Roberto Carlos und Ronaldo. Parreira wollte die nächste Generation brasilianischen Fußballstars aufbauen. Zu Adriano gesellten sich Spieler wie Júlio César, Maicon, Luis Fabiano und Vágner Love, als die Seleção in Peru auf die Suche nach ihrem siebten Copa-Stern ging.

    Adriano trat bei diesem Turnier in Ronaldos Fußstapfen und übertraf die Erwartungen auf der größten Bühne. Brasilien eröffnete die Gruppenphase mit einem hart umkämpften 1:0-Sieg gegen Chile, bevor Costa Rica 4:1 platt gemach wurde.

    Der "Kaiser" von Inter Mailand erzielte dabei einen lupenreinen Hattrick. Jedes Tor unterstrich seine einzigartigen Fähigkeiten: überragende Technik, Stärke, Sprungkraft und Ruhe am Ball. Brasilien zog ins Viertelfinale ein und traf dort auf Mexiko, wo Adriano einmal mehr im Mittelpunkt stand.

    Mit einem Doppelpack trug er dazu bei, dass Parreiras Mannschaft einen klaren 4:0-Sieg einfuhr und das Halbfinale gegen Uruguay erreichte. "La Celeste" war ein härterer Gegner für Brasilien. Durch Adrianos Tor stand es nach 90 und 120 Minuten 1:1. Auch im anschließenden Elfmeterschießen, das die Seleção mit 5:3 für sich entschied, verwandelte er einen Strafstoß. Das einzige Team, das dem Titelgewinn noch im Wege stand, war der ewige Rivale Argentinien.

    Doch kurz vor Schluss ging Argentinien durch César Delgado mit 2:1 in Führung. Eine der bittersten Niederlagen ihrer Geschichte stand bevor und Brasilien verzweifelte.

    Im gegnerischen Strafraum bietet sich dann die Chance. Adriano reagiert am schnellsten auf einen freiliegenden Ball, legt ihn sich mit dem Rücken zum Tor zurecht und zimmert das Leder dann Volley ins Eck. Adriano zieht sein Trikot aus, wirbelt es über seinem Kopf wie ein Lasso und sprintete zu den Fans. Im Elfmeterschießen sichert sich Brasilien die Copa - natürlich trifft Adriano auch hier, beim 4:2.

    "Ich kann nicht erklären, wie ich mich gerade fühle... Das ist definitiv der größte Moment meiner Karriere", sagte er nach dem Spiel, während er seine Tränen zurückhielt. "Dieser Titel gehört meinem Vater. Er ist mein großer Freund im Leben, mein Partner. Ohne ihn bin ich nichts."

    Adriano lag die Welt zu Füßen. Er kehrte mit der Goldmedaille der Copa América und der Auszeichnung zum Spieler des Turniers nach Mailand zurück. Doch dann erhielt er die Nachricht, die sein Leben für immer veränderte.

    Am 3. August 2004 erfuhr Adriano am Telefon, dass sein Vater im Alter von 44 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben war. Mit einem plötzlichen Schicksalsschlag hatte er seine größte Stütze verloren. Den Mann, der ihn unter schwierigsten Bedingungen großgezogen und ihm geholfen hatte, seinen Traum zu verwirklichen.

    "Als er den Anruf über den Tod seines Vaters erhielt, waren wir im Zimmer", erzählte sein Inter-Mitspieler Zanetti später bei Tuttomercatoweb. "Er schlug das Telefon [zurück auf den Hörer] und fing an zu schreien, wie man es sich nicht vorstellen kann. Das erschüttert mich heute noch. Nach diesem Anruf war nichts mehr so wie vorher".

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    "Meine Liebe für den Fußball war danach nie wieder dieselbe"

    Adrianos Erfolg in der Saison 2004/05 war erstaunlich, wenn man bedenkt, was für einen emotionalen Ballast er mit sich herumtrug. Er widmete seine Tore seinem verstorbenen Vater, indem er beim Jubeln in den Himmel zeigte, was zu seinem neuen Markenzeichen wurde. Aber tief in seinem Inneren hatte er Probleme, damit fertig zu werden.

    "Meine Liebe zum Fußball war nie mehr dieselbe", sagte er gegenüber der Player's Tribune. "Ich war auf der anderen Seite des Ozeans in Italien, weit weg von meiner Familie, und ich konnte es einfach nicht verkraften. Ich war so deprimiert, Mann. Ich fing an, viel zu trinken. Ich wollte nicht trainieren. Das hatte nichts mit Inter zu tun. Ich wollte nur noch nach Hause."

    Adrianos Gewicht begann zu schwanken und die Verletzungen häuften sich. Glücklicherweise spielte er immer noch in einer sehr starken Inter-Mannschaft, die seine schwindende Qualität überdeckte.

    Trainer Roberto Mancini führte die Nerazzurri in der Saison 2005/06 zu einem weiteren Titel in der Coppa Italia und der Suppercoppa Italia sowie zum ersten Scudetto seit 1989 - obwohl man die Saison in der Serie A auf dem dritten Platz beendete. Der ursprüngliche Meister Juventus Turin und das zweitplatzierte AC Mailand wurden beide für ihre Beteiligung an einem Skandal um Spielmanipulationen bestraft: Juventus Turin stieg in die Serie B ab und der AC Mailand wurden für die folgende Saison acht Punkte abgezogen.

    Adriano beendete die Saison mit 19 Toren in 47 Spielen und schaffte es in den endgültigen Kader Brasiliens für die Weltmeisterschaft 2006. In Deutschland stand er schließlich an der Seite von Ronaldo, Ronaldinho und Kaká. Doch die Mannschaft war nur noch ein Schatten derjenigen, die vier Jahre zuvor in Südkorea und Japan den Titel geholt hatte.

    Brasilien erreichte relativ leicht das Achtelfinale und wurde mit neun Punkten Gruppensieger. Adriano traf beim 2:0-Sieg gegen Australien, doch Ronaldo stellte ihn mit einem Doppelpack beim 4:1-Sieg gegen Japan in den Schatten. Beide trafen beim Sieg der Seleção gegen Ghana im Achtelfinale, doch im Viertelfinale gegen Frankreich wurde es eng. Adriano musste sich mit einem Kurzauftritt von der Bank begnügen, während Zinedine Zidane Les Bleus zu einem 1:0-Sieg führte.

    Mit gerade einmal 24 Jahren hätte Adriano die besten Jahre seiner Karriere noch vor sich haben sollen. Doch die Motivation des Inter-Stürmers sank nach dem Turnier noch weiter.

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    Die lange Trennung von Inter

    Zu Beginn der Saison 2006/07 kämpfte Adriano gegen seine Alkoholsucht. Er begann, sich hinter den Kulissen mit den Funktionären von Inter zu streiten und verpasste regelmäßig Spiele. Die Nerazzurri gewannen den Scudetto, aber er konnte nur sechs Tore erzielen. Ibrahimovic und Crespo übernahmen derweil seine Rolle. In der folgenden Saison geriet die Situation noch weiter außer Kontrolle.

    Im November 2007 wurde Adriano für 18 Monate unbezahlten Urlaub nach Brasilien geschickt. "Ich konnte nicht schlafen und erschien jeden Tag betrunken zum Training", sagte er im Gespräch mit dem brasilianischen Magazin R7 über diese Zeit. Er unterzog sich einem umfassenden physischen und psychologischen Rehabilitationsprogramm im Trainingszentrum von São Paulo und schloss sich dem Verein im Dezember offiziell auf Leihbasis an. Adriano erzielte in 19 Einsätzen für São Paulo elf Tore, aber machte weiterhin Schlagzeilen durch seine Eskapaden abseits des Platzes.

    Er fehlte weiterhin beim Training und wurde wöchentlich in Nachtclubs gesichtet. Es dauerte nicht lange, bis er nach Mailand zurückgeschickt wurde. Der Sportdirektor von São Paulo, Carlos Augusto de Barros e Silva, sagte im Juni 2008: "Wir haben einen ausgeglichenen Kader und es war besser für Adriano, zurückzugehen."

    Er kehrte in die Umkleidekabine Inters zurück, das mittlerweile von einem gewissen José Mourinho trainert wurde, um die Champions League zu gewinnen. Und der Portugiese machte seine Haltung zu Adriano deutlich, als er zu seiner möglichen Rolle in der Mannschaft befragt wurde. "Die Mannschaft ist wichtiger als Adriano. Er ist einer von 30 Spielern, die mir zur Verfügung stehen", sagte Mourinho. "Adriano wird in der Startelf, wenn ich es sage, nicht die Presse."

    Man muss Adriano zugutehalten, dass er sich danach für kurze Zeit auf den Fußball konzentriert hat. Mourinho setzte ihn zwar nur selten ein - aber wenn, dann lieferte er und verhalf Inter so zum vierten Serie-A-Titel in Folge. Aber er konnte weder seine Konzentration noch seine Disziplin aufrechterhalten.

    Als er Anfang April nach einer Länderspielreise nach Italien zurückkehrte, sah es nicht gut aus. "Ich weiß nicht, ob ich einen, zwei oder drei Monate Pause machen werde. Ich werde meine Karriere überdenken", sagte er.

    Inter blieb keine andere Wahl, als Adrianos Vertrag ein Jahr früher aufzulösen. Mourinho zeigte sich überraschend verständnisvoll: "Inter hat alles getan, um Adriano zu helfen, bevor ich kam. Und mit mir, als Trainer und Mensch, haben auch der Präsident und seine Mannschaftskameraden alles getan. Das Wichtigste ist, dass er glücklich ist. Wenn er glücklich ist, wenn er aufhört, ist alles perfekt."

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    Adriano: Rückkehr nach Brasilien

    Trotz seiner bitteren Trennung von Inter wurde Adriano von Flamengo in seiner Heimatstadt mit offenen Armen empfangen. Er unterzeichnete im Mai 2009 einen Einjahresvertrag im Maracanã-Stadion und wurde bei seinem Debüt mit Begeisterung empfangen. Berichten zufolge verkaufte der Verein 50.000 zusätzliche Karten für das Spiel gegen Athletico Paranaense. Die Zuschauer skandierten, nachdem er aus dem Tunnel kam: "Der Kaiser ist zurück."

    Adriano sorgte mit einem Tor für den 2:1-Sieg von Flamengo und auch danach schoss er einige Treffer. Oberflächlich betrachtet schien es, als habe er seine Leidenschaft für den Fußball wiederentdeckt.

    "Die Leute denken, dass es Wahnsinn war, den Millionenvertrag [bei Inter] aufzugeben, den ich hatte. Aber die Wahrheit ist, dass ich nicht genug Geld habe, um für meine Familie zu sorgen", sagte er im Oktober. "Ich habe so viele Millionen liegen gelassen, aber dafür bin ich glücklich.

    Flamengo holte die erste brasilianische Meisterschaft seit 17 Jahren und Adriano wurde mit 19 Treffern geteilter Torschützenkönig. Doch hinter den Kulissen sah es nicht so rosig aus, wie es schien. Adrianos Fitness gab immer noch Anlass zur Sorge und er geriet mit einigen Mitarbeitern von Flamengo aneinander. Außerdem wurde er von der Polizei wegen seiner angeblichen Verbindung zu einem bekannten Drogenhändler befragt.

    Die offizielle Erklärung für sein Fehlen am vorletzten Spieltag der Saison brachte das Chaos auf den Punkt. Er konnte nicht spielen, nachdem er sich eine Fußverletzung zugezogen hatte, die er sich angeblich beim Tritt auf eine Glühbirne zugezogen hatte. Aber niemand in den brasilianischen Medien glaubte diese Ausrede.

    Am Ende kam auch bei Flamengo keiner mit ihm zurecht. Aber einige Vereine in Europa wollten noch einmal versuchen, das Beste aus ihm herauszuholen.

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    Adriano: Romas Glücksspiel geht nach hinten los

    Die Roma verpflichtete Adriano im Juni 2010 ablösefrei. Bei der WM 2010 in Südafrika wurde er von Trainer Dunga nicht in den brasilianischen Kader berufen.

    Die Giallorossi gaben ihm unerklärlicherweise einen Dreijahresvertrag, der mit 5 Millionen Euro pro Saison dotiert war.

    Auf der Vorstellungs-PK gab Adriano noch eine gute Figur ab: "Ich bin froh, wieder in Italien zu sein und das Trikot der Roma zu tragen, das so viel Verantwortung mit sich bringt", sagte Adriano. "Heute bin ich reifer und zurückgekehrt, um das zu beweisen". Die Fans, die auf sein Geschwätz hereinfielen, wurden schnell eines Besseren belehrt.

    Adriano war immer noch übergewichtig, als er zur Saisonvorbereitung erschien und zog schnell den Zorn von Cheftrainer Claudio Ranieri auf sich. "Wach auf!", soll der italienische Trainer zu Romas neuer Nummer 9 bei einer frühen Trainingseinheit gesagt haben. "Schneller, schneller, konzentrierter. Es ist, als wüsstest du nicht, was du mit dem Ball an deinen Füßen machen sollst."

    Zu Beginn der Saison 2010/11 wurde Adriano erneut von Verletzungen geplagt und er konnte sich nicht dauerhaft in der Mannschaft etablieren. Im Januar 2011 kam er in der Coppa Italia gegen den Erzrivalen Lazio Rom zu einem seiner seltenen Einsätze - doch dabei stürtzte er unglücklich, kugelte sich die Schulter aus und brach sich den Arm.

    Adriano erhielt während der Verletzung die Erlaubnis, nach Brasilien zurückzukehren. Aber er blieb länger als erwartet. Nachdem er eine Reihe von Flügen nach Italien ausgelassen hatte und nicht zur medizinischen Untersuchung erschienen war, bezeichnete die Roma sein Verhalten als "unprofessionell und unentschuldbar".

    Der frühere brasilianische Nationalspieler entschuldigte sich, als er schließlich wieder in Rom landete. Aber er hatte seine Lektion nicht gelernt. "Ich habe einen Fehler gemacht, aber ich glaube nicht, dass die Vorwürfe begründet sind."

    Die Roma entließ Adriano nur wenige Tage später. Nicht einmal ein einziges Tor erzielte er für die Römer.

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    "Ein Loch in meinem Knöchel und in meiner Seele"

    Adriano suchte erneut Trost in seinem Heimatland und strebte einen dritten Wechsel zu Flamengo an. Der damalige Cheftrainer Vanderlei Luxemburgo soll den Wechsel jedoch aufgrund der anhaltenden Probleme des Stürmers abseits des Fußballs abgelehnt haben.

    Die Corinthians waren aber bereit, ihm eine weitere Chance zu geben und Adriano betonte, dass er immer noch viel zu bieten habe. "Corinthians wird es nicht bereuen, ich bin ein Kämpfer. Ich komme nicht, um Ärger zu machen, sondern um Tore zu schießen", erklärte er gegenüber der Zeitung Folha de São Paulo.

    Adriano bestritt auch, dass sein angeblich unkontrollierter Lebensstil der Hauptgrund für seinen Abgang bei der Roma war: "Ich sah einfach keinen Grund zu bleiben. Ich war dreimal verletzt, durfte nicht regelmäßig spielen und dachte, das sei ein Zeichen, nach Brasilien zurückzukehren."

    Weniger als einen Monat nach seiner Vorstellung riss sich Adriano im Training dann die Achillessehne, wodurch sich sein Debüt für Corinthians um sieben Monate verzögerte. Von der Verletzung sollte er sich nie erholen und er verließ den Verein im März 2012. Erst im darauffolgenden August kam er wieder zurück - Flamengo gab ihm eine allerletzte Chance. Doch auch sie vertrauten ihm nicht mehr und gaben ihm nur einen leistungsbezogenen Vertrag.

    Wie erwartet hielt er es nur drei Monate im Maracanã aus, probierte sich dann noch bei Athletico Paranaense und Miami United, bis er 2016 mit 34 Jahren (endlich) die Schuhe an den Nagel hängte.

    "Als ich mir 2011 die Achillessehne gerissen habe? Mann, da wusste ich, dass es für mich körperlich vorbei war", erklärte er gegenüber der Players' Tribune. "Meine Explosivität war weg. Mein Gleichgewicht war weg. Scheiße, ich humple immer noch", erzählte der frühere Angreifer und fuhr fort: "Es war dasselbe, als mein Vater starb. Nur dass die Narbe in mir war. Ich habe ein Loch in meinem Knöchel und eines in meiner Seele."

    Sein volles Potenzial hat Adriano zwar nie konstant abgerufen, doch trotzdem wird er immer in Erinnerung bleiben. Seine schönsten Tore können auch einige der besten Spieler heute nicht nachahmen.

    2021 wurde er in den Walk of Fame des Maracanã aufgenommen - eine Ehre, die ihn zu Tränen rührte. Nur einige der besten Spieler aller Zeiten verdienten dieses Privileg: Ronaldinho, Pelé, Romario, Zico und Garrincha. Mit diesen kann er sich jedoch nur zur Anfang seiner Karriere vergleichen. Ansonsten ist es wohl viel wichtiger, dass es ihm mental nun besser geht.