Adriano musste warten, bis seine Zeit in der brasilianischen Nationalmannschaft gekommen war und er zum Stammspieler wurde. Doch die Geduld zahlte sich aus. 2004 wurde er von Trainer Carlos Alberto Parreira in den Kader zur Copa América berufen. Was Adriano in den ersten sechs Monaten seit seiner Rückkehr zu Inter geleistet hatte, konnte ihm nicht entgangen sein.
Wichtige Spieler der brasilianischen Mannschaft, die 2002 die WM gewannen, bekamen eine Auszeit - darunter Ronaldinho, Cafu, Roberto Carlos und Ronaldo. Parreira wollte die nächste Generation brasilianischen Fußballstars aufbauen. Zu Adriano gesellten sich Spieler wie Júlio César, Maicon, Luis Fabiano und Vágner Love, als die Seleção in Peru auf die Suche nach ihrem siebten Copa-Stern ging.
Adriano trat bei diesem Turnier in Ronaldos Fußstapfen und übertraf die Erwartungen auf der größten Bühne. Brasilien eröffnete die Gruppenphase mit einem hart umkämpften 1:0-Sieg gegen Chile, bevor Costa Rica 4:1 platt gemach wurde.
Der "Kaiser" von Inter Mailand erzielte dabei einen lupenreinen Hattrick. Jedes Tor unterstrich seine einzigartigen Fähigkeiten: überragende Technik, Stärke, Sprungkraft und Ruhe am Ball. Brasilien zog ins Viertelfinale ein und traf dort auf Mexiko, wo Adriano einmal mehr im Mittelpunkt stand.
Mit einem Doppelpack trug er dazu bei, dass Parreiras Mannschaft einen klaren 4:0-Sieg einfuhr und das Halbfinale gegen Uruguay erreichte. "La Celeste" war ein härterer Gegner für Brasilien. Durch Adrianos Tor stand es nach 90 und 120 Minuten 1:1. Auch im anschließenden Elfmeterschießen, das die Seleção mit 5:3 für sich entschied, verwandelte er einen Strafstoß. Das einzige Team, das dem Titelgewinn noch im Wege stand, war der ewige Rivale Argentinien.
Doch kurz vor Schluss ging Argentinien durch César Delgado mit 2:1 in Führung. Eine der bittersten Niederlagen ihrer Geschichte stand bevor und Brasilien verzweifelte.
Im gegnerischen Strafraum bietet sich dann die Chance. Adriano reagiert am schnellsten auf einen freiliegenden Ball, legt ihn sich mit dem Rücken zum Tor zurecht und zimmert das Leder dann Volley ins Eck. Adriano zieht sein Trikot aus, wirbelt es über seinem Kopf wie ein Lasso und sprintete zu den Fans. Im Elfmeterschießen sichert sich Brasilien die Copa - natürlich trifft Adriano auch hier, beim 4:2.
"Ich kann nicht erklären, wie ich mich gerade fühle... Das ist definitiv der größte Moment meiner Karriere", sagte er nach dem Spiel, während er seine Tränen zurückhielt. "Dieser Titel gehört meinem Vater. Er ist mein großer Freund im Leben, mein Partner. Ohne ihn bin ich nichts."
Adriano lag die Welt zu Füßen. Er kehrte mit der Goldmedaille der Copa América und der Auszeichnung zum Spieler des Turniers nach Mailand zurück. Doch dann erhielt er die Nachricht, die sein Leben für immer veränderte.
Am 3. August 2004 erfuhr Adriano am Telefon, dass sein Vater im Alter von 44 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben war. Mit einem plötzlichen Schicksalsschlag hatte er seine größte Stütze verloren. Den Mann, der ihn unter schwierigsten Bedingungen großgezogen und ihm geholfen hatte, seinen Traum zu verwirklichen.
"Als er den Anruf über den Tod seines Vaters erhielt, waren wir im Zimmer", erzählte sein Inter-Mitspieler Zanetti später bei Tuttomercatoweb. "Er schlug das Telefon [zurück auf den Hörer] und fing an zu schreien, wie man es sich nicht vorstellen kann. Das erschüttert mich heute noch. Nach diesem Anruf war nichts mehr so wie vorher".