Wie begegnen Sie in diesem Kontext der Tatsache, dass das Unternehmen Red Bull bei deutschen Fußballanhängern nicht gerade hoch im Kurs steht?
Krawietz: Das spielte keine Rolle. Wir waren jetzt auch in den neun Jahren zuvor nicht in Deutschland tätig. In England ist es vollkommen üblich, dass ein Klub von einem Investor geführt wird, der als Geldgeber fungiert und strategische Entscheidungen trifft. Wenn man sich nun fragt, warum es in Deutschland so ist, dass sich dies noch nicht durchgesetzt hat, geht es auch um die Frage, wie professionell und kommerziell vermarktet der Fußball sein darf. Eine hoch interessante Diskussion, die aber so alt ist wie der Fußball selbst.
Sollte man sich in Deutschland mehr in Richtung Investoren öffnen?
Krawietz: Wir müssen in Deutschland jedenfalls aufpassen. Man muss sich im Fußball fragen: Was wollen wir? Wie weit wollen wir uns von einer globalen Entwicklung abkoppeln, weil uns die eigene korrekte Vorgehensweise eben wichtiger ist? Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten ein, zwei Dekaden nicht drumherum kommen werden, uns diesen modernen Entwicklungen im Spitzenfußball zu stellen. Sonst werden wir von anderen Ländern, die sich dem nicht verschließen, noch weiter abgehängt, als wir das sowieso schon sind. Davor darf man die Augen nicht verschließen. Wenn wir weiter mithalten wollen, müssen wir dazulernen.
Zuletzt wurde erstmals die Klub-WM mit 32 Vereinen ausgetragen. Klopp sagte, das Turnier sei "die schlechteste Idee, die jemals im Fußball umgesetzt wurde". Stimmen Sie ihm zu?
Krawietz: Voll und ganz. Das ist in meinen Augen auch keine Fußball-Idee, sondern eine Geschäftsidee. Ich glaube, dass sich kaum ein Spieler gefreut hat, dafür seinen wohlverdienten Urlaub opfern zu müssen. Ihnen fehlt dadurch die körperliche und auch geistige Erholung. Die meisten von ihnen werden dann bis zur WM 2026 auf bestimmt 70 bis 75 Partien ohne große Pausen kommen. Das erste Spiel von Bayern München endete sage und schreibe 10:0. Mit diesem Ergebnis wurde der sportliche Wert bereits auf den Kopf gestellt.
Die Belastungsgrenze für die Spieler ist mittlerweile also überschritten?
Krawietz: Natürlich. Warum quetscht man einen solchen Wettbewerb in einen übervollen Terminkalender hinein, wenn die Spieler jetzt schon nicht wissen, wie sie ihre Körper instand halten sollen? Die haben keine Luft mehr zum Atmen. Sie müssen nur noch irgendwie funktionieren und zusehen, dass sie gesund bleiben. Das tut mir einfach weh, weil es zu Lasten einer guten sportlichen Entwicklung geht. Es findet kein Training mehr statt, sondern nur noch Regeneration. So kann das Spiel nicht mehr besser werden, weil es keine Zeit gibt, sich über seinen eigenen Fußball Gedanken zu machen, um ihn dann mit systematischer Trainingsarbeit zu verbessern.
Die Lobby für die Klub-WM war bei den teilnehmenden deutschen Klubs groß. Es hieß mehrfach, freilich gänzlich abgekoppelt vom Thema Belastung, auf anderen Kontinenten giere man regelrecht nach diesem Wettbewerb.
Krawietz: Dass Manager es cool finden, wenn sie zweistellige Millionensummen in die Kassen gespült bekommen, wundert ja nicht. Das wird dann natürlich als unschlagbares Argument genutzt. Aus Trainer-Perspektive denkst du aber in erster Linie an die brutalen Belastungen für deine Spieler und dass das irgendwann negative Auswirkungen haben wird. Es schreit daher danach, dass man weltweit darüber nachdenken muss, wie man den Fußball organisieren möchte. Was findet eigentlich wann statt? Das muss dringend angeglichen werden. Wenn jeder nur nach seinen eigenen Interessen herumwurschtelt, leiden letztlich Vereine, Spieler und Fans darunter.