GFX Achraf Hakimi Real Madrid

Real Madrid: "Operation Neymar" wird im Gigantenduell mit PSG zum X-Faktor


HINTERGRUND

21 Sekunden sind in einer Fußball-Saison von September bis Anfang Juni eine sehr kurze Zeitspanne. Fällt nicht gerade ein wichtiges Tor in diesem Zeitraum, spielt er in der Rückbetrachtung meist keine Rolle mehr. Denn in 21 Sekunden wird kein neuer Star verpflichtet, kein Spiel gewonnen und keine taktische Meisterlösung erarbeitet. Und dennoch werden 21 Sekunden, weniger als eine halbe Minute, für Real Madrid im Achtelfinale der Champions League gegen Paris Saint-Germain zum X-Faktor.

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Denn so lange brauchte Dani Carvajal im vorletzten Spiel der Gruppenphase gegen APOEL Nikosia, um einen Einwurf auszuführen. Der Plan hinter der kuriosen Aktion: Der Rechtsverteidiger wollte mit absichtlichem Zeitspiel eine Gelbe Karte provozieren, um im unbedeutenden letzten Gruppenspiel gegen Borussia Dortmund eine Sperre abzusitzen und so unbelastet in die K.o.-Phase einziehen zu können. 

Die UEFA ahndete die Unsportlichkeit des Nationalspielers, Carvajal wurde eine weitere Sperre aufgebrummt. Er wird das Achtelfinal-Hinspiel gegen die Pariser Startruppe verpassen. Was bitter genug erscheint, ist es bei genauerem Hinsehen umso mehr. Denn auf der linken Außenbahn der Franzosen wirbelt Neymar. Anstatt dem Superstar den bissigen Carvajal, seines Zeichens einer der besten Außenverteidiger der Welt, zur Seite zu stellen und die Gefahr des Serienmeisters so an der Wurzel zu packen, muss sich Zinedine Zidane einen Plan B einfallen lassen.

Plan B: mangelhaft

Und das ausgerechnet in einem Spiel, das wohl für den größten medialen Wirbel in der Geschichte der Achtelfinals sorgen wird. Denn mit Real trifft der amtierende Champion, die perfekt geölte Maschine, die in den vergangenen vier Jahren dreimal den Henkelpott in die Höhe stemmen durfte, auf PSG. Den Klub, der im Sommer mit dem Neymar-Deal den teuersten Wechsel der Fußball-Geschichte tätigte und mit dem 25-Jährigen, Monaco-Neuzugang Kylian Mbappe und Co. die Lücke zu den Besten der Besten endlich schließen will. Und am besten bereits in diesem Jahr den Titel erringen will. 

Dass den Königlichen nun also ausgerechnet der direkte Gegenspieler Neymars fehlt, ist umso bitterer. Denn die Alternativen heißen Achraf Hakimi und Nacho Fernandez. Ersterer ist zu jung und unerfahren, um es mit einem der besten Spieler des Planeten aufnehmen zu können. Und Zweiterem fehlt es an Klasse. Es liegt nun an Zidane, der in der Vergangenheit nicht unbedingt als Schöpfer taktischer Kniffe bekannt war, dieses die bereits jetzt wankende Saison bedrohende Problem zu lösen.

PSG nutzt Schwächen eiskalt aus

Zumal das Hinspiel im Santiago Bernabeu stattfindet. Es gilt also auf der einen Seite, in der Offensive kraftvoll und dominant aufzutreten und auf der anderen Seite gegen die aktuell vielleicht beste Konter-Mannschaft der Welt die eigene rechte Flanke zu schützen, die durch Carvajals Fehlen verwundbar ist. 

Was Paris gegen verwundbare Top-Mannschaften zu leisten im Stande ist, zeigte die Mannschaft von Unai Emery im Hinspiel gegen den FC Bayern. Zwar hatte der deutsche Meister statistische Vorteile, bei Kontern zerlegte PSG ihn aber immer wieder mit geradlinigem Passspiel in seine Einzelteile, am Ende stand es 3:0 - eine Machtdemonstration!

GFX Achraf Hakimi Real Madrid
Anfang November wurde Achraf Hakimi 19 Jahre alt. Nun könnte er die Aufgabe erhalten, Neymar zu stoppen

Macht Casemiro den Rudy?

Was also tun? Eine Möglichkeit könnte das Rückspiel des FCB liefern. Mit konsequentem Verengen der Räume, besonders derer um Neymar, machte man den Gästen in der Allianz Arena das Leben schwer. Der Brasilianer wurde nicht von der Leine gelassen und zeigte so nur ein einziges Mal seine immense Qualität. Nur 50 Prozent seiner Zweikämpfe gewann er, lediglich zweimal schoss er aufs Tor - in den fünf vorigen Partien traf er starke sechsmal ins Schwarze.

Bayerns Mittel war ein perfekt getimtes Zusammenspiel zwischen Joshua Kimmich und Sebastian Rudy. Es ist also durchaus denkbar, dass sich Zweikampfmonster Casemiro asymmetrisch verhält, sein Zentrum, das er vor der Kette in den defensiven Bewegungen beherrscht, verlässt und sich nach rechts orientiert, um dem gerne in die Mitte steuernden 222-Millionen-Euro-Mann die Freiheit zu nehmen.

Die Problematik des direkten Duells, das gegen Top-Teams wie PSG nicht vermieden werden kann, ist aber auch mit einer taktischen Anpassung im Mittelfeld nicht gelöst. Noch immer muss Zidane einen Rechtsverteidiger aufstellen. Hakimi und Nacho zahlten in der laufenden Saison beide schon Lehrgeld, Tottenham knackte Real beim 3:1 in der Gruppenphase vor allem über die Außen - ob durch direkte Flügelangriffe oder durch das Auseinanderziehen der königlichen Ordnung.

Duell um die Welt

Man darf gespannt sein, was sich Reals Verantwortliche einfallen lassen im Hinspiel. Denn natürlich wissen sie alle um die immense Bedeutung des Giganten-Duells. Es geht um Geld, Prestige und natürlich um das Ziel beider, die beste Mannschaft der Welt zu sein. 

Fakt ist: Das Gelingen der "Operation Neymar" wird ein schwieriges Unterfangen, wenn nicht eine Mission Impossible. Und wie sagte Ethan Hunt, der von Tom Cruise verkörperte Agent in der gleichnamigen Serie gleich noch? "Es ist viel schlimmer, als sie denken." Und alles Kopfzerbrechen in der spanischen Hauptstadt nur wegen 21 Sekunden auf einer kleinen Insel namens Zypern. 

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