GFX Lucien Favre Borussia Dortmund BVBGetty Images

Neuer BVB-Trainer: Warum Lucien Favre trotz schwierigem Charakter eine gute Wahl ist


KOMMENTAR

Nun hat ihn Borussia Dortmund also, den neuen Trainer, den Nachfolger von Peter Stöger: Lucien Favre, der vor einigen Tagen seinen Abschied vom OGC Nizza bekanntgegeben hatte, übernimmt ab kommender Saison das Traineramt beim BVB und erhält einen Vertrag bis 2020.

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"Die Verpflichtung von Lucien Favre als Trainer ist ein wichtiger Teil unseres sportlichen Neustarts in diesem Sommer", sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc. "Er genießt bei uns hohe Wertschätzung für seine fachlichen Qualitäten."

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Favre ist ein bekanntes Gesicht aus der Bundesliga, ein Mann, dessen Fußballsachverstand außer Zweifel steht, der seine Qualitäten als Trainer hinlänglich unter Beweis gestellt hat. Und doch fragen sich viele durchaus zu Recht: Favre und Dortmund - passt das überhaupt?

BVB: Favre ist nicht wie Klopp

Der Schweizer gilt als schwieriger Charakter, als jemand, der trotz all seines Wissens häufig mit Selbstzweifeln zu kämpfen hat. Als einer, der - ähnlich wie Ex-Dortmund-Coach Thomas Tuchel - knallhart und nüchtern analysiert, gerne aneckt, sturköpfig sein kann. Und nicht unbedingt für Fan-Nähe und emotionale Verschmelzung mit einem Verein steht, wie es etwa Jürgen Klopp tut.

Zudem hinterließ er weder bei Hertha BSC, seiner ersten Station in Deutschland, noch bei Borussia Mönchengladbach innige Verhältnisse zu den Vereinsoberen. Vielmehr ging er im Zwist, brach sein Engagement in Gladbach abrupt ab, trat nach seiner Entlassung in Berlin gegen den Klub nach.

Es wird keine einfache Aufgabe für BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Zorc, mit Favre klarzukommen. Aber: Der 60-Jährige wird genau wissen, worauf er sich einlässt, wird die Chance, endlich bei einem absoluten Topklub arbeiten zu dürfen, unbedingt beim Schopfe packen wollen.

"Er wird sich auch selbst weiterentwickelt haben. Darum habe ich keinen Zweifel, dass Dortmund mit ihm eine gute Wahl getroffen hat", sagte Ex-Hertha-Manager Dieter Hoeneß, der Favre 2007 vom FC Zürich nach Berlin holte, der Welt.

Favre hat bei Dortmund passendes Spielermaterial

Sportlich ist Favre ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Ob in Berlin, in Gladbach oder zuletzt in Nizza - überall hat er die Mannschaft schnell besser gemacht, dabei in Gladbach, als er in schier aussichtsloser Situation kam und die Fohlen innerhalb von nur einem Jahr vom fast sicheren Absteiger zum Champions-League-Anwärter formte, bewiesen, dass er auch unter hohem Druck exzellente Arbeit verrichten kann.

Favre lässt gerne offensiven, mutigen Fußball spielen, arbeitet gerne mit jungen Spielern und wirft sie ins kalte Wasser, liebt Profis, die technisch auf einem hohen Niveau agieren können. "Dortmund hat viele von diesen Spielern. Das würde passen", sagte Ex-Bayern-Verteidiger Dante, der in Gladbach und Nizza unter Favre spielte, dem Sportbuzzer.

Zudem gilt Favre im Umgang mit seinen Spielern als deutlich herzlicher und einfühlsamer als Tuchel. Er weiß, wie er unterschiedlichste Charaktere handhaben muss, brachte in Nizza einen gewissen Mario Balotelli wieder in Top-Form. Favre will jedes kleine Detail ausarbeiten, verkörpert eine Akribie, die ihres gleichen sucht. Und in positiver Art und Weise anstecken kann.

Neuer BVB-Coach Lucien Favre: Seine bisherigen Trainerstationen

1991 bis 1995FC Echallens (Schweiz)
1996 bis 2000Yverdon Sport (Schweiz)
2000 bis 2002Servette Genf (Schweiz)
2003 bis 2007FC Zürich (Schweiz)
2007 bis 2009Hertha BSC (Deutschland)
2011 bis 2015Borussia Mönchengladbach (Deutschland)
2016 bis 2018OGC Nizza (Frankreich)
ab 1. Juli 2018Borussia Dortmund

"Er arbeitet noch genauer als andere und fordert sehr viel von dir. Wenn du mitziehst, macht dich Favre jeden Tag besser", sagte der Finne Alexander Ring, der in Gladbach von Favre gecoacht wurde, mal im Spox-Interview.

In Dortmund findet der Schweizer Spieler vor, die fußballerisch großes Potenzial haben: Reus oder Dahoud, die er noch von der anderen Borussia kennt, Pulisic, Yarmolenko, Castro, Weigl, Schürrle, Kagawa, Akanji oder allen voran Mario Götze, den er mit seiner Versessenheit auf Kleinigkeiten enorm weiterbringen könnte. Zudem hat der BVB mit Dan-Axel Zagadou, Jadon Sancho oder Sergio Gomez riesige Talente im Kader, mit denen der neue Coach so gerne arbeitet.

Hitzfeld über Favre: "Wer Balotelli zähmt, kann auch Dortmund führen"

Die herausragenden und vielseitigen Qualitäten als Trainer überwiegen eindeutig das vermeintliche Risiko, dass der mitunter komplizierte und launische Sturkopf Favre mitbringt. "Schwierig zu sein, das spricht auch für viel Charakter", sagte der frühere BVB-Coach Ottmar Hitzfeld dem Blick. "Und Favre hat Mario Balotelli gezähmt. Wer das schafft, kann auch Borussia Dortmund führen."

Favre wird wahrscheinlich nicht der Typ, den die Südkurve im Dortmunder Signal Iduna Park leicht ins Herz schließt. Aber er hat hundertprozentig das Zeug dazu, ein Team auf den Rasen zu schicken, das die Südtribüne Woche für Woche in Ekstase versetzt, das den BVB wieder um Titel spielen lässt. Und genau darum geht es doch.

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