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Liverpools Rekordtransfer Virgil van Dijk: Ein notwendiger Biss in den sauren Apfel


HINTERGRUND

"Offense wins games, defense wins championships" lautet ein bekanntes Sprichwort aus der Welt des Sports. Natürlich ist es das spektakuläre Offensivspiel, das den Fan begeistert und ihn Woche für Woche ins Stadion treibt. Doch will man zum Saisonende Trophäen einsammeln, ist auch im Fußball ein funktionierender Defensivverbund essenziell.

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Diese Erfahrung macht seit einigen Jahren auch der FC Liverpool. Lange warten die Anhänger der Reds bereits auf einen großen Titel, der letzte Triumph in der Premier League datiert gar aus der Spielzeit 1989/90. Seit der Amtsübernahme von Jürgen Klopp begeistert die Mannschaft an der Anfield Road wieder mit rasantem Umschaltspiel und aggressivem Gegenpressing, doch auch unter dem deutschen Trainer ist bislang noch kein Titel gelungen.

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Als Problem hat sich dabei ganz klar die Defensive entpuppt. In der vergangenen Saison kassierte von den Top-Teams in Englands Beletage nur der FC Arsenal mehr Gegentore als Liverpool. Auch in dieser Saison hat man nach 20 Spieltagen wieder die zweitmeisten Gegentore aller Spitzenklubs. Diese Problematik ist den Reds selbstredend bekannt, so versuchte man bereits im Sommer den Hebel an der richtigen Stelle anzusetzen und Southamptons Virgil van Dijk an die Merseyside zu lotsen. Damals noch ohne Erfolg.

Ist van Dijk die Lösung für Klopps Probleme?

Nun ist es den Verantwortlichen also doch gelungen, jedoch für einen mehr als stolzen Preis. Eine Ablöse von kolportierten 84,5 Millionen Euro macht den Niederländer zum teuersten Verteidiger aller Zeiten. Doch stellt der 26-Jährige damit auch die Lösung für Klopp und seine Farben dar?

Zunächst einmal sollte bei einer sportlichen Bewertung die Ablösesumme so weit wie möglich außer Acht gelassen werden. Die Preise auf dem Markt wachsen gefühlt exponentiell an, vor allem in der Premier League sind viele Klubs aufgrund des gigantischen TV-Vertrags nicht unbedingt auf Transfererlöse angewiesen. "Ich kann mir vorstellen, dass die Leute denken: 'Wow, was für eine Zahl', aber für mich ist das nicht interessant. Wir machen die Preise nicht, der Markt macht die Preise", erklärte Klopp angesprochen auf van Dijks Ablösesumme gegenüber Sky Sports.

Das ist auch der Grund dafür, warum sich der 50-Jährige im gleichen Atemzug mit einem Appell an die eigenen Anhänger richtete. "Das erste, das alle Liverpool-Fans schnell vergessen sollten, ist der Preis", sagte er. "Wir reden nur über den Spieler und was er einbringen kann." Doch was genau kann er denn einbringen?

Liverpool-Abwehr die Achillesferse

Die Offensive um Mohamed Salah, Roberto Firmino, Sadio Mane und Philippe Coutinho gehört zu den besten Angriffsreihen Europas, auch im Mittelfeld ist man mit Spielern wie Emre Can, Georginio Wijnaldum, Alex Oxlade-Chamberlain oder Adam Lallana mehr als ordentlich aufgestellt. Die Achillesferse bleibt hingegen die Viererkette in Verbund mit der Torhüter-Position. Van Dijk wird in der Innenverteidigung zum Einsatz kommen. Diese wird er dann voraussichtlich mit dem Ex-Schalker Joel Matip bilden.

Für Jamie Carragher, einen ehemaligen Abwehrchef der Reds, ist der Neuzugang ein erhebliches Upgrade zu den bisherigen Optionen Dejan Lovren oder Ragnar Klavan. "Er ist in der Luft besser als ich, er ist schneller als ich, er ist ruhiger am Ball als ich", schrieb der 39-Jährige bei Twitter angesprochen auf einen Vergleich zwischen ihm als aktiver Profi und der Neuverpflichtung und fügte scherzhaft an: "Und er schießt keine Eigentore."

In der Tat dürfte der niederländische Nationalspieler eine Verstärkung für die Mannschaft von Klopp darstellen. In der aktuellen Premier-League-Spielzeit gewinnt van Dijk 73,3 Prozent seiner Zweikämpfe, damit liegt er unter den Verteidigern hinter Kurt Zouma (74,5%) auf Platz zwei. Auch in der Luft ist er eine Bank: 74 Prozent seiner Luftzweikämpfe kann er für sich entscheiden. Ligaweit haben nur Zouma (79%) und Bald-Teamkollege Joel Matip (80%) eine bessere Quote vorzuweisen.

Dabei attestieren ihm die Experten in England eine seiner schlechtesten Halbserien seit seiner Ankunft im Jahr 2015. Sein Neu-Trainer ist von den Qualitäten van Dijks jedenfalls mehr als überzeugt: "Die Qualität, die Mentalität, der Charakter, aus diesen Gründen sind wir glücklich, ihn hier zu haben", so Klopp. "Er muss unseren Spielstil annehmen, es ist ein anderes Spiel, aber wir sind uns zu 100 Prozent sicher, dass er das machen wird."

Van Dijk in der Champions League spielberechtigt

Und auch der Spieler selbst freut sich tierisch darauf, ab dem 1. Januar endlich loslegen zu können. "Heute ist ein großer Tag für mich und meine Familie, denn ich habe mich einem der größten Fußballklubs angeschlossen", verkündete er nach Bekanntgabe des Transfers auf Instagram . "Ich kann es kaum erwarten, das erste Mal im roten Trikot vor 'The Kop' aufzulaufen. Ich werde alles geben, um mit dem Klub in den nächsten Jahren etwas Besonderes zu erreichen."

Van Dijk kann durchaus die dringend benötigte Verstärkung für die Defensive darstellen, um sich dauerhaft in der absoluten Tabellenspitze Englands etablieren zu können. Möglicherweise müssen dafür aber noch weitere Schritte folgen. Eine Soforthilfe wird er aber definitiv sein, denn der 1,93 Meter große Rechtsfuß wird auch in der Champions League spielberechtigt sein. Dort trifft man im Achtelfinale auf den FC Porto und hat dabei gute Chancen, erstmals seit 2009 wieder die Runde der letzten Acht zu erreichen.

Den Verantwortlichen an der Anfield Road wird klar sein, dass sie bei diesem Transfer bezüglich Ablösesumme und Verhandlungsposition in den sauren Apfel gebissen haben, doch bei den ambitionierten Zielen des Klubs war ein frühstmögliches Handeln quasi unumgänglich. Die Meisterschaft wird in dieser Spielzeit sehr wahrscheinlich an Manchester City gehen, doch vielleicht kann van Dijk mit seinem neuen Klub in der Champions League einen Coup landen. Ansonsten dürfte dieser Transfer bereits in Hinblick auf die neue Saison getätigt worden sein - und vielleicht trifft der Fall "Defense wins championships" zur Freude aller Anhänger ja schon bald ein.

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