*GER ONLY* Niklas Süle Jupp Heynckes FC Bayern

Bayerns Niklas Süle im Interview: "Ich bin ein Typ, der das auch mal braucht"


INTERVIEW

Niklas Süle startete beim FC Bayern München durch und absolvierte in der laufenden Saison mehr Pflichtspiele als Mats Hummels und Jerome Boateng. Im exklusiven Interview mit Omnisport und Goal erklärt der Innenverteidiger, warum er "felsenfest davon überzeugt" ist, dass sich Leon Goretzka in München durchsetzen wird und sogar das Zeug zum Führungsspieler hat.

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Außerdem spricht er über sein Verhältnis zu Trainer Jupp Heynckes und Uli Hoeneß' einstige Vision vom FC Bayern Deutschland.

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Niklas, 15 Spiele in der Liga, fünf in der Champions League, zwei im Pokal - und das in der ersten Saison beim FC Bayern trotz der starken Konkurrenz. Hätte es für Sie persönlich überhaupt besser laufen können?

Niklas Süle: Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben wir wieder ganz gut in die Liga gefunden. Ich persönlich bin sehr froh, dass ich mit vielen Einsätzen meinen Teil dazu beitragen konnte. Ich habe meine Erwartungen auf jeden Fall übertroffen. Ich wusste zwar, dass ich meine Chancen bekommen würde, aber dass ich so viel spielen würde, war nicht abzusehen. Das freut mich sehr und ist auch wichtig für meine Entwicklung.

Ein Knackpunkt für die Spieler und den gesamten Verein war die 0:3-Niederlage im Champions-League-Gruppenspiel bei Paris Saint-Germain. Was unterscheidet den FC Bayern aus dem September 2017 vom heutigen?

Süle: In Paris haben wir nicht das Gesicht des FC Bayern gezeigt. In der Folge haben wir die Dinge klar angesprochen, die an diesem Abend schiefgelaufen sind. Zudem hat der Verein einen Trainerwechsel vollzogen. Hinzu kommt, dass sich jeder Spieler selbst hinterfragt hat. Es ist ja nicht immer nur die Schuld des Trainers. Wir haben hart gearbeitet und uns so aus der Situation herausgekämpft. Und jetzt haben wir wieder ein ganz gutes Polster in der Liga. 

Inwiefern hat sich Ihr eigenes Spiel durch Jupp Heynckes verändert und wie würden Sie ihr Verhältnis beschreiben?

Süle: Er verlangt mir sehr viel ab, ist oft sehr kritisch. Ich habe zwar schon ein bisschen was an Erfahrung gesammelt in meiner Karriere, bin aber immer noch ein sehr junger Spieler. Jupp Heynckes ist jahrelang auf Top-Niveau Trainer gewesen, hat das Triple geholt. Da hört man ganz genau hin. Ich bin sehr froh, dass er sich so intensiv mit mir beschäftigt und dass er auch mal ein bisschen lauter wird. Ich bin ein Typ, der das auch mal braucht.

*GER ONLY* Niklas Süle Jupp Heynckes FC Bayern

Was auffällt, ist die große Gefahr, die vom FC Bayern in dieser Saison bei Standardsituationen ausgeht. Legt Heynckes darauf im Training einen besonderen Fokus?

Süle: So viel haben wir Standards unter Jupp Heynckes gar nicht trainiert. Man sieht aber, dass James einen überragenden linken Fuß hat und die Dinger genau auf den Kopf haut. So etwas gibt es nicht so oft. Er hat nicht umsonst bei Real Madrid gespielt und steht jetzt beim FC Bayern unter Vertrag. Er tut uns unheimlich gut, bringt zudem oft Ruhe ins Spiel, kann drei, vier Gegenspieler auf sich ziehen, sodass auf den Flügeln Platz ist. Er verlagert die Bälle gut und spielt schlicht überragend, seit er hier ist. Bei den Standards kommt hinzu, dass wir viele großgewachsene Spieler im Kader haben, die auch torgefährlich sind. Dann ist es abzusehen, dass man auch mal erfolgreich ist. Ich persönlich bin allerdings noch nicht so zufrieden, da ich schon relativ viele Chancen hatte, aber nicht viele Tore daraus gemacht habe. Wenn man aber die gesamte Teamleistung bei Standards sieht, ist das schon sehr gut. 

Am nächsten Samstag geht es gegen Ihren Ex-Verein 1899 Hoffenheim. Dort arbeitet mit Julian Nagelsmann ein Trainer, der auch schon im Hinblick auf die mögliche Nachfolge von Jupp Heynckes genannt wurde. Was zeichnet Nagelsmann aus?

Süle: Julian ist ein sehr akribischer Trainer mit unheimlich großem Fachwissen. Ich würde sogar sagen: ein Taktikfreak. Das grenzt im Training schon manchmal an Schule, so sehr muss man da im Kopf mitdenken. Er bringt die Mannschaft immens weiter, weil er auch Übungen trainieren lässt, die ich vorher noch gar nicht kannte. Er überlegt sich immer etwas Eigenes, etwas Neues. Er hat auch Spaß dabei, mal eine neue Übung zu erfinden. Das rührt daher, dass er den Fußball liebt und unglaublich viel Ahnung von Taktik hat. Zudem ist er menschlich ein überragender Typ, der auf die Mannschaft zugeht, mit den Spielern redet, und sehr jung im Kopf ist. Ich kenne Julian schon, seit er 23 ist, und ich muss sagen: Ab und zu ist er immer noch wie ein junger Spieler, der auch mal unaufgewärmt aufs Tor bolzt. Er macht auch immer Späße, ist wirklich ein Top-Trainer. 

In der Bundesliga haben Sie schon 16 Punkte Vorsprung auf die zweitplatzierten Leverkusener. Bayers Polster auf den Relegationsplatz beträgt wiederum nur 15 Punkte. Vereinfacht gefragt: Ist der FC Bayern zu stark oder die Liga zu schwach?

Süle: Wir haben am Wochenende gegen Werder gespielt. Die Bremer stehen momentan auf einem Abstiegsplatz, haben uns aber wirklich alles abverlangt. Damit ist die Frage eigentlich schon beantwortet. Auch vergangene Saison haben wir es mit Hoffenheim gesehen, dass die Liga deutlich an Qualität dazugewonnen hat. Wenn man zum Beispiel sieht, wie sich 1899 in den vergangenen Jahren entwickelt hat, ist das schon beeindruckend. Und Hoffenheim ist da sicher nicht der einzige Verein, der gut gearbeitet hat. Der FC Augsburg etwa spielt auch wieder einen super Fußball. Da sieht man, dass jede Mannschaft jeden schlagen kann. Wenn Bayern 16 Punkte Vorsprung hat, sieht das immer so aus, als würden wir uns komplett absetzen, aber wir müssen ganz hart für unsere Punkte arbeiten. Deswegen ist jedes Spiel in der Bundesliga ein schwieriges Spiel.

In der Liga sollte dennoch nichts mehr anbrennen, im Pokal sind die namentlich größten Konkurrenten bereits ausgeschaltet und in der Champions League geht es gegen Besiktas. Wie sehen Sie die Titelchancen in Ihrer ersten Bayern-Saison?

Süle: Wenn ich das Triple holen könnte, würde ich das in meiner ersten Bayern-Saison mit Kusshand nehmen. Was dahintersteckt, wie viele Spiele man absolvieren und dass man sich immer wieder auf Top-Niveau bringen muss, habe ich allerdings auch schon gemerkt. Wir müssen bis Mai alles raushauen und schauen, was möglich ist. Wir haben jedenfalls in allen drei Wettbewerben eine gute Ausgangsposition, müssen uns aber auch noch in vielen Dingen verbessern, um - vor allem international - erfolgreich zu sein. 

Kommende Spielzeit könnte Bayern noch stärker werden. Leon Goretzka wechselt nach München. Was wird er dem FCB bringen?

Süle: Leon ist seit Jahren ein sehr guter Freund von mir. Ich freue mich unglaublich, dass er zu uns kommt. Von seiner Qualität her kann er hier ein Führungsspieler werden. Er ist jemand, der vorangeht. Das hat man schon in der U16-Nationalmannschaft gesehen. Wenn er da auf dem Platz stand, ist er vorweg gegangen. Leon ist wirklich ein sehr guter Einkauf für den FC Bayern und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass er sich durchsetzen wird. 

Der Schalker Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies hat für Schlagzeilen gesorgt, als er meinte, seine erste Reaktion auf den Transfer sei der Gedanke gewesen, dass Goretzka nie mehr das Trikot des FC Schalke tragen sollte. Wie bewerten Sie diese Aussage?

Süle: Ich habe das nicht gehört, aber wenn das wirklich so gesagt wurde, ist das keine gute Aktion vom Verein. Leon ist ein absoluter Führungsspieler, der sich dazu bekannt hat, bis zum Sommer alles für Schalke zu geben. Da ist es eine schwache Geste, vor allem nach seinen Verdiensten, nach den sehr guten Spielen, die er auf Schalke gemacht hat. Man darf nicht vergessen, dass er als junger Spieler auch Verantwortung übernommen hat. Den Unmut der Fans versteht man zwar teilweise, aber auch da sollte man sich überlegen, dass er immer noch bis zum Sommer ihr Spieler ist, der jetzt auch in der Startelf stand. Da ist es nicht förderlich für seine Leistung, wenn er so ausgepfiffen wird. Leon hat eine Entscheidung getroffen, die für mich absolut nachvollziehbar ist. Er will den nächsten Schritt gehen - und von seiner Qualität her kann er auch den nächsten Schritt gehen. Deswegen finde ich das von Vereinsseite ein bisschen unglücklich.

Uli Hoeneß' einstige Vision vom FC Bayern Deutschland nimmt immer konkretere Züge an. Mit Goretzka und Serge Gnabry kommen nächste Saison zwei weitere deutsche Spieler nach München. Wie stehen Sie der Idee gegenüber, möglichst viele Nationalspieler in München zu versammeln?

Süle: Das ist ein guter Weg. Heutzutage muss man die jungen Spieler lange an den Verein binden. Ich denke, dass Serge und Leon die Qualität haben, um beim FC Bayern zu spielen. Das hat auch jeder in Deutschland gesehen. Zudem spricht das auch für den 1995er-Jahrgang, wenn wir mit vier Leuten aus der U-Nationalmannschaft beim FC Bayern vertreten sind. Jo (Joshua Kimmich, Anm. d. Red.) und ich haben darüber mal gesprochen, für uns ist das eine tolle Sache. Man sieht ja auch, dass man hier wirklich spielen kann, dass der Verein auf junge Leute setzt, und versucht, die jungen Spieler weiterzubringen. . 

Im Sommer steht die WM in Russland an. Gehen Sie aufgrund Ihrer bisherigen Leistungen inzwischen davon aus, dass der Bundestrainer Sie nominieren wird?

Süle: Ich denke, dass es in der Nationalmannschaft nur ganz wenige Spieler gibt, die sich sicher sein können, dabei zu sein. Einige haben sich ihr Standing über Jahre erarbeitet. Aber wenn man sieht, was wir in Deutschland für Spieler haben und dabei auch an den Confed Cup denkt, ist die Konkurrenz unheimlich groß. Gerade auf meiner Position gibt es gefühlt zehn Spieler, die in Frage kommen. Ich würde mich sehr freuen, dabei zu sein, das ist auf jeden Fall ein Ziel. Ob es dann am Ende reicht, wird der Trainer entscheiden. Aber es wäre auf jeden Fall eine Riesensache für mich.

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