Javi Martinez Celtic Bayern Munchen Champions League 311017Getty Images

Javi Martinez: Der Halloween-Held von Glasgow


HINTERGRUND

Gerade noch rechtzeitig meldete sich Javi Martinez zu Wort. 'Happy Halloween' wünschte er seinen Followern auf Instagram am späten Dienstagabend. Auf dem dazugehörigen Foto war er bestens präpariert. Selbst Jean Reno hätte kaum einen härteren Killerblick aufsetzen, selbst das beste Kunstblut nicht echter aussehen können. Denn Javi Martinez' Blut war echt. Es lief von der rechten Augenbraue die Wange hinunter, erst sein Bart konnte den Fluss stoppen.

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"Ich habe versucht, den Ball mit Herz und mit allem, was ich hatte, zu treffen, und Gott sei Dank war er drin. Es hat wehgetan, aber ich ziehe mir gerne jedes Spiel einen Cut zu, wenn ich dabei ein Tor schieße. Es ist nur Blut", sagte Martinez später in der Interviewzone des Celtic Parks. Von dem Blut war da schon gar nichts mehr zu sehen, ein weißes Pflaster an der Schläfe versteckte die Platzwunde und ließ den Spanier wieder ziemlich normal und weitaus weniger nach Halloween-Schreck aussehen. Als bestenfalls möchtegern-gruselig wäre er so noch durchgegangen.

Zugezogen hatte sich Martinez die Wunde im Champions-League-Gruppenspiel des FC Bayern München beim Celtic FC. Nach 77 Minuten segelte eine Flanke von David Alaba in den Strafraum, Martinez traf mit seinem Schädel erst den Ball und dann den Kopf von Nir Bitton. Die Kugel landete hinter dem geschlagenen Craig Gordon unten links im Netz. Es war der Treffer zum 2:1-Endstand. Jener Treffer, der den Weg ins Achtelfinale ebnete und die kleine Chance auf den Gruppensieg wahrte.

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"Der Trainer", lachte Martinez hinterher, "war nicht happy, dass ich in der Situation so weit vorne war. Aber ich kenne diese Position, ich habe sie lange gespielt und ich hatte einfach das Gefühl, dass ich Gefahr hervorrufen kann, wenn ich vorne reingehe."

"So einen brauchen wir"

Nachdem Martinez unter Pep Guardiola und Carlo Ancelotti zumeist als Innenverteidiger eingesetzt wurde, ist er unter seinem alten, neuen Trainer Jupp Heynckes wieder als Sechser gefragt - so wie in der Triple-Saison 2012/13. Martinez ist Heynckes' Schlüsselspieler, er ist das Herzstück im Mittelfeld. Derjenige, der das eigene Spiel ordnen, aber vor allem das des Gegners zerstören soll. 

"Javi ist da natürlich unheimlich wichtig. Im Spiel gegen den Ball macht er es sehr gut, und heute erzielt er dann auch noch das entscheidende Tor. Da kann man ihn nur loben", schwärmte Arjen Robben. "Super" habe Javi gespielt, meinte Sven Ulreich: "Er macht viele Wege, läuft viele Räume zu, ist sicher im Passspiel. So einen vor der Abwehr brauchen wir, das ist enorm wichtig, weil er unsere Defensive stabilisiert."

Martinez war in Glasgow tatsächlich einer der besten, wenn nicht der beste Münchner. Er hatte nach Rafinha die meisten Ballaktionen, er klärte am häufigsten, er fing die meisten Bälle ab, führte die meisten Kopfballduelle und gewann starke 80 Prozent davon. Martinez war der entscheidende Mann in einem überraschend ausgeglichenen Spiel, in dem Celtic häufiger aufs Tor schoss als die Bayern (12:8), mehr Zweikämpfe gewann (54 Prozent) und mehr Ecken hatte (5:4).

"Das gibt es nicht oft auf der Welt"

Kingsley Coman brachte die Gäste zunächst in Führung, nachdem sich die Defensive der Bhoys genauso verschätzt hatte wie Keeper Gordon. Später erzielte Callum McGregor den zwischenzeitlichen Ausgleich. "Es war erwartet eng. Ich hatte nicht erwartet, dass wir Celtic hier an die Wand spielen vor diesem Publikum. Uns war klar, dass es ein schweres Spiel wird", sagte Mats Hummels, hauptberuflich Innenverteidiger und privat Verfechter des stimmungsvollen Fußballs. 

Nach 80 Minuten stand er eigentlich schon zur Einwechslung bereit, dann wurde er jedoch wieder zum Warmmachen geschickt, und schließlich musste er mit ansehen, wie nicht er, sondern Thiago Alcantara in der Nachspielzeit als letzter Joker aufs Feld schritt. "Es war sogar angedacht, dass ich spiele, aber ich habe im Abschlusstraining bei einem langen Schritt muskuläre Probleme bekommen. Heute war es zwar wieder gut, aber der Trainer hat vernünftigerweise entschieden, kein Risiko einzugehen. Ich hätte bei Bedarf spielen können, aber er hat gesagt: 'Dann lieber nicht'", erklärte er. 

Die "unfassbare Stimmung" im Paradise habe er dennoch "sehr genossen", versicherte der Weltmeister. Auch Matchwinner Martinez sprach von einer "unglaublichen Atmosphäre" während eines "intensiven Kampfs". Robben hob indes nicht nur "dieses Ambiente", sondern auch das respektvolle Verhalten der Celtic-Fans hervor, die nach Schlusspfiff nicht nur ihre eigene, sondern auch die Mannschaft des FC Bayern beklatschten. "Das", sagte Robben, "gibt es nicht oft auf der Welt."

Bayern vor "absolutem Top-Spiel"

Trotz des sechsten Erfolgs im sechsten Spiel unter Heynckes war allerdings längst nicht alles gut bei den Münchnern. Die Bayern taten sich sichtlich schwer gegen eine individuell deutlich schlechter besetzte Truppe, die gegen Tabellenführer Paris Saint-Germain 0:5 verloren hatte.

Nachdem der in Glasgow zuweilen vogelwild agierende Arturo Vidal und Thiago Alcantara als falsche Teilzeit-Neuner gegen Leipzig keine allzu gute Figur abgegeben hatten, setzte Heynckes diesmal auf James Rodriguez in vorderster Front. Der Kolumbianer tauchte überall auf, nur nicht im Sturmzentrum. In der zweiten Halbzeit stießen dann Robben und Coman vermehrt ins Offensivzentrum, auch das war nicht allzu wirkungsvoll. 

"Ich glaube auch, dass die Besetzung im Mittelfeld nicht immer richtig war. Es geht nicht nur um den Stürmer, es geht um das Gesamtpaket. Darum, wie wir stehen und wie wir es ausspielen. Wir hätten das besser machen können", sagte Robben. 

Gut also, dass Robert Lewandowski im Bundesligaspiel bei Borussia Dortmund am kommenden Samstag (18.30 Uhr im LIVE-TICKER) zurück in der Startelf erwartet wird. "Die gewisse Anspannung ist immer da, weil es einfach ein absolutes Top-Spiel ist", sagte Hummels, der sich als Verfechter des stimmungsvollen Fußballs auf ein erneutes Highlight freuen darf. "Das wird ein Spiel mit einer ähnlich guten Atmosphäre, es wird auch ein Hexenkessel sein. Ich habe das ja auch schon ein paar Mal erlebt", scherzte der frühere Dortmunder Kapitän. 

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