HINTERGRUND
Borne ist ein kleines verschlafenes Nest im Südosten Frankreichs. Am östlichen Rande des Zentralmassivs, hier im Departement Haute-Loire, geht es beschaulich zu. Bäche fließen, Bäume sprießen und die 400 Einwohner gehen vor dieser wundervollen Kulisse ihrer Routine nach. Tag für Tag. Borne ist ein Ort, für den Hektik und Aufruhr Fremdworte sind. Ein idyllisches Dorf, in dem sich Hase und Igel gute Nacht sagen.
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Und doch sorgte dieses Städtchen mit seinem kleinen Fußballverein und dessen exzentrischem Präsidenten 2011 für großes Aufsehen. Nämlich an jenem Tag, als er den Versuch unternahm, Lionel Messi vom FC Barcelona zu verpflichten. Ja, richtig: den damals besten Fußballer des Planeten.
Nach einigen Gläsern Wein ging es an die Formalien
Messi hatte 2009 und 2010 den Ballon d’Or gewonnen und schickte sich an, 2011 zum dritten Mal mit Barca in der Champions League zu triumphieren. Er war die Speerspitze in Pep Guardiolas großartiger Blaugrana-Elf, und wirklich jeder Klub hätte ihn gerne mit Kusshand genommen. Da bildete der FC Borne keine Ausnahme.
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Der FC Borne, ein Verein, der nicht einmal eine Wikipedia-Seite hatte, kickte in den Niederungen des französischen Amateurfußballs in der 14. Liga. Tiefer geht es nicht mehr. 21 Amateurspieler standen im Kader, Dachdecker, Elektriker und Schreiner. Gehälter wurden selbstverständlich nicht bezahlt. Das schrie also nach Verstärkungen und Präsident Cedric Enjolras hatte die ganz große Lösung im Sinn: Er strebte formell den Transfer des argentinischen Superstars an. Lionel Messi, einer der bestbezahlten Sportler des Planeten, sollte den Klub zu Ruhm und Ehre führen.
Getty ImagesNach einem Diner und anschließendem geselligen Abend mit einigen Freunden kündigte Enjolras vollmundig an, er werde Barcelona nun eine Offerte für Messi unterbreiten. Später hieß es, Enjolras habe vor seiner kuriosen Idee zu tief ins Glas geschaut. Das wäre zumindest eine Erklärung für das, was folgte.
Enjolras ging den kühnen Transferkracher pragmatisch an. Er erklärte später: "Um zwischen Vereinen Transfers abzuwickeln, muss man als unterklassiger Klub in Frankreich gewisse Formulare online ausfüllen. Ich entschied mich, ein Angebot abzugeben und tippte Lionel Messis Namen, sein Geburtsdatum und seinen aktuellen Verein in das System. Diese Anfrage wurde von der Liga dann an den Verband weitergeleitet."
"Nun muss ich wohl drei Monate in einer Bar verbringen"
So weit, so gewöhnlich. Beim Verband war aber dann Schluss. Der FFF weigerte sich, die Anfrage an den spanischen Ligaverband und damit später an Barca weiterzuleiten. Pech also für Borne und für Präsident Enjolras. Der Coup war abgewürgt worden.
Denn wie Yves Begon von der FFF-Registrierungsstelle klarstellte, versteht man dort nur bedingt Spaß, wenn es um Transfers geht: "Dieses Verhalten ist inakzeptabel. Das mag als Witz gemeint sein, aber wir sind hier, um Fakten zu beurteilen."
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Und Fakt war, dass Enjolras für seine "völlig unverantwortliche" (O-Ton Begon) Messi-Offerte sogar gesperrt wurde. Für sechs Monate wurde er aus dem Verkehr gezogen, drei davon auf Bewährung. Er nahm es nicht so schwer: "Beim Verband waren sie geschockt, sie haben keinen Humor. Es war nur ein Witz, um meine Freunde zu bespaßen. Nun muss ich wohl drei Monate in einer Bar verbringen."
2012 wurde der FC Borne aufgelöst
Für den FC Borne bedeuteten jene Tage Anfang März 2011 die turbulentesten in der Klubgeschichte. Plötzlich war der Dorfverein in ganz Frankreich bekannt. Zugleich war es auch das erste und letzte Aufflackern des Klubs in der Öffentlichkeit. Denn gut ein Jahr später wurde er aufgelöst.
Seitdem herrscht wieder Ruhe in Borne. Bäche fließen, Bäume sprießen und die 400 Einwohner gehen vor dieser wundervollen Kulisse ihrer Routine nach. Tag für Tag.


