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Benjamin Stambouli im Goal-Interview: "Dann bekomme ich Gänsehaut am ganzen Körper"


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"Ohne Arbeit, ohne Geld folgen wir dir ans Ende dieser Welt!" singen die treuen Fans des FC Schalke 04  bei ihren Spielen in ganz Europa und bescheren Benjamin Stambouli  damit jedes Mal aufs Neue Gänsehaut, wie er im exklusiven Goal -Interview erklärt.

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Der Franzose, der 2016 von Paris Saint-Germain ins Ruhrgebiet gewechselt war, nahm sich viel Zeit und sprach ausführlich über seine Kindheit in Afrika und der Schweiz, den Druck, den er in seiner Jugend verspürte, Freundschaften im Fußball und seine bewegte Karriere.

Außerdem verrät er, was er in seiner Zeit bei PSG von Zlatan Ibrahimovic  gelernt hat und warum er bei der Physiotherapie mit Zlatan immer wieder etwas zu lachen hatte.

Benjamin, Sie kommen aus einer echten Fußballer-Familie. Sowohl Ihr Vater als auch Ihr Opa und Ihr Onkel sind in Frankreich bekannte Fußball-Persönlichkeiten. Rein genetisch konnten Sie doch gar nichts anderes werden als Fußballprofi, oder?

Benjamin Stambouli: (lacht) Das könnte man glauben, doch ich habe einen Bruder, der nicht Fußball spielt. Trotzdem war Fußball in unserer Familie immer das vorherrschende Thema. Jeder von uns trägt diese Fußball-Leidenschaft in sich.

Sie haben Ihren Vater als Kind bei seinen Trainerstationen nach Marseille, in die Schweiz und nach Guinea begleitet.

Stambouli: Das stimmt, doch in Guinea war ich für nur drei Monate und lebte nicht das ganze Jahr dort. Rückblickend war es für einen Achtjährigen eine außergewöhnliche Erfahrung. Einerseits konnte man sehen, wie schön Afrika ist, andererseits merkte ich schon damals, wie schlecht es dort vielen Menschen geht. Da waren Kinder in meinem Alter, die auf der Straße lebten – ohne Wasser, ohne Essen. In diesen Momenten wurde mir bewusst, wie glücklich wir uns in Europa schätzen können und was für ein Geschenk es ist, dass es meiner Familie und mir gut geht. Solche Erfahrungen haben mich im Laufe meines Lebens bereichert und mir gezeigt, was für eine Art Mensch ich werden möchte.

Wie geht man als Kind damit um, immer wieder umziehen zu müssen?

Stambouli: Ich habe jedes Mal geweint, wenn meine Eltern kamen und gesagt haben: 'Benji, wir müssen umziehen.' Für ein Kind ist es hart, fortzugehen, wenn man sich gerade erst eingelebt und neue Freunde gefunden hat – doch das gehört zum Leben dazu. Es hat mich zu einem stärkeren Menschen gemacht.

Waren Ihre prominenten Verwandten eher Vor- oder Nachteil für Sie als Nachwuchsspieler?

Stambouli: Als ich jünger war, verspürte ich deswegen sehr viel Druck. Diesen Druck habe ich mir allerdings selbst gemacht. Mein Vater oder mein Onkel haben mir nie gesagt, dass ich Profi werden muss. Da sie so viel von Fußball verstehen, dachte ich trotzdem immer, sie beurteilen mich und analysieren alles, was ich auf dem Platz tue. Eigentlich wollten sie aber nur, dass ich glücklich bin. Heutzutage ist es ein großer Vorteil, dass sie sich im Fußballgeschäft so gut auskennen, da ich wirklich über alles mit ihnen sprechen kann. Eltern, die nicht selbst Profis waren, würden diese Dinge möglicherweise nicht so gut verstehen wie mein Vater.

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Inwiefern hat sich der Druck geäußert?

Stambouli: Meine Mutter hat damals bei all meinen Spielen zugeschaut und wenn sie da war, fühlte ich mich frei und hatte Spaß. Doch wenn sie mir sagte, mein Vater oder Großvater würden auch vorbeikommen, war ich komplett fertig. Wenn sie mir zuschauten, wollte ich es ihnen unbedingt zeigen und verkrampfte. Es war, als hätte ich noch nie Fußball gespielt und könnte mich nicht bewegen. Für mich persönlich war es sehr schwer, diesen Schalter in meinem Kopf umzulegen, um wieder frei sein zu können. Mit 17 Jahren war ich dann an einem Punkt, an dem ich nur zwei Optionen für mein Leben sah.

Welche waren das?

Stambouli: Entweder ich gehe meinen eigenen Weg und ziehe mein Spiel durch oder ich hänge die Fußballschuhe an den Nagel. Ich wusste, dass ich Talent habe, aber auch, dass eine große Karriere nur dann möglich sein würde, wenn ich es auch zeige. Von diesem Punkt an habe ich es dann wirklich geschafft, alles um mich herum auszublenden und einfach Fußball zu spielen. Schon drei Monate später durfte ich erstmals mit den Profis trainieren. Diese Zeit hat mir gezeigt, dass mein Kopf der Schlüssel zu meiner Karriere ist.

Schon früh in Ihrer Karriere erfüllten Sie sich mit dem Gewinn der französischen Meisterschaft einen Traum. Dass Sie 2012 mit Montpellier den Titel gewannen, war eine riesige Sensation. Fällt Ihnen eine konkrete Geschichte ein, die dieses kleine Fußballwunder passend beschreibt?

Stambouli: Die Saison war wie ein Märchen. Der Moment, der mir am meisten in Erinnerung geblieben ist, war das vorletzte Saisonspiel gegen den OSC Lille. Vor dem Spiel wussten wir, dass wir bei einem Sieg sicher in der Champions League spielen werden und uns im letzten Spiel ein Remis zum Titel reichen würde. Für Montpellier war das damals unvorstellbar. Bei Lille spielten noch Leute wie Eden Hazard und bis zur 90. Minute stand es 0:0. In der dritten Minute der Nachspielzeit machten wir dann das 1:0 und das Stadion explodierte. In solchen Momenten fühlt man Dinge, die nicht in Worte zu fassen sind. Das gleiche Gefühl hatte ich auch, als Naldo im Derby zum 4:4 einköpfte – es war einfach verrückt. Das waren die emotionalsten Momente meiner Karriere.

Sie spielten für Tottenham und PSG, lebten in Metropolen wie London und Paris. War der Umzug ins dreckige Ruhrgebiet mit einer großen Umstellung verbunden?

Stambouli: (lacht) Ich würde niemals sagen, dass das Ruhrgebiet hässlich ist. Paris ist die vielleicht schönste Stadt der Welt, daher ist es egal, welche Stadt man mit Paris vergleicht – sie ist weniger schön. In Paris gab es etliche Museen, viel Kultur und geschichtsträchtige Orte an jeder Ecke. Was das Ruhrgebiet besonders macht, sind keine berühmten Orte oder Gebäude, sondern die Menschen, die hier leben. Die Leute hier haben eine spezielle Mentalität – immer ehrlich und geradeaus. Sie sagen dir immer ins Gesicht, was sie denken. Wenn ihnen etwas nicht passt, sagen sie 'Ey Benji' und meckern mit dir. Für jemanden wie mich, der mit der französischen Kultur aufgewachsen ist, in der die Menschen höflicher miteinander umgehen, war das anfangs sehr ungewohnt, doch ich liebe diese ehrliche Art. Die Leute im Ruhrgebiet haben verstanden, dass es keine Alternative zur Wahrheit gibt.

Sportlich lief es für Sie im ersten Jahr auf Schalke durchwachsen, von den Medien wurden Sie mitunter kritisch bewertet.

Stambouli: Als Profifußballer ist der Umgang mit Kritik Teil des Jobs. Spielt man gut, heißt es, man sei unglaublich. Spielt man schlecht, ist man schnell der schlechteste Fußballer der Welt. Wenn man diese Tatsache akzeptiert, kann man die Kritik ausblenden und sich allein auf das konzentrieren, was auf dem Platz passiert. In meiner Karriere ist es mein einziges Ziel, gut zu spielen und meiner Mannschaft zu helfen – auf dem Rasen und in der Kabine. Die Leute können sagen, was sie wollen. Es interessiert mich nicht.

Wie schwer fiel Ihnen die Eingewöhnung in Deutschland?

Stambouli: Anfangs ist es mir in Deutschland nicht leichtgefallen, da die Art und Weise, wie hier gearbeitet wird, komplett anders ist als in Frankreich. Im Training haben wir in Paris fast nur an technischen Dingen gearbeitet, während auf Schalke viel intensiver im physischen Bereich gearbeitet wird. Besonders in meinem ersten Jahr war es für mich sehr fordernd und ich kam mit dieser neuen Art des Trainings nicht gut zurecht.

Wird in Deutschland mehr Wert auf Disziplin gelegt?

Stambouli: Auf jeden Fall. Gerade auf vermeintlich kleine Dinge wie Pünktlichkeit wird in Deutschland sehr viel Wert gelegt. Auf Schalke gibt es für alles genaue Zeitpläne und anfangs war es für mich verrückt, dass sogar darauf geachtet wird, ob jemand 30 Sekunden zu spät kommt. (lacht) Doch gerade solche Dinge haben mir gezeigt, wie die Leute in Deutschland ticken und mir geholfen, hier anzukommen. Heute habe ich mich komplett daran gewöhnt und bin manchmal selbst kurz davor, mit einem Teamkollegen zu schimpfen, wenn er eine Minute zu spät ist. (lacht)

In dieser Saison spielen Sie vorzugsweise in der Innenverteidigung statt als Sechser. Ist das der Hauptgrund für Ihre starke Saison?

Stambouli: Natürlich hat auch die neue Position damit zu tun, doch entscheidender ist die veränderte Spielphilosophie. Mir gefallen die Denkweisen des Trainers und die Art und Weise, wie wir spielen wollen. Wir wollen alles geben und unsere Teamkollegen in jeder Situation bestmöglich unterstützen. Mir gefällt, dass der Coach in seinen Anweisungen sehr präzise ist und dabei unglaublich viel Fußballsachverstand an den Tag legt. Der Trainer vertraut mir und gibt mir Selbstvertrauen – so wie dem kompletten Team. Er hat ganz klare Vorstellungen und kann diese durch seine kommunikative Art perfekt vermitteln. Er bezieht die Spieler ständig mit ein und fragt uns, wie wir uns auf dem Platz fühlen. Vielleicht ist genau das der Grund, warum wir aktuell auf dem zweiten Platz stehen.

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Hat Tedesco das Potenzial, sich als Trainer einen großen Namen zu machen?

Stambouli: Für mich hat er das Potenzial. Nach den ersten Videoanalysen und Trainingseinheiten unter ihm dachte ich: 'Wow, dieser Typ kann ein großer Trainer werden!' Doch er ist noch jung und im Fußball gibt es Phasen, da geht es mal nach oben, aber auch mal nach unten. Doch ich bin sicher, er wird auch solch schwierige Phasen meistern und sich als Trainer schon bald einen großen Namen machen. Trotzdem muss man es langsam angehen und darf nicht sofort Wunderdinge erwarten.

Ein guter nächster Schritt für Tedesco und Schalke wäre die Qualifikation für die Champions League.

Stambouli: Dass wir alle wieder nach Europa wollen, ist klar. Die Champions League ist ein Traum von jedem Fan auf Schalke. Wir sind bescheiden und gehen einfach unseren Weg. Der Coach predigt immer, dass wir nicht auf die Tabelle schauen sollen, sondern von Spiel zu Spiel.

Auf Schalke sieht man Sie fast immer an der Seite von Nabil Bentaleb – egal ob auf dem Weg in die Kabine oder auf dem Trainingsplatz. Wie schwierig ist es, im Fußballgeschäft eine echte Freundschaft zu entwickeln?

Stambouli: Es ist extrem selten, dass zwei Spieler miteinander befreundet sind, die auf der gleichen Position spielen. Doch Nabil und ich kennen uns schon einige Jahre und haben eine ähnliche Einstellung zum Leben. Wir legen Wert auf Familie, lieben das Leben und den Fußball. Wir sind auf der gleichen Wellenlänge und könnten uns 24 Stunden lang durchgehend unterhalten. Hat man einen Freund, mit dem man sich derart gut versteht, spielt es keine Rolle, ob man Fußball spielt oder als Bäcker arbeitet. Freundschaft existiert überall.

Warum sind solche Freundschaften im Fußball trotzdem so selten?

Stambouli: Wenn man nur seine eigenen Interessen vertritt und als Einzelkämpfer auftritt, sind Freundschaften unmöglich. Wenn ich wirklich mit jemandem befreundet bin, stelle ich meine eigenen Interessen hinten an. Und wenn das bedeutet, dass ich dafür auch mal zurückstecken muss, würde ich einen echten Freund trotzdem immer zu 100 Prozent unterstützen. Im Fußball gibt es so wenige Freundschaften, da jeder auf dem Platz glänzen und der Beste sein will. Natürlich will ich auch spielen, aber weil ich ein guter Spieler bin und nicht, weil ich glaube, etwas Besseres zu sein als meine Mitspieler.

Sie haben in Ihrer Karriere bereits mit einigen großen Spielern zusammengespielt. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Stambouli: In Montpellier hatten wir mit Younes Belhanda einen Spieler, der technisch unglaublich gut war – ähnlich wie Nabil Bentaleb. Oliver Giroud war wahrscheinlich der stärkste Spieler, mit dem ich jemals zusammengespielt habe. Man konnte ihn immer anspielen und er hat jeden Ball festgemacht. Zu meiner Zeit in Tottenham hat mich Mousa Dembele jeden Tag aufs Neue beeindruckt. Er ist technisch gut, körperlich überragend und hat einen tollen linken Fuß. Doch auch Harry Kane ist ein unglaublicher Stürmer. In Paris war dann die ganze Mannschaft herausragend.

Wie zum Beispiel Zlatan Ibrahimovic. Was macht ihn so besonders?

Stambouli: Sein Charakter, seine Stärke auf dem Platz und seine Führungsqualitäten. Er ist ein unglaublicher Mensch, der Dinge schneller realisiert und wahrnimmt als jeder andere. Zlatan ist sehr clever, denn er testet sein Gegenüber durch sein Verhalten in den verschiedensten Situationen, nur um zu analysieren, wie seine Mitmenschen auf ihn reagieren. Mit diesen Dingen spielt und beeinflusst er viele Menschen, die ihn nicht kennen. Zudem hat er einen klaren Verstand und weiß genau, was er will.

Benjamin Stambouli Robin Haack
Interviewtermin in der Veltins-Arena: Benjamin Stambouli (l.) im Gespräch mit Goal -Reporter Robin Haack

Wie äußert sich das?

Stambouli: Zlatan hasst Ungerechtigkeit wahrscheinlich mehr als alles andere. Egal in welcher Situation; wenn er etwas unfair findet, macht er seinen Mund auf und stellt die Person zur Rede, die dafür verantwortlich ist. So lange, bis die Situation bereinigt ist.

In einem Spox-Interview  haben Sie eine Geschichte von Zlatan und Ihnen bei der Physiotherapie erzählt. Damals lief der Fernseher und im Bericht wurde Ibrahimovic "König von Paris" genannt. Er sagte anschließend zu Ihnen, er sei Gott und nicht nur König.

Stambouli: Die Geschichte bei der Physiotherapie war wirklich lustig. Die Nachrichten liefen damals auf Französisch und er bat mich 'roi' zu übersetzen. Als ich ihm erklärte, es bedeutet 'König', dachte ich, er freue sich darüber, schließlich gibt es schlimmeres als 'König von Paris' genannt zu werden. (lacht) Doch er flippte förmlich aus und brüllte: 'Was zur Hölle? Ich bin nicht der König, sondern Gott.' Dieser Typ ist einfach verrückt.

Worin äußerte sich das noch?

Stambouli: Bei der Physiotherapie mit Zlatan war es häufig lustig. Wenn wir auf den Massagebänken lagen, lief meistens der Fernseher. Immer wenn etwas über PSG in den Nachrichten lief, haben wir umgeschaltet, da wir keinen Schwachsinn über uns hören wollten. Einmal lief ein Bericht über Zlatan und der Physiotherapeut drückte mir ganz erschrocken die Fernbedienung in die Hand. Ich wusste erst nicht, was er von mir wollte, doch dann merkte ich, dass er Angst hatte, den Sender zu wechseln und Zlatan womöglich mit seiner Auswahl zu verärgern. Der Druck war einfach zu groß für ihn. (lacht) Ich musste lachen und habe ihm gesagt, dass auch Zlatan nur ein Mensch ist und es ihm total egal ist, welches Programm läuft.

Was haben Sie sich von ihm abschauen oder lernen können?

Stambouli: Ich habe vor allem zwei Dinge von ihm gelernt: Einerseits den unbedingten Willen, immer gewinnen zu wollen. Zlatan will wirklich immer gewinnen, egal ob es um Fußball geht oder nur darum, Plastikflaschen in den Mülleimer zu werfen. Als er bei PSG war, war er für viele der König von Paris und hat in seiner Karriere unzählige Titel gewonnen. Eigentlich muss dieser Mann niemandem mehr etwas beweisen, doch er lässt trotzdem nicht nach und will jeden Tag alles gewinnen, was man gewinnen kann.

Und andererseits?

Stambouli: Andererseits habe ich mich häufig mit ihm unterhalten, auch über allgemeine Dinge wie Freundschaft und das Leben als Fußballer. Gerade als Person des öffentlichen Lebens hat man viele falsche Freunde. Zlatan hat mir erklärt, dass man seinen Freunden nicht all die schönen Dinge kaufen sollte, nur, weil man selbst viel Geld hat. Ein Freund hat nichts davon, wenn man ihm teure Kleidung kauft und ihn in coole Clubs bringt. Wenn er es wert ist, sollte man seine Beziehungen zu Vereinen oder Sponsoren nutzen, um ihm einen guten Job zu besorgen, damit er sein eigenes Geld verdienen kann. Das macht die Menschen glücklicher, als immer auf Hilfe angewiesen zu sein. Ich finde, das war ein toller Ratschlag. Heute versuche ich, diesen an junge Spieler weiterzugeben, denn sehr viele junge Spieler machen genau diesen Fehler und kaufen ihren Freunden alles, was sie haben wollen.

Ein weiterer Top-Stürmer, mit dem Sie zusammengespielt haben, ist Harry Kane. Was ist er für ein Typ?

Stambouli: Er ist ein unglaublich harter Arbeiter, der auch mal stundenlang auf dem Platz bleibt, um Abschlüsse zu trainieren. Wenn wir am Morgen trainiert haben, blieb er häufig auch am Nachmittag länger und schob zusammen mit Christian Eriksen Extraschichten. Wenn man sieht, wie viele Tore sie aktuell erzielen, scheint sich die harte Arbeit bezahlt zu machen. Aktuell ist er einer der besten Stürmer der Welt und verdient diesen Ruhm.

Gab es eine spezielle Szene, die Ihnen schon damals gezeigt hat, dass Kane ein Weltklasse-Stürmer werden kann?

Stambouli: Obwohl Kane zu meiner Tottenham-Zeit noch sehr jung war, war er für viele Fans schon damals ein Held. Ich erinnere mich an ein Spiel gegen Chelsea. Wir lagen zurück und es war sehr hart umkämpft, bis Harry sich einfach den Ball schnappte und den Unterschied machte. Am Ende haben wir mit 5:3 gewonnen und Kane hat zwei Tore gemacht und zwei weitere vorbereitet. Die Mannschaft von Chelsea ist bekannt dafür, dass sie körperlich extrem stark ist. Doch egal ob Terry, Cahill oder Ivanovic – an diesem Tag sind sie alle von Kane abgeprallt. Wenn man in diesen entscheidenden Momenten Tore schießen und ein Spiel entscheiden kann, hat man das Zeug dazu, ein ganz großer Stürmer zu werden.

Auf Schalke dagegen gilt die Liebe der Fans eher dem Verein als einzelnen Spielern. Ist die Begeisterung für den Fußball bei S04 größer als bei Tottenham oder PSG?

Stambouli: Wegen der Ultras ist die Atmosphäre in Deutschland eine komplett andere als in England oder Frankreich – und unsere Ultras sind unglaublich. Natürlich gibt es auch bei anderen Vereinen gute Fans und gute Stimmung im Stadion, doch ich habe bisher nirgendwo eine solche Begeisterung für den Verein erlebt wie auf Schalke. Diese Leidenschaft ist verrückt. Bei unserem Spiel in Salzburg waren wir schon sicher für die nächste Runde qualifiziert und sportlich hatte das Spiel keine Bedeutung mehr. Im Vorfeld dachte ich, dass vielleicht 500 unserer Fans da sein werden, die sonst keine Möglichkeit haben, unsere Spiele zu besuchen, doch plötzlich saßen da 10.000 Schalker im Stadion. Wie ist das möglich? Diese Schalker müssen doch verrückt sein. (lacht)

Die Fans leben für den Verein.

Stambouli: Genau so ist es. Sie würden alles tun, um unsere Spiele zu sehen. Egal, wo wir spielen, sie sind da. Ganz gleich, ob sie dafür fliegen, Zug fahren, im Auto oder Bus schlafen müssen. Viele der Fans gehen die ganze Woche arbeiten, nur um sich diese Reisen leisten zu können – das kann man ihnen nicht hoch genug anrechnen. Im Stadion singen die Fans häufig (fängt an zu singen): 'Ohne Arbeit, ohne Geld folgen wir dir ans Ende dieser Welt!' Jedes Mal, wenn die ich diesen Gesang höre, bekomme ich Gänsehaut am ganzen Körper. Dieses Lied kommt mitten aus den Herzen der Leute. Ich liebe es, das ist wirklich ganz groß!

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