HINTERGRUND
Mohamed Salah ließ sich bei der bösen Last-Minute-Überraschung verzweifelt in seinen Sitz fallen. Mit Tränen in den Augen sah der malade ägyptische Superstar an seinem 26. Geburtstag von der Bank aus zu, wie Uruguays Trainer Oscar Tabarez auf Krücken zum Jubeln loshumpelte. Bis zur 89. Minute hatte es danach ausgesehen, als könnten die Ägypter ihr WM-Comeback nach 28 Jahren auch ohne ihren "König der Pharaonen" mit einem Punkt krönen - doch dann kam der krachende K.o.-Schlag durch Jose Maria Gimenez.
Die Chancen der Ägypter auf den ersten Achtelfinal-Einzug sind durch das 0:1 (0:0) in Jekaterinburg stark gesunken. Uruguay, das sich mit seinem exzellenten Sturmduo Luis Suarez/Edinson Cavani lange die Zähne am kampfstarken Gegner ausgebissen hatte, setzte sich in der Gruppe A auf den zweiten Platz hinter Gastgeber Russland (5:0 gegen Saudi-Arabien am Donnerstag). Es bannte zudem einen Fluch: Für den zweimaligen Weltmeister war es der erste WM-Auftaktsieg seit 1970.
Ägypten vs. Uruguay: "Tor wollte nicht fallen"
"Das Tor wollte lange nicht fallen", sagte Gimenez, Innenverteidiger von Atletico Madrid, er fasste das Spiel damit gut zusammen. "Die Ägypter waren stark, wir haben sie auch nicht unterschätzt." Ägyptens Trainer Hector Cuper bezeichnete seine Mannschaft als "Ansammlung sehr guter Spieler, die alles versucht haben".
Ägypten bei der WM 2018: Kader und Spielplan
Doch Salah fehlte. Als Führungsfigur, als Abnehmer von Pässen und als Unruhestifter an allen Ecken und Enden. Eine echte Chance hatte Cupers Mannschaft nicht, sie bot den ideenarmen Uruguayern, für die Edinson in der 88. Minute per Freistoß den Pfosten traf, aber gut Paroli - bis zu der Flanke, die Gimenez per Kopf wuchtig verwandelte.

Amr Warda statt Mo Salah in der Startelf
Die Schocknachricht vom Fehlen des an der Schulter verletzten Hoffnungsträgers Salah hatten Tausende zuvor noch euphorische Ägypter 100 Minuten vor dem Anpfiff zu verdauen gehabt. Als der Verband die Aufstellung twitterte, fehlte der Name Salah. Anstelle des Superstars, des Torschützenkönigs der Premier League, spielte: Amr Warda von Atromitos Athen, kein Länderspieltor.
Der als Mauer-Mannschaft verschriene Außenseiter versteckte sich aber nicht, stand relativ hoch, Mohamed Elneny vom FC Arsenal gab den Ballverteiler im Mittelfeld. Und: Die Defensive stand gut. Uruguay brachte Suarez und Cavani nicht so recht in Position.
WM-Stadion bei Ägypten vs. Uruguay nicht ausverkauft
Chancen hatten die beiden Angreifer dennoch: In der 24. Minute schoss Suarez aus kurzer Distanz nur ans Außennetz. In der 73. Minute scheiterte er ebenso wie zehn Minuten später Cavani an Torwart Mohamed El-Shennawy, der überraschend für den 45 Jahre alten Essam El Hadary spielte. Der Spielaufbau der Uruguayer lief ansonsten zäh, weil Ägypten geschickt das Zentrum verdichtete.
Erstaunlicherweise war das Stadion in Jekaterinburg nicht sonderlich gut besucht, obwohl es das zweitkleinste der WM ist. Die gigantischen Stahlrohtribünen hinter beiden Toren für je 6000 Zuschauer waren besetzt, aber abseits davon zeigten sich viele Lücken - nur 27.015 waren in der 35.000 Besucher fassenden Arena. Die FIFA kündigte eine Untersuchung an.


