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BVB - U17-Trainer Sebastian Geppert von Borussia Dortmund im Interview: "Du bei den Profis, wie krass ist das eigentlich?"

Seit 2013 arbeitet Sebastian Geppert im Nachwuchsbereich von Borussia Dortmund. Im Vorjahr wurde der langjährige Coach der U17 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als ihn Edin Terzic zum Co-Trainer bei den BVB-Profis machte.

Im Interview mit GOAL und SPOX spricht Geppert über sein halbes Jahr bei der ersten Mannschaft, das am Ende vom DFB-Pokalsieg und der nicht mehr für möglich gehaltenen Qualifikation zur Champions League gekrönt wurde.

Der 38-Jährige erzählt zudem von seiner langjährigen Freundschaft mit Terzic und erklärt, wie er einst zum BVB und aus dem Nichts zum Job als U17-Trainer kam.
Herr Geppert, Sie sind in Wanne-Eickel geboren und spielten einst zweieinhalb Jahre von der U15 bis zur U17 bei Borussia Dortmund. Warum wurden Sie dort nicht übernommen, so dass Sie zur SG Wattenscheid 09 wechselten?

Sebastian Geppert: Ich bin meinem Aus zuvorgekommen und bereits im Winter gewechselt, weil Wattenscheid mich schon früher wollte und dort eine gute Jugendarbeit gemacht wurde. Es war klar, dass es im Sommer für mich beim BVB vorbei sein würde. Ich habe damals zusammen mit David Odonkor, Markus Brzenska oder Daniel Gordon gekickt und in den beiden ersten Spielzeiten noch viel gespielt, bei der U17 aber nicht mehr.

Welche Beziehung hatten Sie zum BVB?

Geppert: Ich bin Fan, seit ich klein bin, habe mir die Trikots zum Geburtstag gewünscht und alle Spiele geschaut. Ich war auch unregelmäßig im Stadion. 1997 habe ich mit meinem Vater und zwei Kumpels den Champions-League-Sieg auf dem Borsigplatz gefeiert. Bevor ich zum BVB ging, stand ich bei einem anderen Verein schon kurz vor der Zusage. Einen Tag später haben mich plötzlich die Dortmunder angerufen, das war für mich der Hammer. Ich habe dann ein Probetraining auf Asche absolviert und absolut alles gegeben. Danach wollten sie mich haben - ein Traum!

In Wattenscheid blieben Sie vier Jahre, später kickten Sie noch für den DSC Wanne-Eickel, ASC 09 Dortmund und den SV Sodingen. Stimmt es, dass Sie sich an Ihrem 20. Geburtstag eine schwere Verletzung zuzogen, die Sie stark ausbremste?

Geppert: Ja. Das war bereits im Seniorenbereich in Wattenscheid, wir haben in der zweigleisigen 3. Liga gespielt. Es geschah bei einem Hallenturnier in Paderborn, da bekam ich einen üblen Pferdekuss ab. Drei Tage später hat es mich im Training an derselben Stelle erneut erwischt. Da lief das Blut dann nur so heraus. Am Ende war die Quadrizepssehne fast komplett gerissen.

Wie sehr hatten Sie denn eine Karriere auf höherem Niveau überhaupt im Blick?

Geppert: Als kleiner Junge wollte ich auf jeden Fall Profi werden, ich habe meine komplette Jugend auf dem Bolzplatz verbracht. Durch die Verletzung bin ich von der 3. in die 5. Liga gerutscht. Es war schwer, von dort wieder herauszukommen - zumal das beste Fußballalter damals auch eher 28 und nicht wie heute 19 war. Dazu war ich mit der Schule fertig und begann mein Studium. Hätte ich mich nicht verletzt und wäre die erste Mannschaft in dieser Saison nicht abgestiegen, wären vielleicht ein, zwei Ligen höher drin gewesen.

In Wattenscheid lernten Sie auch Edin Terzic kennen, mit dem Sie dort eine Saison und später auch zusammen in der Uni-Mannschaft gekickt haben. Ab 2006 studierten Sie Sportwissenschaften mit Schwerpunkt Diagnostik und Training in Bochum und schlossen mit dem Master ab. Was wollten Sie beruflich machen?

Geppert: Ich hatte immer mit Fußball zu tun, aber keinen konkreten Berufswunsch. Zum Beispiel habe ich für den Datendienstleister Impire gearbeitet. Ich war in vielen Stadien unterwegs, um Spiel- und Laufdaten zu erfassen und Taktikanalysen zu erstellen. Dazu habe ich in und während der Uni ein paar Trainingscamps geleitet, um zu schauen, wie es sich anfühlt, als Trainer zu arbeiten.

2012 waren Sie zum Ende Ihres Studiums eine Saison spielender Co-Trainer in Sodingen, weil dort ein Freund von Ihnen Cheftrainer war und Hilfe benötigte. Ab wann hatten Sie den Willen, eine Karriere als Trainer einzuschlagen?

Geppert: Ich habe bereits 2008 mit der C-Lizenz meinen ersten Trainerschein gemacht, einfach weil ich dachte, das könnte vielleicht eine Option sein. Drei Jahre später habe ich die B- und A-Lizenz drangehängt und mich immer intensiver damit auseinandergesetzt. In Sodingen war ich dann zum ersten Mal richtig aktiv dabei und konnte viel machen. Was danach kam, war aber nicht absehbar.

Danach kam der Juli 2013, Sie wurden für zwei Jahre Co-Trainer der neu gegründeten Dortmunder U16 - erst unter Terzic, nach dessen schnellem Wechsel zu Besiktas schließlich unter Christian Flüthmann. Wie kam es dazu?

Geppert: Edin und ich hatten ja im Grunde ununterbrochen Kontakt und uns gut verstanden. Als er sich einen Co-Trainer suchen sollte, rief er mich an. Wir haben uns getroffen und waren uns schnell einig. Kurz darauf saß ich bei meinem einstigen Idol Lars Ricken am Tisch und habe einen Vertrag unterschrieben. Ich hatte noch ein, zwei andere Jobs nebenher, bekam nach einem Jahr aber eine Festanstellung.

Wie war es für Sie, das erste Mal bei einem renommierten Verein auf dem Trainingsplatz zu stehen?

Geppert: Ich war echt nervös, aber auch gespannt, wie die Trainingsarbeit mit 14- bis 16-Jährigen abläuft. Das Niveau in diesem Bereich ist in den zehn Jahren, seitdem ich dort gespielt habe, extrem gestiegen. Es hat mir von der ersten Sekunde enorm viel Spaß gemacht. Ich habe sofort gemerkt: Das ist ja absolut überragend!

Sie sollen neben dem Co-Trainer der U16 auch als Scout und Analyst für die Profis gearbeitet haben.

Geppert: Das stimmt, wenngleich ich im ersten Jahr ausschließlich im deutschen Jugendbereich gescoutet habe. Das hat sich dann stärker in Richtung Profis verschoben, da war Bedarf. Sven Mislintat war damals Chefscout und hat mich zweieinhalb Jahre durch ganz Europa geschickt, um neue Talente zu finden. Ich bin unglaublich viel gereist. Es ging oft sieben Tage die Woche und war wirklich intensiv und anstrengend, aber es war eine tolle Aufgabe.

Sie sollen sich bereits dafür entschieden haben, weiterhin als Scout tätig zu sein, ehe Sie 2016 wie die Jungfrau zum Kind kamen und die U17 übernahmen. Wie lief das ab?

Geppert: Ich hatte die Option, noch mehr ins Scouting zu gehen und den Job als Co-Trainer zu beenden. Es wäre der nächste Karriereschritt gewesen. Im Grunde war das auch schon klar, nur noch nicht offiziell festgezurrt. Rund sechs Wochen nach meiner Entscheidung rief mich auf einmal Lars Ricken an. Wo ich denn sei, ich solle mal kommen - und zwar jetzt. Ich war gerade auf einer Trainer-Fortbildung.

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Der Posten wurde frei, weil U19-Coach Hannes Wolf zum VfB Stuttgart wechselte und der bisherige U17-Trainer Benjamin Hoffmann dessen Team übernahm.

Geppert: Ich hatte keine Ahnung, was los ist und mich erwartet. Dort saßen dann Lars, Edwin Boekamp, Hannes und Benni und erklärten mir, dass ich nun die U17 übernehme. Da musste ich erst einmal schlucken, da ich mich ja zuvor extra mit einer Pro-und-Contra-Liste selbst davon überzeugt habe, wie viel besser der Job als Scout eigentlich im Vergleich zu dem als Trainer ist. (lacht)

Sie haben einmal gesagt, die Entscheidung wurde Ihnen quasi abgenommen. Sprich: Bedenkzeit gab es nicht, eher vollendete Tatsachen?

Geppert: Ja. Es hieß: Das ist eine Entscheidung für den Verein, wir wollen, dass du das machst. Lass' die Saison mal schauen, wie es läuft. Das haben sie ganz geschickt gemacht und mich schön weichgeklopft - zum Glück, wie ich heute weiß. Zwei Tage später habe ich das erste Training geleitet.

Als Cheftrainer hatten Sie auf einmal enorm viel zu tun, große Verantwortung und wenig Vorbereitungszeit. Mit welchen ungewohnten Themen mussten Sie dann umgehen?

Geppert: Es kam einfach alles geballt, zumal ich in den ersten vier Wochen auch noch keinen Co-Trainer hatte. Ich musste vor allem sehr viele unterschiedliche Entscheidungen treffen: Wie erkläre ich dem Spieler, dass er nicht spielt oder nicht im Kader ist? Was und wie lange trainieren wir, welchen Schwerpunkt setze ich? Es fing auch mit Gesprächen mit Eltern und Beratern an. Und intern musste ich in den Meetings noch präsenter als zuvor sein.

Unter Ihrer Leitung qualifizierte sich die U17 auf Anhieb für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft, scheiterte dort aber im Halbfinale. Ein Jahr später jedoch folgte der Titel, 2019 verlor man das Finale. Zwischen April 2018 und Dezember 2019 blieb das Team in drei verschiedenen Spielzeiten ohne Niederlage in einem Bundesligaspiel. Hat Sie Ihr eigener Erfolg überrascht?

Geppert: Dass es schnell gut lief, hat mich natürlich stolz gemacht, aber auch noch mehr angespornt, genau da weiterzumachen und mich nicht von meinem Stil abbringen zu lassen. Fußball ist für mich ein Spieler-Spiel. Ich als Trainer muss einen Plan haben und dabei helfen, eine Atmosphäre und Kultur zu schaffen, in der die Spieler wirklich Gas geben und eine Sieger-Mentalität entwickeln können. Ich habe wenig über die Zukunft nachgedacht, das tue ich bis heute nicht. Dafür ist der Job zu zeitintensiv und ein Tagesgeschäft, auch wenn sich das plump anhören mag.

Aktuell stehen Sie als Trainer bei nur elf Niederlagen in 127 Spielen. Während es in den vergangenen Jahren personelle Veränderungen auf den Trainerposten der Dortmunder U19 und U23 gab, sind Sie weiterhin Coach der U17. Gab es einmal die Option, ein anderes Team innerhalb der BVB-Jugend zu übernehmen oder hatten Sie Angebote anderer Klubs?

Geppert: Nein.

Sollte es im Sinne des deutschen Fußballs nicht grundsätzlich mehr Trainer wie Schalkes Norbert Elgert oder Sie geben, die langfristig im Jugendbereich arbeiten und diesen nicht als Sprungbrett für die Profis sehen?

Geppert: Auf jeden Fall. Das ist für mich eine gesellschaftliche Sache: Heute wollen viele so schnell wie möglich so weit wie möglich kommen. Für die Entwicklung der Spieler wäre es besser, wenn Kontinuität auf diesen Trainerpositionen herrschen würde.

Wie haben Sie Mitte Dezember 2020 erfahren, dass Lucien Favre nach einem 1:5 gegen Stuttgart entlassen wird und Sie plötzlich Teil des Trainerteams von Terzic wurden?

Geppert: Als der Wechsel bekannt wurde, fragte Edin mich, ob ich sein Co-Trainer werden wolle. Ich musste nicht lange überlegen. Kurze Zeit später saßen wir bereits zusammen und haben sofort Videomaterial zu unserem nächsten Gegner Werder Bremen gesichtet, aber auch die anstehenden Aufgaben aufgeteilt. Es waren ja nur wenige Tage bis zum ersten Spiel.

Und Sie durften erst einmal gar nicht zur Mannschaft.

Geppert: Genau, weil ich nicht im Test-Pool der Profis war. Mir fehlten also die beiden negativen PCR-Tests im Abstand von 48 Stunden. Ich bin erst in Bremen das erste Mal zur Mannschaft gestoßen. Deshalb hat man mich in einem Van zu meinem ersten Bundesligaspiel fahren müssen. (lacht)

Wie sah der inhaltliche Plan aus, was wollte man verändern?

Geppert: Aufgrund des Zeitmangels haben wir uns anfangs auf Kleinigkeiten beschränkt. Wir betonten die positiven Dinge aus den guten Spielen und forderten mehr davon ein - also mehr Eins-gegen-eins-Situationen auf den Flügeln, mehr Dominanz und Power, mehr Zielstrebigkeit. Dadurch, dass keine Zuschauer im Stadion waren, konnten wir bei den Spielen auch viel coachen und die Jungs mit unseren Inhalten nerven. (lacht)

Sie hatten zweieinhalb Jahre zuvor im Rahmen Ihre Fußballlehrer-Lizenz bereits bei den Profis hospitiert. Wie war es, als Sie das erste Mal in neuer Funktion in der Profikabine diese ganz andere Fußball-Welt betraten?

Geppert: Ich kannte einige Spieler und sehr viele aus dem Staff. Edin hat zu mir gesagt, dass ich keine Scheu haben soll. Ich wurde auch dem Team vorgestellt, weil ich ja als Letzter dazukam. Wenn ich zu Hause war und ein wenig über diese für mich sehr besondere Situation nachdenken konnte, fragte ich schon: Du bei den Profis, wie krass ist das eigentlich? Sobald man mit den Jungs zusammen war, merkte ich aber auch, dass es relativ unkompliziert und normal ist, mit ihnen umzugehen.

Sebastian Geppert 2019Getty Images

Der BVB bangte damals um die Qualifikation zur Champions League. Wie schnell haben Sie gespürt, dass ordentlich Druck auf dem Kessel ist?

Geppert: Wir haben zwar gleich unser zweites Spiel bei Union Berlin verloren, wirklich deutlich wurde es aber vor allem Mitte Januar, als wir in einer englischen Woche nur einen Punkt holten. Da hat man am nächsten Tag am Trainingsgelände schon gemerkt, wie die Spiele ausgegangen sind. Wir haben zwar vieles hinterfragt und auch Dinge angepasst, aber uns von Tag eins an auch gesagt: Das ist unser Weg und den ziehen wir bis zum bitteren Ende durch. Das hat uns letztlich Recht gegeben, aber es war schon auf Kante genäht, weil auch unglaublich viele Dinge passiert sind: Axel Witsels Achillessehnenriss, der Wechsel im Tor, Erling Haaland war verletzt, Jadon Sancho hatte mehrere Spiele lang keinen Scorerpunkt.

Wie sahen Ihre Aufgaben innerhalb des Trainerteams genau aus?

Geppert: Gegneranalyse, Standardsituationen und natürlich das tägliche Training waren meine wesentlichen Aufgaben. Wir haben zwar gegen Union direkt zwei Gegentore nach Standards kassiert, hinten raus aber nicht mehr. Es ist auch schwierig, das zu simulieren. Wir waren allesamt sehr gut beschäftigt und so gut wie jeden Tag da, hatten fast nie frei.

Unter Terzic holte der BVB in den ersten zehn Bundesligaspielen nur 14 von 30 Punkten und blieb selten ohne Gegentor. Nachdem man dann nur eines der vergangenen sechs Spiele gewonnen hatte, sagte Mats Hummels, man sei "auf dem Weg der Besserung" und würde Dortmunds "aktiveren und aggressiveren Stil gegen den Ball" in der Saison noch zu Gesicht bekommen. Er hatte Recht - wie sicher waren Sie sich?

Geppert: Ich war mir im Grunde durchgängig sicher, auch wenn es zwischendurch ganz kurze Momente gab, in denen ich es nicht war. Ich habe stets an die Idee geglaubt und auch daran, dass sie sich durchsetzen und funktionieren wird, weil ich zu 100 Prozent von Edin und unserer Arbeit überzeugt war. In dieser Phase half es sehr, dass sich jemand wie Mats so äußerte und uns unterstützte. Das hat uns ungemein angetrieben und zeigte auch, welches Verhältnis zwischen Spielern und Trainerteam entstanden ist.

Nach einem 1:2 gegen Frankfurt im vermeintlichen Endspiel um die CL-Qualifikation am 27. Spieltag hatte der BVB sieben Punkte Rückstand auf die Eintracht. Die Königsklasse schien verspielt. Haben Sie nach diesem Spiel noch daran geglaubt?

Geppert: Ja, selbst da noch, zu 100 Prozent. Es war in dieser Phase allerdings für jeden von uns schwierig, sich weiter bewusst zu sein, dass es noch klappen kann. Da prasselte enorm viel Kritik auf den Verein ein, aber damit mussten und konnten wir umgehen. Es war der herbste Tiefschlag, den wir hatten.

Als das Team das Messer an der Kehle hatte, griff plötzlich ein Rädchen ins andere und man gewann alle sieben restlichen Bundesligapartien, so dass es doch noch zu Platz drei reichte. Wie lässt sich das erklären?

Geppert: So, wie es Mats gesagt hatte: Es braucht zwar Zeit, setzt sich aber irgendwann durch. Es ist schwer, das an konkreten Punkten festzumachen. Wir hatten eine sehr hohe Intensität im Training und auch die Spieler dazu gebracht, dass sie wirklich noch daran glauben - weil sie gemerkt haben, dass auch wir im Trainerteam weiter daran glauben und mit unserer Arbeit weitermachen.

Fünf Wochen nach der Pleite gegen Frankfurt holte der BVB gegen RB Leipzig den DFB-Pokal. Wie blicken Sie darauf zurück?

Geppert: Das waren sehr krasse Tage. Der Schlüssel zum Pokalsieg lag für mich im späten 3:2-Erfolg gegen Leipzig ein paar Tage zuvor in der Bundesliga. Den Moment, als in Berlin abgepfiffen wurde und wir den Pott hatten, werde ich niemals vergessen. Das war unbegreiflich. Irgendwie habe ich mich mehr für alle anderen gefreut als für mich. Für Edin, weil ich wusste, dass er sich das total verdient hatte. Auch wie die Spieler alle gestrahlt und in der Kabine gefeiert haben, sensationell. Wir waren dann relativ lange noch im Stadion, später im Hotel.

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Wenn man mit Ihnen spricht, kommt man an Youssoufa Moukoko nicht vorbei. In den zwei Jahren unter Ihnen in der U17 erzielte er in 56 Pflichtspielen 90 Tore und bereitete 21 vor. Waren Sie 2016 an seinem Wechsel von St. Pauli nach Dortmund beteiligt?

Geppert: Nein. Ich kannte ihn aus Videos, hatte ihn zuvor aber nie live spielen sehen.

Er soll Sie am ersten Tag der Zusammenarbeit gefragt haben, ob er denn Chancen auf einen Einsatz habe - und traf dann bei genau diesem nach nur zwei Minuten. Hat man sofort gesehen, dass er so deutlich besser ist als die anderen?

Geppert: Ja. Nachdem er zu uns kam, sah ich ihn in einem Spiel der U15 und dachte nur: Der Junge ist Wahnsinn. So einen Spieler hatte ich bis dahin noch nie gesehen. Das Besondere an ihm war nicht das Körperliche, sondern seine fußballerischen Fähigkeiten.

Damals entstand ein riesiger Hype um Moukoko. Wie haben Sie das beobachtet und wie sehr mussten Sie gewissermaßen auch Papa und Pädagoge sein?

Geppert: Das auf jeden Fall, auch Freund und Lehrer. Wir haben bis heute ein extrem enges Verhältnis. Ich habe mit ihm wahrscheinlich mehr über andere Dinge als über Fußball gesprochen. Der Hype war echt brutal, bei jedem Spiel waren die Kameras nur wegen ihm da. Da haben wir und ich ihn viel betreut und immer wieder geholfen, damit klar zu kommen.

Youssoufa Moukoko Borussia Dortmund 15102017GettyImages

In der laufenden Saison hatte Moukoko bei den Profis mit unterschiedlichen Verletzungen zu kämpfen und fand nicht in den Rhythmus. Wie blicken Sie auf seine Entwicklung?

Geppert: Man muss die Kirche im Dorf lassen und darf nicht nervös werden. Er ist 17 und könnte selbst in der nächsten Saison noch A-Jugend spielen. Man muss ihm einfach Zeit lassen. Die Verletzungen haben ihn sicherlich zurückgeworfen. Ich bin fest davon überzeugt, dass er in Zukunft eine sehr große Rolle spielen wird.

Sie sind nun wieder zurück in Ihrer Rolle als Trainer der U17, von der Sie während Ihrer Abwesenheit aufgrund der Corona-Pandemie und des erneuten Saisonabbruchs kein Pflichtspiel verpasst haben. Wann haben Sie wirklich realisiert, dass die Zeit bei den Profis vorbei ist?

Geppert: Ich bin nach Saisonende zum Trainingsgelände gefahren, habe meine Sachen in einen Karton gepackt und fuhr nach Hause. Das war schon ein komisches Gefühl. Dann war ich den gesamten Juni im Urlaub. Dort sind mir einige Dinge richtig bewusst geworden, auch wenn es schwerfällt, sie einzuordnen. Wie ich mit Edin eines Tages zum Stadion fuhr, wir uns anguckten und sagten: Mensch, schau an - wir beide sind jetzt hier verantwortlich! Oder der Pokalsieg. So etwas habe ich sonst nur zusammen mit 500.000 anderen Leuten als Fan mitgemacht.

Sie sind nun in Ihrer neunten Saison beim BVB. Welche Ambitionen haben Sie mittlerweile in Richtung Profibereich?

Geppert: Es war ein tolles Erlebnis und ich will nicht sagen, dass ich das nicht noch einmal erleben möchte. Ich fühle mich bei der U17 aber total wohl und kann mir gut vorstellen, das noch mehrere Jahre zu machen.

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