England v Spain - UEFA Women's EURO 2025 FinalGetty Images
28. Juli 2025
Europameisterschaft der Frauen
FEATURES
England vs Spanien
England
Spanien
Deutschland

Daran sollten sich alle ein Beispiel nehmen: Warum die Frauen-EM 2025 die Klub-WM alt aussehen lässt

Die EM 2025 ist vorbei, England hat seinen Titel verteidigen können. Doch welche Lehren zieht man nun aus dem Turnier?

Diese Europameisterschaft in der Schweiz hatte es in sich. Zwar war die Finalbesetzung keine große Überraschung, doch auf dem Weg dorthin gab es Rekorde, Spektakel, guten Fußball und tolle Stimmung.

Zeit, die EM 2025 nochmal in Ruhe sacken zu lassen und über die Erkenntnisse nachzudenken. Hier kommen fünf Lehren, die vom Turnier in der Schweiz bleiben.

  • Spanien und England sind keine Übermächte

    So wenig überraschend die Besetzung des Endspiels mit Spanien und England war, so sehr überraschten jedoch die Probleme, die beide auf dem Weg dorthin hatten. Zwar schafften es die Spanierinnen beim reinen Blick auf die Ergebnisse souverän in die K.-o.-Phase und schließlich ins Finale. Doch so souverän war ihr Turnierverlauf gar nicht.

    Nur beim Auftaktspiel gegen Portugal war ihre Leistung derart dominant, dass keinerlei Zweifel aufkamen. Sowohl gegen Belgien als auch gegen Italien musste die spanische Defensive aber mehrfach leiden. Gegen die Belgierinnen drehte man erst in der zweiten Halbzeit auf, Italien blieb bis zum Schluss eine echte Gefahr für die Weltmeisterinnen.

    Im Viertelfinale tat man sich mit dem defensiven Block der Gastgeberinnen aus der Schweiz sehr schwer und auch Deutschland hatte durchaus die Möglichkeiten, Spanien aus dem Turnier zu werfen – auch wenn die Spielanteile recht klar verteilt waren.

    England wackelte noch deutlicher. In der Gruppenphase verlor man mit 1:2 gegen Frankreich, im Viertelfinale zitterten sich die "Three Lionesses" in einem bemerkenswert schwachen Elfmeterschießen in die nächste Runde. Auch Italien hatte England am Rande der Niederlage, musste dann aber zwei späte Gegentore in der Nachspielzeit der regulären Spielzeit sowie in der Verlängerung hinnehmen.

    Ja, Spanien hat die beste fußballerische Anlage aller Teams. Und ja, England hat absolute Weltklasse-Spielerinnen, die zu jeder Zeit den Unterschied machen können. Aber wirkten beide Nationen zwischen 2022 und heute übermächtig, kann man berechtigte Hoffnung für die Zukunft schöpfen.

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    Die Spitze wird immer breiter: Deutschland muss sich strecken

    Denn die Spitze wird immer breiter. Das zeigte auch dieses Turnier wieder. Neben den bekannten Top-Nationen zeigte unter anderem Italien, dass sich die Investitionen der letzten Jahre bemerkbar machen. Das individuelle und taktische Niveau bei "Le Azzurre" ist enorm gestiegen.

    Ehemals größere Fußball-Nationen wie die Niederlande oder Norwegen und letztlich auch Deutschland müssen sich in Zukunft enorm strecken, um ihren Platz in der Spitzengruppe nicht zu verlieren. Sie alle haben ein klares fußballerisches Konzept vermissen lassen. Nur individuelle Klasse reicht eben längst nicht mehr.

  • EM 2025: Gibt es keine Kleinen mehr?

    "Es gibt keine Kleinen mehr." Wofür Rudi Völler und Berti Vogts einst Spott ernteten, wird nun beim Fußball der Frauen zunehmend wahr. Freilich gab es auch bei dieser Europameisterschaft wieder deutliche Niederlagen. Wales zählt beispielsweise nach wie vor zu den kleineren Nationen.

    Und doch zeigten viele dieser "Kleinen", dass sie den "Großen" richtig Ärger bereiten können. So konnte Belgien das Duell mit Spanien gut 50 Minuten lang offen gestalten. Hier und da mit etwas Glück, aber auch mit guten Ideen im eigenen Matchplan und Mut in der Arbeit gegen den Ball. Erst spät wurde das Ergebnis deutlich.

    Ein noch besseres Beispiel ist Finnland. Denn die Skandinavierinnen spielten einen begeisternden Kombinationsfußball, drückten dem Turnier damit ihren Stempel auf. Fast hätte es zum Einzug ins Viertelfinale gereicht, doch die Schweiz konnte das in letzter Sekunde verhindern.

    Die mutigen Auftritte der kleineren Nationen haben einen bedeutenden Anteil am positiven Gesamteindruck, den die EM 2025 hinterließ.

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    EM 2025: Der Fußball der Frauen braucht keinen Hype, sondern Investitionen

    657.291 Fans besuchten die Spiele der Europameisterschaft, eine Auslastung von 98 Prozent. 14 Prozent Steigerung im Vergleich zur vergangenen EM in England, sogar 40,6 Prozent, wenn man Finale und Eröffnungsspiel jeweils streicht – denn die fanden in England damals im Old Trafford und im Wembley statt. Die Schweiz hatte Stadien dieser Größenordnung nicht.

    Entsprechend dieser beeindruckenden Zahlen wird es in den kommenden Wochen wohl wieder Diskussionen darüber geben, wie man den "Hype" dieses Turniers mit in den Alltag nehmen kann. Klar ist schon mal: Mit Diskussionen über einen vermeintlichen "Hype" wird das nicht gelingen. Der Fußball der Frauen hat sich in den letzten Jahren derart rasant entwickelt, dass "Hype" die vollkommen falsche Bezeichnung ist.

    Ein Hype kommt, bleibt kurz und geht dann wieder. Der Fußball der Frauen ist gekommen, um zu bleiben. Er durfte historisch bedingt durch die jahrzehntelange Unterdrückung und Kleinhaltung erst sehr spät kommen, aber jetzt lässt er sich gewiss nicht mehr aufhalten. Diese EM war ein weiterer Beleg dafür, wie schnell sich alles weiterentwickelt.

    Manchmal, so könnte man ebenfalls argumentieren, etwas zu schnell und etwas zu sehr an das angelehnt, wohin sich der Fußball der Männer entwickelt hat. Nämlich ein System, das vor allem dem Profit untergeordnet ist. Und doch wird deutlich, welch enormes Potenzial der Fußball der Frauen hat und wie viel Entwicklung noch vor ihm liegt.

    Deshalb braucht es jetzt kein Gerede über einen "Hype", den es nicht gibt, sondern Investitionen. England ist in Europa die Nation, die am frühsten damit angefangen hat und jetzt die Früchte erntet. In Spanien sind es die großen Klubs und allen voran der FC Barcelona, die früh genug erkannt haben, was möglich ist.

    Es ist kein Zufall, dass diese beiden Länder die vergangenen Jahre dominiert haben. Auch in anderen Ländern braucht es großflächige Investitionen in Strukturen und vor allem in die Basis, um Mädchen eine bestmögliche Entwicklung zu gewährleisten. Und es braucht neben den Investitionen eine Idee davon, wie man bewusst einen anderen Weg einschlagen kann als die Männer.

  • EM 2025 schlägt die Klub-WM um Längen

    Denn wenn diese Europameisterschaft eines gezeigt hat, dann wie wichtig Authentizität für Fans ist – auf allen Ebenen. Im Stadion und an den TV- sowie Streaminggeräten bekam man nie das Gefühl, einer der Basis entwachsenen Elite dabei zuzuschauen, wie sie die Gewinne maximiert.

    Die Nahbarkeit des Fußballs der Frauen ist ein Punkt, der viele Fans bindet. Vor allem aber hatte man als Zuschauerin oder Zuschauer den Eindruck, dass der Fußball im Mittelpunkt steht. Keine politischen Quatschdebatten darüber, ob eine Spielerin den Regenbogen am Arm tragen darf. Keine peinlichen Rechtfertigungen, weil das Turnier beispielsweise in einem problematischen Staat ausgetragen wird. Einfach nicht diese ganzen Nebengeräusche, die es beispielsweise wieder bei der Klub-WM gab und geben musste.

    Nun ist es so, dass auch der Fußball der Frauen sich unter dem Dach der FIFA und der UEFA befindet, er also genauso anfällig für solche Entwicklungen sein wird.

    In diesem Sommer aber zumindest war dieses Turnier in der Schweiz der ganz klare Gewinner im Vergleich zur Klub-WM. Auch die Einschaltquoten waren bei den Frauen deutlich höher als bei den Spielen mit deutscher Beteiligung in den USA, die bei Sat.1 liefen.

    Der Fußball entwickelt seine größte Anziehungskraft eben nicht durch vermeintlichen Glamour und immer noch höhere Höhen. Sondern genau dann, wenn er denen am nächsten ist, die ihn besonders machen: Den Fans und den Menschen an der Basis.