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Liverpools Sadio Mane schwärmt im Exklusiv-Interview: "Das sind tolle Erinnerungen"

Sadio Manes Augen fangen an zu funkeln, als er auf das iPad schaut. Wir sitzen auf der Haupttribüne an der Anfield Road und Goal zeigt dem Senegal-Star Bilder von Liverpools tollem Lauf in der Champions League, der das Team in der vergangenen Saison bis ins Finale führte.

"Tolle Erinnerungen!", grinst er, als das Video losläuft. Tolle Erinnerungen – das kann man wohl sagen. Die Reise in der Königsklasse endete zwar für die Reds mit einer Enttäuschung, doch der Weg bis ins Endspiel begeisterte die eigenen Fans. Von Hoffenheim ging es nach Kiew, mit Zwischenstationen in Maribor, Moskau und Manchester:

Jürgen Klopps Mannschaft elektrisierte ganz Europa und verbreitete Furcht und Schrecken bei den Gegnern. Nach vielen Jahren im Schatten der anderen englischen Top-Klubs rückte das Team wieder ins Rampenlicht und stellte sich als Spitzentruppe auf der großen Bühne vor.

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Mane spielte dabei natürlich eine wichtige Rolle. Als Mensch überaus höflich, als Spieler einfach eiskalt: Der 26-Jährige mit der ruhigen Stimme legte auf dem Rasen in der Königsklasse in seiner ersten Saison auf dem allerhöchsten Niveau gleich mächtig los.

Mane goal Real Madrid Liverpool Champions League final 26052018Getty Images

Er erzielte zehn Tore – und traf dabei in jeder Runde: Drei Treffer machte er in der Gruppenphase, einen Hattrick im Achtelfinale in Porto, ein wichtiges Kopfballtor gegen Manchester City im Viertelfinale und im Halbfinale in Rom war er ebenfalls zur Stelle. Und im Endspiel gegen Real Madrid war es erneut Mane, der bei der Niederlage für den Champions-League-Sieger von 2005 erfolgreich war.

Die Tore gegen die Roma tauchen auf dem iPad auf. "Oh nein, Alisson!", lacht Mane, als er sieht, wie sich sein neuer Teamkollege vergeblich bemüht. "Sorry, mein Freund. Daran erinnert er sich nicht so gerne, oder? Da hat er keine Chance gehabt!"

Liverpools unglaublicher Lauf in der Champions League

Das stimmt. Es gab Wochen in der vergangenen Saison, als man das Gefühl hatte, dass kein Team der Welt gegen dieses Liverpool eine Chance hat, wenn es bei den Reds erst einmal richtig läuft. Weder Maribor und Spartak Moskau, die beide in der Gruppenphase mit 0:7 gegen Liverpool verloren, noch Porto, das zu Hause mit 0:5 im Achtelfinale gegen Liverpool unterging. Auch Manchester City, das in der Premier League nach Belieben dominierte, musste mit einem Gesamtergebnis von 1:5 in der Runde der letzten Acht die Segel streichen. Die Roma mit Alisson zwischen den Pfosten kassierte sieben Gegentreffer im Halbfinale – darunter waren fünf Tore in etwas mehr als einer halben verrückten Stunde an der Anfield Road.

"Das war die schönste Saison, die ich bisher gehabt habe", meint Mane. "Aber ist ja klar, dass ich das sage."

"Es war nicht einfach für uns, aber wir haben versucht, unser Bestes zu geben. Am Anfang der Gruppenphase hat niemand erwartet, dass wir es bis ins Viertelfinale oder Halbfinale schaffen. Aber wir haben immer an uns geglaubt, haben alles gegeben – und das hat uns weit gebracht."

"Ehrlich gesagt ist die Champions League für jeden Spieler der Welt ein Traum. Also, sie war jedenfalls immer mein Traum, so viel ist sicher."

"In der letzten Saison habe ich zum ersten Mal in der Champions League gespielt. Wir haben viel erreicht und daran werde ich mich immer erinnern. Wir haben gegen sehr, sehr, sehr gute Mannschaften gespielt und dabei tolle Ergebnisse eingefahren. Im Finale haben wir alles probiert, aber es hat leider nicht gereicht. Aber das gehört auch zum Fußball dazu."

Sadio Mane über CL-Triumph: "Warum sollten wir dann nicht einfach gewinnen?"

"Wir haben versucht, das abzuhaken – und wollen jetzt probieren, wieder ins Endspiel zu kommen", sagt Mane. Es folgt eine Pause und ein breites Grinsen: "Warum sollten wir dann nicht einfach gewinnen?"

Mane lacht auch, als er gesagt bekommt, dass er in den jährlich herausgegebenen Goal 50 auf dem 18. Platz gelandet ist – vor Spielern wie Sergio Ramos und Neymar. Er steht vor Philippe Coutinho, seinem Ex-Teamkollegen, und vor Sergio Aguero, Isco, Gareth Bale, Luis Suarez und Paulo Dybala.

Mohamed Salah Sadio Mane Liverpool 2018Getty

"Aber ich bin nicht vor Mo, oder?", fragt er feixend und meint Mohamed Salah. Nein, das hat er diesmal noch nicht geschafft.

Mohamed Salah und Roberto Firmino ebenfalls in den Goal 50 vertreten

Sein Zusammenspiel mit Salah, der Dritter der Goal 50 geworden ist, und mit Roberto Firmino (29. Platz) war der Schlüssel zum Erfolg für Liverpool in der letzten Saison – und das wird auch in der aktuellen Spielzeit so sein. Insgesamt erzielte das Trio überragende 91 Tore in allen Wettbewerben. Mane war 20-mal in 44 Pflichtspielen erfolgreich; sein bester Wert seit 2014, damals noch im Trikot von Red Bull Salzburg. Und in dieser Saison hat er bereits siebenmal getroffen und ist auf dem besten Wege, den Wert aus der Vorsaison noch einmal zu überbieten.

Wenn man die Leistungen aus der Vorsaison betrachtet und die Tatsache berücksichtigt, dass Liverpool den besten Liga-Start seit 1990 aktuell hingelegt hat, ist es ein wenig erstaunlich, dass das Offensiv-Trio mittlerweile etwas kritisch betrachtet wird. Mane, Salah und Firmino treffen immer noch, bislang 18-mal – aber fehlt etwas im Vergleich zur jüngeren Vergangenheit? Sind die Leistungen etwas schwächer geworden, ist es alles nicht mehr so effektiv? Warum haben manche Leute das Gefühl, dass Liverpool im Vergleich zum Frühjahr nicht mehr ganz so stark ist?

"Ehrlich gesagt macht es mir immer Spaß, mit solchen tollen Spielern zusammenzuspielen", sagt Mane. "Die machen es mir immer ganz einfach!", fügt er hinzu.

"Und das sind echte Top-Spieler. Wir verstehen uns super, wir spielen gerne zusammen und wir legen uns auch gerne gegenseitig die Tore auf. Es ist toll, mit ihnen zusammen auf dem Platz zu stehen", sagt Mane über seine Offensivkollegen Salah und Firmino.

"Es ist schön für uns, dass alle immer nur über mich, Mo und Bobby reden, aber glauben Sie mir, die harte Arbeit geht schon bei den anderen los. Wir sind zusammen Liverpool. Wir haben insgesamt ein tolles Team. Die anderen sind die Basis, die es für uns Angreifer leicht macht, zu glänzen", stellt Mane klar.

2018-09-29 Mane Klopp LiverpoolGetty Images

Die Liverpool-Spieler müssen aber mittlerweile feststellen, dass die Erwartungen nach der Erfolgssaison gestiegen sind. Und wie schlägt sich das Überraschungsteam, wenn es nicht mehr viele Gegner überraschen kann? Die Leute fordern und wollen mehr sehen – und deshalb steigt der Druck. Stillstand ist Rückschritt.

"Für uns ist das eine Motivation, kein Druck", behauptet Mane. "Wir sind alle noch jung und wir wissen, dass wir eine tolle Mannschaft haben. Wir werden weiter alles versuchen, aber das ist kein Druck für uns. Druck hilft nicht weiter", ergänzt er.

"Natürlich hat letzte Saison niemand von uns etwas erwartet. Und vielleicht ist das in dieser Saison anders. Aber das ist kein Druck, sondern eine Zusatzmotivation, die man braucht."

"Jeder Spieler hat doch das Ziel, sich immer weiter zu verbessern. Nur deswegen arbeiten wir doch so hart im Training. Man darf aber nicht vergessen, dass wir eine Mannschaft sind, für die es am wichtigsten ist, dass sie Titel gewinnt. Wenn meine Tore dabei helfen oder die von Mo oder Bobby, dann ist das doch traumhaft."

Sadio Mane: Mehr Tore als letzte Saison? "Nur, wenn wir dadurch etwas gewinnen"

"Natürlich würde ich gerne noch mehr Tore machen als letzte Saison – aber nur, wenn wir dadurch auch etwas gewinnen", macht Mane klar.

Einen Titel in dieser Saison zu holen, dürfte aber erneut schwer für Liverpool werden. Die Reds sind in der Liga toll gestartet, aber Manchester City, das bereits in der Vorsaison die 100-Punkte-Marke in der Premier League geknackt hat, ist noch besser drauf, in der Champions League ist die Konkurrenz ohnehin traditionell riesig.

Mane aber glaubt, dass die Reds es schaffen können. Er glaubt an sein Team.

"Wir haben einen guten Lauf und sind gut in die Saison gestartet", sagt er. "Es ist noch zu früh, um über den Titel zu reden. Wir schauen von Spiel zu Spiel", fügt er hinzu.

"Es ist alles nicht einfach. Es gibt so viele tolle Mannschaften: Die beiden aus Manchester, Chelsea genauso. Aber wir sind Liverpool. Wir konzentrieren uns nicht auf die anderen Klubs, sondern schauen nur auf uns."

"Unsere Fans machen es leichter für uns. Sie sind ein großer Teil unseres Erfolges. Manchmal sieht man, dass die Gegner deswegen Angst haben. Deshalb ist es Anfield. Deshalb sind wir Liverpool. Wir sind hier, um zu siegen."

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