Nations leagueGetty
3. Dez. 2025
UEFA Nations League A
FEATURES
Spanien vs Deutschland
Spanien
Deutschland

Von Spanien an die Wand gespielt: Das Schönreden bei den DFB-Frauen muss endlich aufhören

Gegen EM-Schreck Spanien wollten die DFB-Frauen eigentlich Wiedergutmachung betreiben. Stattdessen erteilte La Roja Deutschland eine Lehrstunde. Wirklich erschreckend war aber längst nicht nur die spielerische Unterlegenheit. Ein Kommentar.

Die deutschen Fußballerinnen haben den ersten Nations-League-Titel erneut verpasstdas 0:3 gegen Spanien ließ daran keinen Zweifel. So geht das Warten auf den ersten großen Triumph seit 2016 weiter.Und trotzdem wurde die Niederlage anschließend bemerkenswert weichgespült.

  • Es war eine Niederlage, die wehtun müsste, doch die Tonlage danach klang erstaunlich milde. Mittelfeldspielerin Sjoeke Nüsken sagte nach dem Spiel: "Man hat bei beiden Spielen auf jeden Fall gesehen, dass wir mit Spanien mithalten können. Wir nehmen viel Positives daraus mit und werden weiter daran wachsen." Bundestrainer Christian Wück schlug in dieselbe Kerbe und verabschiedete sich "erhobenen Hauptes" aus der Saison: "Wir werden aus solchen Endspielen wachsen.“ 

    Genau darin liegt das eigentliche Problem. Eine Mannschaft wie Deutschland muss einen anderen Anspruch haben. Wer ein Finale verliert und danach vor allem das Positive betont, vermittelt nicht nur den Eindruck, am Ende doch ein Stück weit zufrieden zu sein, er beraubt sich auch der Chance, die notwendige konstruktive Kritik zu formulieren.

    Dabei war dieses Finale nicht irgendein Spiel – es war die Chance die offene Rechnung vom bitteren EM-Aus im Sommer zu begleichen. Allein das hätte Grund genug sein müssen, enttäuschter zu sein, als es die offizielle Rhetorik vermuten ließ. 

  • Getty Images

    Der Abstand zur Spitze ist größer als gedacht

    Doch das Rückspiel in Madrid hat schonungslos offengelegt, wie weit der Weg zur Weltelite in Wahrheit noch ist. Die Spanierinnen spielten Deutschland dabei auch ohne die schwer verletzte Weltfußballerin Aitana Bonmati phasenweise an die Wand. Die Gastgeberinnen konnten im Estadio Metropolitano von Madrid nicht nur ihre gewohnte Ballsicherheit ausspielen, sie wirkten zudem klarer und zielstrebiger vor dem Tor. Und es bleibt die ehrliche Frage, die sich niemand schönreden sollte: Wann war Deutschland in diesem Rückspiel wirklich auf Augenhöhe?

    Wer nach einem 0:3 im Finale sofort von "Wachstum“ spricht, greift zu kurz. Wohin soll dieses Wachstum führen. Zurück zur Weltspitze? Zum ersten großen Titel seit Olympia 2016? Zur Rolle einer Fußballnation, die einst den Takt vorgab? Wenn das die Ziele sind – und sie dürfen für Deutschland keine anderen sein – dann beginnt echter Fortschritt nicht mit Durchhalteparolen, sondern mit schonungsloser Selbstkritik. Und die müsste nach einem 0:3 in einem Endspiel deutlich anders klingen als das, was man in Madrid zu hören bekam.

  • Getty Images

    Gefährliche Zufriedenheit statt Titelanspruch?

    Stattdessen entstand der Eindruck, es habe sich eine gefährlich bequeme Zufriedenheit breitgemacht. Ein Selbstverständnis, das eher an eine Mannschaft erinnert, die froh ist, überhaupt im Finale zu stehen, nicht an eine Nation, die einst Welt- und Europameisterschaften dominierte.

    Dieses Schönreden erinnert fatal an das EM-Aus im Sommer. Damals sprach man von Mentalität, Kampfgeist und Charakter – und ja, Deutschland hat diese viel zitierten Mentalitätsmonster. Doch auch Mentalität kaschiert nur bis zu einem bestimmten Punkt spielerische noch taktische Defizite. Schon bei der EM lagen zwischen beiden Teams Welten, auch wenn das 0:1 dies nach außen nur unzureichend widerspiegelte. Jetzt steht ein deutliches 0:3 und die Entwicklung weist nicht nach vorn.

    Wachsen kann dieses Team sehr wohl. Die Talente sind da, die Ansätze erkennbar. Doch Wachstum entsteht durch eine klare Bestandsaufnahme. Und die lautet: Deutschland liegt derzeit deutlich hinter Spanien zurück. Und wer das Ziel WM 2027 ernst nimmt, muss genau an diesem Punkt ansetzen – nicht einen Schritt dahinter.