imagoDeutschlands Fußballerin des Jahres spielt plötzlich 2. Liga: Wie der VfB Stuttgart den Aufstieg in die Bundesliga schaffen will
Aufstieg in die 2. Liga: "Wir liegen damit im Soll unseres ambitionierten Zeitplans"
Im Sommer 2021 entschloss sich der VfB Stuttgart zu einem längst überfälligen Schritt: der Gründung einer eigenen Frauenfußball-Abteilung. Zwei Jahre später ging das erste Frauenteam des Traditionsvereins in Kooperation mit dem VfB Obertürkheim in der Oberliga Baden-Württemberg an den Start – es war der Beginn einer bemerkenswert schnellen Entwicklung. Denn nur ein Jahr später dominierte der VfB die Regionalliga Süd nach Belieben. Die Mannschaft blieb in dieser Saison als Aufsteiger ungeschlagen, feierte 20 Siege in 22 Spielen und krönte sich vor ein paar Wochen mit einem spektakulären 12:0 gegen Schwaben Augsburg zum souveränen Meister. Der Aufstieg in die 2. Bundesliga war hochverdient und keinesfalls überraschend.
“Die Mädels haben immer Vollgas gegeben“, sagte Trainer Heiko Gerber nach der letzten Partie der Stuttgarter Zeitung. Auch Alexander Wehrle, Vorstandschef der VfB AG, zeigte sich im Nachgang sehr zufrieden: "Wir liegen damit im Soll unseres ambitionierten Zeitplans." Und dieser führt nicht erst mittelfristig ins Oberhaus.
ImagoKaderumbruch mit klarer Vision
Mit dem Aufstieg steht dem Verein der nächste Umbruch bevor. Zwölf Spielerinnen werden den Klub verlassen – darunter auch einige, die seit der Premierensaison 2022/23 zum Team gehören. Eine der prägendsten Figuren der vergangenen Jahre ist dabei Mandy Islacker. Die ehemalige Nationalspielerin erzielte in der abgelaufenen Saison beeindruckende 28 Tore für den VfB. Ein Rekord, den zuvor keine Angreiferin in der Geschichte der Regionalliga Süd erreicht hatte.
Mit dem personellen Wechsel geht auch eine Weiterentwicklung in der Kaderplanung einher. In der Vergangenheit setzte der VfB vor allem auf Spielerinnen mit regionalem Bezug. In der 2. Bundesliga stößt dieses Modell jedoch an seine Grenzen. Stattdessen verfolgt der Klub nun einen ambitionierteren Kurs: Für die kommende Saison setzt man auf eine strategisch zusammengestellte Mischung aus gestandenen Bundesliga-Spielerinnen und vielversprechenden jungen Talenten. Der VfB greift an – und das mit Nachdruck. Denn mit den Neuzugängen hat der Verein Spielerinnen verpflichtet, die über dem Niveau der Liga liegen.
ImagoEin Top-Transfer für den VfB Stuttgart
Besonders prominent: Nicole Billa, einst Torschützenkönigin der Bundesliga und Deutschlands Fußballerin des Jahres 2021. Die 29-jährige Österreicherin bringt die Erfahrung aus fast 200 Bundesliga-Spielen mit und soll im Sturmzentrum eine Führungsrolle übernehmen. Zuletzt spielte sie beim 1. FC Köln, davor neun Jahre für Hoffenheim, wo sie 85 ihrer 88 Bundesligatore erzielte. "Nicole bringt umfassende Erfahrung aus der Bundesliga, Champions League und der Nationalmannschaft mit“, betont VfB-Frauenchef Sascha Glass. “Sie ist ein absoluter Top-Transfer für uns."
Neben gestandenen Kräften setzt der VfB stark auf Nachwuchstalente. Die 18-jährige Rosa Rückert kommt von Eintracht Frankfurt II und bringt bereits Zweitliga-Erfahrung sowie 19 Länderspieleinsätze in U-Nationalteams mit. Ebenfalls neu im Team ist Junioren-Nationalspielerin Muriel Dürr, die kürzlich zur besten Spielerin des Länderpokals gewählt wurde. Trotz ihres jungen Alters von gerade einmal 16 Jahren traut der Verein ihr bereits eine wichtige Rolle im Team zu.
Hinzu kommen die 18-jährige Leonie Schetter von Hoffenheim II sowie Torhüterin Eve Boettcher (20 Jahre), die von RB Leipzig wechselt. Letztere wurde bei der U17-EM 2022 zur Matchwinnerin, als sie im Finale gegen Spanien drei Elfmeter hielt und Deutschland den Titel sicherte.
Die Transferstrategie des VfB ist unmissverständlich: Die zweite Liga ist kein Endpunkt, sondern soll kurzfristige Etappe auf dem Weg nach ganz oben sein. "Auf Dauer passt die 2. Bundesliga nicht zum VfB", sagt Wehrle. Der Aufstieg in die Bundesliga bleibt also das klare Ziel.
ImagoAufstieg ja, Stadion nein?
In Sachen Infrastruktur besteht beim VfB Stuttgart im Frauenfußball aber noch Entwicklungspotenzial. Wie bereits in der Regionalliga tragen die VfB-Frauen auch in der 2. Bundesliga – ab dem 23. August – ihre Heimspiele auf dem Platz des PSV Stuttgart aus. Die aktuelle Spielstätte bietet Naturrasen und Platz für rund 1.500 Zuschauerinnen und Zuschauer. Für die Anforderungen der 2. Liga ist das ausreichend, doch mit Blick auf einen möglichen Aufstieg in die Bundesliga stößt die Anlage an ihre Grenzen. Laut einem "Wachstums- und Professionalisierungsplan" des DFB dürfen ab der Saison 2025/26 in der Bundesliga nur noch Stadien mit mindestens 5.000 Plätzen zugelassen werden, davon müssen mindestens 2.000 Sitzplätze vorhanden sein. Langfristig plant der Verein daher den Bau eines eigenen Stadions, das sowohl dem Frauen, als auch dem Nachwuchsbereich optimale Bedingungen bieten soll.
Wie die Stuttgarter Nachrichten bereits im vergangenen Jahr berichteten, sollte Anfang 2025 eine Machbarkeitsstudie beauftragt werden, die mögliche Optionen für eine langfristige Spielstätte auf dem Vereinsgelände an der Mercedesstraße prüft, inklusive dem Bau eines neuen Stadions mit 20.000 bis 25.000 Plätzen für die VfB-Frauen. Seitdem wurde diese Option allerdings nicht weiter öffentlich thematisiert. Eine Entscheidung scheint also noch nicht gefallen zu sein.
Fest steht: Um ein derart großes Stadion künftig auch füllen zu können, müsste der Zuspruch erheblich wachsen. In der abgelaufenen Regionalliga-Saison lag der Zuschauerschnitt bei den Heimspielen bei rund 400 Fans.
ImagoDie Bundesliga fest im Blick
Der VfB ist damit ein weiteres Beispiel dafür, wie Frauenfußballteams mit der strukturellen Unterstützung eines etablierten Männervereins immer weiter nach oben streben – sportlich wie organisatorisch. Und wie bei den Männern ist auch bei den Frauen klar: Langfristig soll der Weg in die Bundesliga führen. "Oben mitzuspielen, sollte unser Anspruch sein", sagt Glass. In der kommenden Zweitliga-Saison will sich das Team zunächst etablieren und die Strukturen weiter ausbauen. Der nächste große Schritt, der Aufstieg ins Oberhaus, bleibt dabei fest im Blick.
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