Bastian Schweinsteiger Paul Pogba Deutschland Frankreich WM 2014 07042014Getty Images

DFB-Team gegen Frankreich: Die Euphorie umkehren

Joachim Löw grinste verschmitzt. Natürlich habe er beim EM-Gastgeber auch Schwächen ausgemacht, die perfekte Mannschaft gebe es schließlich nicht. "Darüber", sagte der Bundestrainer, "möchte ich jetzt aber nicht öffentlich sprechen. Vielleicht können wir Frankreich so auch ein Stück weit überraschen." Vor dem Halbfinale steht sein Matchplan, genauso wie die Aufstellung der deutschen Nationalmannschaft.

Bastian Schweinsteiger wird definitiv zur Startelf gehören, wie Löw auf der Abschlusspressekonferenz am Mittwochabend im Stade Velodrome bestätigte. "Er hat die Physis und die Kraft, von Anfang an zu spielen. In so einem Hexenkessel ist seine Erfahrung enorm wichtig", meinte der 56-Jährige mit Verweis auf die Ausfälle von Mats Hummels, Sami Khedira und Mario Gomez. Mehr wollte Löw zum Personal nicht verraten.

Stattdessen zog er verbal einmal mehr seinen Hut vor der Equipe Tricolore. "Die Franzosen sind in der Offensive sehr flexibel und können sehr druckvoll agieren - nicht nur vorne, auch aus dem Mittelfeld heraus mit Spielern wie Blaise Matuidi oder Paul Pogba. Sie haben drei Spieler, die in der Torjägerliste führen: Antoine Griezmann, Dimitri Payet, Olivier Giroud - das sagt einiges aus. Von daher werden sie mit Wucht und Physis nach vorne spielen. Sie spielen im eigenen Land, vor heimischem Publikum", sagte Löw auf Goal-Nachfrage.

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Bei der deutschen Auswahl müsse im Umkehrschluss "die Geschlossenheit" innerhalb der Mannschaft "absolut stimmen". Die Franzosen seien unheimlich schnell und dynamisch. "Sie gehen immer wieder in die Spitze rein mit abschlussstarken Spielern. Wenn wir die Räume also zu sehr öffnen, wird es für uns schwierig", warnte Löw. Um Giroud und die schnellen Griezmann, Payet und Moussa Sissoko auszuschalten, braucht es vor allem im Zentrum eine weltmeisterliche Defensivleistung. Während die beiden Erstgenannten ohnehin in der Mitte spielen, sind Payet und Sissoko nominell zwar auf den Flügeln zu finden, tatächlich ziehen sie aber immer wieder ins Zentrum. Dort liegt der Schlüssel zum Erfolg.

Dass die DFB-Elf bei großen Turnieren seit 1966 in den letzten neun Aufeinandertreffern stets gegen den Gastgeber gewonnen hat, zuletzt beim 7:1 in Brasilien, sei indes nicht mehr als eine nette Randnotiz. Aus dem WM-Halbfinale vor zwei Jahren könne man nicht viel mitnehmen, sagte Löw und versicherte: "Unsere Spieler sind es generell gewohnt, unter einem gewissen Druck zu spielen. Das beginnt schon in der Qualifikation. Brasilien war eine Konstellation, die es so nicht mehr geben wird. Frankreich ist in der Defensive und im ganzen Mannschaftsgefüge gefestigter, als es die Brasilianer vor zwei Jahren waren."

"Werden Frankreichs härtester Gegner"

Auch Toni Kroos wollte auf der Pressekonferenz sportlich keine Brücke zum historischen Sieg von Belo Horizonte bauen, fand aber eine andere Gemeinsamkeit. "Bisher waren wir immer in der Überzahl auf den Rängen. Das wird morgen nicht so sein. In Brasilien hatten wir auch so eine Situation. Damit kommen wir klar", stellte der Mittelfeldmann fest und sah in dieser Konstellation sogar einen möglichen Vorteil. "Wenn man als Gastgeber weiß, dass ein guter Gegner wartet, kann das Euphorie oder Druck auslösen", sagte Kroos: "Ich denke, dass wir in der Lage sind, das auch auszunutzen."

Für Frankreich ist das Duell mit dem Weltmeister ein wenig vergleichbar mit dem Spiel der Deutschen gegen Italien. Nach Rumänien, Albanien, Schweiz, Irland und Island ist das DFB-Team für die Elf von Trainer Didier Dechamps der erste Kontrahent auf absolutem Top-Niveau. "Wir werden der härteste Gegner sein, den Frankreich bisher in diesem Turnier hatte", versprach Löw, der wie beim deutschen 1:0-Sieg vor zwei Jahren ein Duell auf Augenhöhe erwartet.

"Es gibt keinen Favoriten", befand der Bundestrainer: "Beide Mannschaften haben gute Qualitäten. Entscheidend wird sein, wer diese morgen besser auf den Platz bringt, wer weniger Fehler macht, sich mehr Chancen herausspielen und diese besser nutzen kann." Vor dem dritten K.o.-Spiel dieser EM sei er sogar ein wenig aufgeregt, verriet Löw. "Die Spannung baut sich automatisch auf. Wenn man im Halbfinale gegen den Gastgeber spielt, ist die Anspannung immer groß", sagte er mit ruhiger Stimme und wirkte dabei tiefenentspannt wie eh und je. Mit einem verschmitzen Grinsen im Gesicht.

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