Tobias Sippel von Borussia Mönchengladbach im Interview: "Wäre ich egoistischer, müsste ich wechseln"

Nach 221 Pflichtspielen für den 1. FC Kaiserslautern wechselte Tobias Sippel 2015 zu Borussia Mönchengladbach - und stand in den sieben Jahren seither lediglich 18 Mal im Tor. Der 34-jährige Keeper ist dennoch glücklich und zufrieden.

Im Interview mit GOAL und SPOX spricht Sippel über seinen Status als Gladbachs dauerhafte 1B, die Beziehung zu Stammtorhüter Yann Sommer und einen möglichen Abgang von der Borussia.

Der gelernte Bäcker erzählt zudem, wie er einst um zwei Uhr morgens aufstehen musste, bei FCK-Legende Gerry Ehrmann regelmäßig hinter die Laterne kotzte und erklärt, was es mit seiner Käse-Fisch-Phobie auf sich hat.

Herr Sippel, Sie sind gelernter Bäcker und haben Teile Ihrer Lehre in der elterlichen Bäckerei in Bad Dürkheim absolviert. Wie lief das damals ab?

Tobias Sippel: In den ersten eineinhalb Jahren war ich in einem fremden Betrieb, weil meine Eltern wussten, dass ich bei ihnen niemals so behandelt werden würde wie ein normaler Lehrling. Ich bin ja mit der Bäckerei aufgewachsen und kenne dort wirklich jeden. Da hätte keiner zu mir gesagt: Geh mal die Bleche putzen. Ich musste um zwei Uhr morgens aufstehen und bei Wind und Wetter mit meinem Roller losfahren. Im Winter fuhr ich mit meinem Skianzug. Die Fahrt dauerte ewig, mehr als 25 km/h waren ja nicht erlaubt. Irgendwann habe ich das Ding frisiert. Da wir am Berg wohnten, ließ ich den Roller morgens immer nur herunterrollen, damit meine Mutter nicht hört, dass er so laut ist. Unten auf der Hauptstraße habe ich ihn erst angemacht.

Sie sind 1998 mit zehn Jahren zum 1. FC Kaiserslautern gewechselt, mit 16 spielten Sie schon in der 3. Liga. Wie vertrugen sich Ausbildung und Training?

Sippel: Ich war um 9.30 Uhr wieder zu Hause, habe ein wenig geschlafen und bin dann zum Training. Später fuhr mich mein Opa öfters. Wenn er mich abholte, habe ich noch schnell bei Oma zu Mittag gegessen und dann ging's weiter zum FCK und Gerry Ehrmann.

In aller Früh erst die Bäckerei und dann noch das berüchtigte Torwart-Training bei Ehrmann - mit Verlaub, aber das klingt ganz schön übel.

Sippel: Ja, es war sehr knackig. Nachdem ich eines Tages im Training kollabiert bin und es mit dem Fußball schon recht gut für mich aussah, trafen wir die Entscheidung, dass wir voll auf diese Karte setzen. Es ging körperlich einfach nicht mehr. Meine Eltern wollten aber, dass ich die Ausbildung auf jeden Fall beende. Daher habe ich die zweiten eineinhalb Jahre im elterlichen Betrieb gemacht. Das ließ sich dann auch mit der Bäckerschule, bei der ich einmal die Woche antanzen musste, gut arrangieren.

Wann hatten Sie täglich Feierabend?

Sippel: Gegen 17, 18 Uhr war ich zu Hause. Meine Kumpels sind dann noch etwas trinken oder essen gegangen und ich lag um 20 Uhr im Bett, weil ich ja so früh wieder raus musste. Für mich gab es nur Ausbildung und Fußball. Ich war und bin aber ein relativ einfacher Typ, so dass das für mich kein großes Problem war. Doch es ist mit ein Grund, weshalb ich in meiner Heimat keinen riesigen Freundeskreis habe.

Ehrmann ist jemand, der gerne seine Meinung äußert und auch ziemlich emotional reagieren kann. Wie kamen Sie anfangs in Ihrem jungen Alter mit ihm klar?

Sippel: Bei Gerry trainieren zu dürfen, war für uns das Nonplusultra. Er hat mit mir als 14-Jährigem genauso wie mit dem Torwart der Profis geredet, genauso hart geschossen und dasselbe verlangt. Zu meiner Mutter sagte er: 'Der Junge muss Krafttraining machen, kauft dem mal Gewichte und eine Hantelbank.' Damit habe ich dann in meinem Kinderzimmer trainiert. Immer einmal pro Woche gingen wir so ans Limit, dass du regelmäßig hinter die Laterne gekotzt hast. Kevin Trapp lag mal kreidebleich in der Kabine und konnte sich keinen Zentimeter mehr bewegen. Dadurch haben wir aber Ausdauer, Kraft, Aggressivität und Mut bekommen. Das war der Grundstein. Es ist bis heute schwer, mich müde zu kriegen.

Dann haben die Gladbacher Physiotherapeuten mit Ihnen also wenig Arbeit?

Sippel: Seit ich hier bin, kann man an einer Hand abzählen, wie oft ich mich massieren oder behandeln ließ. Ich gehe dort vorbei, hole mir mein Tape, aber tape mich selbst. Das hat auch mit Gerry zu tun. Ich erinnere mich noch, wie er mir einmal in Düsseldorf beim Aufwärmen aus drei Metern volle Kanne ins Gesicht schoss. Ich lag da und habe geblutet. Er stand über mir und sagte nur: 'Steh auf, was sollen die Leute denken?' Da ist er halt knallhart und direkt. Ich bin mit ihm aufgewachsen und damit klargekommen. Ich mag das aber auch, es hat mir großen Spaß unter ihm gemacht.

Ehrmanns Torwartschule kommt salopp gesprochen ohne viel Schnickschnack aus. Könnten Sie die mit Blick auf die vielen Modernisierungen des Trainings heute auch noch genießen?

Sippel: Natürlich, ich kann damit umgehen und wüsste auch gut, was passiert. Er ist wirklich alte Schule: Er hat seine zehn, zwölf Übungen, die presst er jeden Tag durch, aber die haben Hand und Fuß und sind wie er einfach gestrickt. Gerry nimmt keine Hürden mit ins Trainingslager, sondern hat sich ein paar Minuten das Fahrrad von einem Fan ausgeliehen, es in die Sandkiste gestellt und zu uns gesagt: 'Da springt ihr jetzt zehn Mal drüber.'

Und wenn man nun Yann Sommer zu Ehrmann schicken würde?

Sippel: Das Thema hatten wir schon oft. Yann sagt, er würde es gern einmal ausprobieren. Ich glaube aber nicht, dass ihm das eine ganze Saison lang guttun würde oder er damit klarkommt. Was ich von Gerry schon mit 14 gelernt habe, das wird man heute so nicht mehr vermitteln können. Die heutigen jungen Torhüter bekommen vor allem dieses Feine und das Technische mit, aber eher nicht diese Power und Aggressivität.

Worin hat sich Ihr Torwartspiel verändert, seit Sie in Gladbach und nicht mehr unter Ehrmann trainieren?

Sippel: Beim FCK hieß es nur: 'Schieß den Ball so weit du kannst und dann stellen wir zu.' Das war das Spiel in Lautern. In Gladbach habe ich den Feinschliff bekommen: Die Technik und das Fußballerische auf engem Raum, um den Ball in den eigenen Reihen zu halten.

Ehrmann wurde im Februar 2020 nach 36 Jahren im Verein und Streitigkeiten mit dem damaligen Chefcoach Boris Schommers freigestellt. Seit eineinhalb Jahren arbeitet er wieder als Torwarttrainer im Nachwuchsleistungszentrum des FCK. Hatten Sie in dieser Zeit Kontakt zu ihm?

Sippel: Klar. Wir haben damals telefoniert und er hat mir seine Sicht der Dinge erklärt. Das kann ich jetzt nicht im Detail erzählen.

Wie empfanden Sie denn den Umgang des Vereins mit ihm?

Sippel: Das hätte man ganz anders lösen und mit Gerry reden können.

tobias sippel borussia mönchengladbach bundesliga 071215Getty Images

In Kaiserslautern wurde Ihnen als 26-Jähriger mitgeteilt, dass man Ihren auslaufenden Vertrag altersbedingt nicht mehr verlängern werde. Seit Sie dann 2015 zur Borussia gewechselt sind, haben Sie erst 18 Pflichtspiele bestritten - beim FCK kamen Sie auf 221 Partien. Wieso haben Sie sich damals nicht für einen Verein entschieden, der Ihnen einen Platz als Nummer eins garantiert?

Sippel: Ich habe mir vieles angehört und mir lange Gedanken gemacht, ob ich das mit 27 auch wirklich will. Max Eberl kam zu uns nach Hause, danach war auch meine Frau wirklich begeistert. Max hat auch sofort die Karten auf den Tisch gelegt: 'Wir wollen dich, aber du bist die Nummer zwei.' Es war ja nicht geplant, dass ich sieben Jahre später immer noch hier sitze. (lacht) Ich freue mich über jedes Spiel, das ich machen darf. Doch ich bin nicht der Typ, dem wichtig ist, ob er 100 oder 200 Bundesligaspiele gemacht hat.

Wie war es anfangs für Sie, das erste Mal in Ihrem Leben dauerhaft weg von der Heimat und in einem unbekannten Umfeld zu sein?

Sippel: Es wäre schwieriger gewesen, wenn ich allein gewesen wäre. Nachdem ich meine jetzige Frau kennengelernt habe, haben wir vieles im Team entschieden. Danach habe ich auch meine Wäsche nicht mehr zu den Eltern gebracht. (lacht) Sie war ein entscheidender Punkt, weshalb wir etwas Neues machen wollten. Wenn sie nicht da gewesen wäre, vielleicht hätte ich mich mit dem FCK doch noch einmal geeinigt und würde heute noch dort spielen.

Wie sind Sie denn beim FCK zuvor mit Angeboten umgegangen?

Sippel: Es gab dreimal die Situation, dass alles fix und fertig da lag und ich nur noch unterschreiben musste. Da habe ich meinen Berater angeguckt und quasi in der letzten Sekunde gesagt: Ich kann nicht alleine weg von zu Hause. Ich hatte ein bisschen Angst und definitiv großen Respekt vor einem solchen Schritt. Ich habe mich nie getraut, auch wenn ich in der ersten statt der zweiten Liga hätte spielen können.

Sie haben schon einige Male betont, dass Sie in Gladbach Spaß an der Arbeit haben und Sie sich auch mit Ihrer Familie sehr wohlfühlen. In welchem Verhältnis steht dazu der Fakt, dass Sie eben nur sehr selten zum Einsatz kommen?

Sippel: Ich würde am Wochenende schon sehr gerne spielen und nicht auf der Bank sitzen. Doch das sind genau die Punkte, weshalb ich das hier immer noch mache: Mir macht es extrem viel Spaß, gerade weil ich im Verein und in der Mannschaft nicht den Stempel mit der Aufschrift 'Nummer zwei' habe. Ich werde als 1B gesehen. Yann und ich ergänzen uns wirklich super, auch wenn wir in Sachen Professionalität unterschiedliche Ansätze haben. Ich versuche mit dem Torwart-Team alles, um ihn zu Höchstleistungen zu treiben.

Was meinen Sie genau in Bezug auf die Professionalität?

Sippel: Wir haben einen etwas unterschiedlichen Lebensstil. Yann ist stets der Hochprofessionelle, ob bei der Ernährung oder der Spielvorbereitung. Ich bin vom Naturell eher so: Kickstiefel an, Handschuhe an und los geht's. Ich habe es mir auch ein wenig angeeignet, dass ich mich nicht eine Stunde vorher warmmachen muss, sondern sehr schnell bereit bin - so wie es ja auch bei den Spielen wäre, sollte Yann einmal nicht mehr weiterkicken können. Wenn du als Torwart von der Bank kommst, hast du eine Minute, um dich fertig zu machen.

Sie lernten auch in Kaiserslautern immer mal wieder den Platz auf der Bank kennen. Inwiefern war es in Gladbach dennoch schwer, sich mit der neuen Rolle anzufreunden?

Sippel: Das erste Jahr war schon schwierig und komisch, keine Frage. Du fährst zu jedem Spiel und weißt, dass du nicht spielst. Doch ich musste mich einfach damit abfinden. Auf der anderen Seite haben wir damals Champions League gespielt und ich trainiere seither mit absolut geilen Kickern. Ich will nicht sagen, das reicht mir. Es ist aber schon etwas ganz anderes, wenn du in der 2. Liga spielst oder täglich von solchen Top-Spielern umgeben bist.

Gehen Sie denn trotz der klaren Ausgangslage in jede Saison mit dem Ziel, an Sommer vorbeizukommen?

Sippel: Man wird von mir nicht hören, dass ich die Nummer eins werden möchte. Wenn alles einigermaßen geregelt ist, ich meine zwei, drei Spiele pro Jahr bekomme und wir als Team einen guten Platz erreichen, reicht mir das vollkommen aus. Es ist ja auch längst so, dass Yann und ich uns privat wie sportlich bestens und blind verstehen. Bei uns ist es nicht wie damals bei Oliver Kahn und Jens Lehmann. (lacht) Yann wäre niemals sauer, wenn der Trainer ihm eine Pause geben und mich mal ins Tor stellen würde. Weil er eben weiß, dass ich mich danach niemals hinstellen und sagen würde: Ich habe aber jetzt super gehalten, ich muss drin bleiben.

ONLY GERMANY Tobias SippelGetty Images

Sie haben Ihren Vertrag bei den Fohlen nun schon dreimal verlängert, 2023 läuft er erneut aus. Gab es einmal einen Zeitpunkt, an dem Sie sich eine Veränderung hätten vorstellen können?

Sippel: Ich bin kein Typ, der von Verein zu Verein zieht und die Anerkennung braucht, nur weil er regelmäßig im Tor steht. Klar, wäre ich egoistischer, müsste ich wechseln. So bin ich aber nicht erzogen worden, dann wäre ich auch beim Tennis besser aufgehoben. Die Vertragsverlängerungen waren immer relativ schnell geklärt. Da rief Max kurz an und wenig später war die Sache durch. Ich denke, das wird künftig nicht groß anders ablaufen.

Man könnte dagegenhalten und sagen: Ein dritter Profiklub würde Ihre Vita auch nicht schmälern.

Sippel: Das stimmt, aber ich bin mit den bisherigen beiden sehr zufrieden. Ich habe zwei Kinder, es fühlen sich alle pudelwohl und wenn das der Fall ist, bin auch ich glücklich und will nicht aus meinem Umfeld heraus. Deshalb kann ich es mir sehr gut vorstellen, hier noch einige Jahre zu spielen, meine Karriere dann zu beenden und anschließend als Torwarttrainer weiterzumachen. Das würde mir genauso viel Spaß machen, wie wenn ich in ein paar Jahren vielleicht doch noch einmal zum FCK zurückkehre. Dass ich aber zu einem dritten Klub gehe, ist schwer vorstellbar.

Apropos: Bevor der FCK Andreas Luthe verpflichtete, sollen auch Sie ein Kandidat gewesen sein. Sie haben gesagt, dass Ihr Herz "auf jeden Fall ja" zu einer Rückkehr sagen würde. Wie konkret wurde es wirklich?

Sippel: Ich hatte nie Kontakt mit der Vereinsführung des FCK. Als ich am Pool in Griechenland lag und mich dutzende Journalisten anriefen, bin ich irgendwann einmal dran gegangen und habe gesagt, dass ich mir das und vieles anderes vorstellen kann.

Das war also eine klassische Sommerloch-Geschichte?

Sippel: Ja. Es war ja wie gemalt: Der erste Torwart geht, Lautern steigt auf, sie suchen einen neuen Keeper - was bietet sich also an? Der Tobi kommt nach Hause. Es hängt immer so viel an einem Wechsel. Ich glaube nicht, dass mich Gladbach einfach so hätte gehen lassen oder dass der FCK mich einfach so holen kann. Dazu müsste die Familie einverstanden sein, die steht bei mir an erster Stelle. Ich weiß, was ich hier habe und wüsste, was ich in Lautern hätte bekommen können.

Wie sind Sie mit der Borussia mit Blick auf Ihren nach der Saison auslaufenden Vertrag verblieben?

Sippel: Mit Roland Virkus habe ich mich noch nicht ausgetauscht. Im Endeffekt liegt es ja auch an Yann und mir: Wir sind beide körperlich topfit, nie verletzt, bringen unsere Leistung und sind in der Mannschaft hoch angesehen. Solche Typen brauchst du. Für den Verein ist es auch klasse, einen solchen Torwart hinten dran zu haben, selbst wenn vielleicht irgendwann einmal einer der Nachwuchstorhüter weiter nach oben gezogen wird.

Möchten Sie sich noch irgendeinen bestimmten Wunsch vor dem Karriereende erfüllen?

Sippel: Nein. Ich habe keine Liste, auf der steht, was ich noch erleben will.

Wie wär's denn mit einem Spiel auf europäischer Ebene? Seit Sie in Gladbach sind, hat sich der Verein dreimal für einen internationalen Wettbewerb qualifiziert. Sie kamen aber nie zum Zug.

Sippel: Wenn wir uns in dieser Saison für Europa qualifizieren und ich noch irgendwo ein Spiel mitnehmen könnte, wäre das natürlich super. Im Dezember 2016 waren wir schon aus der CL-Gruppenphase ausgeschieden und spielten noch in Barcelona. Eigentlich wurde mir zugesichert, dass ich spielen darf. Doch es war das Camp Nou, Yann hatte dort noch nie gespielt. Er kam zu mir und meinte, es wäre schon geil, wenn er dort einmal auflaufen würde. Er hatte sich diese Bühne mit seinen Leistungen in der Vorsaison auch verdient. Für mich war er derjenige, der die Entscheidung trifft. Ich stelle mich dann auch nicht hin und sage: Mir wurde das doch aber versprochen.

Was würden Sie als den größten Fehler Ihrer Karriere bezeichnen?

Sippel: Als Fehler sehe ich das nicht an, aber nachdem ich mit der U21 die EM 2009 gewann, gab es in der A-Nationalelf die Situation, dass Rene Adler verletzt war und man hinter Manuel Neuer und Tim Wiese eine Nummer drei für die WM suchte. Wir sind in dem Jahr mit dem FCK in die Bundesliga aufgestiegen. Joachim Löw hat mich dann zum letzten Testspiel gegen Malta eingeladen. Ich habe aber abgesagt und bin mit der Lauterer Mannschaft zu einem sogenannten Regenerationstrainingslager nach Mallorca geflogen.

Wie bitte?

Sippel: Wir hatten eine super Saison gespielt und sind überraschend aufgestiegen, da war mir meine Mannschaft in dem Moment wichtiger. Auch, weil ich eh nicht damit gerechnet habe, dass man mich mit zur WM nimmt. Danach habe ich auch nie mehr etwas von der Nationalelf gehört. Wer weiß, wenn ich mich anders verhalten hätte, wäre die Chance größer gewesen, dort noch einmal hineinzurutschen. Ich hege heute aber absolut keinen Groll deswegen.

Was ist denn nach Ihrem Karriereende wahrscheinlicher: Dass Sie die Bäckerei Ihrer Eltern übernehmen oder Torwarttrainer werden?

Sippel: Es steht 50 zu 50. Mein Vater ist jetzt 60 geworden und fragt auch öfter nach unserer Planung. Die Bäckerei liegt mir sehr am Herzen, auch weil ich Einzelkind bin und will, dass wir sie weiterlaufen lassen. Ich wäre dann die achte Generation. Andererseits haben wir hier ein Haus gekauft und sehen am Niederrhein unser Zuhause, weil wir auch außerhalb des Fußballs Freunde gefunden haben und uns enorm wohlfühlen. In der Pfalz müssten wir trotz der Familie drumherum gewissermaßen wieder bei Null anfangen. Ich bin ohnehin gespannt, wie es wird, wenn der Tag X kommt und ich nach 20 Jahren nicht mehr jeden Tag meine gewohnten Abläufe habe.

Haben Sie eigentlich immer noch Ihre Käse-Phobie?

Sippel: Ja. Es ist nicht nur Käse, ich esse auch keinen Fisch. Scampi und Fischstäbchen gehen, aber eine gegrillte Forelle oder ein Fischfilet habe ich noch nie gegessen.

Wie kam's?

Sippel: Ich weiß noch, wie ich als Kind auf dem Rummel unbedingt Karussell fahren wollte und mir meine Mutter fünf Mark versprochen hat, wenn ich einen Käsewürfel esse. Dann habe ich ihn mir halt irgendwie reingedrückt und bin fast daran erstickt. Ich glaube aber nicht, dass das mein Kindheitstrauma ist. Ich esse einfach fast gar nichts an weißen Lebensmitteln. Ich würde niemals ein Glas Milch trinken oder mir Sahne auf Erdbeeren kippen. Ich mag das einfach nicht.

Käsekuchen?

Sippel: Nur wenn er gebacken und schon ein bisschen gelb ist.

Pizza?

Sippel: Da habe ich mich schon stark verbessert. Früher habe ich fast einen Herzinfarkt gekriegt, wenn ich eine Pizza mit zu viel Käse bekam. Ganz am Anfang habe ich sie sogar ganz ohne Käse bestellt. Ich würde auch heute keine Pizza mit dick Käse darauf essen. Wenn, dann nur relativ wenig und gut gebacken.

Lasagne?

Sippel: Da schiebe ich den Käse entweder auf die Seite oder er muss schon relativ dunkel und fast verbrannt sein, damit ich das herunter bekomme. Wenn man mir jetzt einen Vertrag von Real Madrid über keine Ahnung wie viel Jahre hinlegen würde, ich dafür aber ein großes Stück Käse essen müsste, würde ich sagen: Lass stecken. (lacht)

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