Newcastle United goalkeeper Tim KrulGetty

Psycho-Keeper oder ganz normaler "Hagenaar"? Das ist Tim Krul

Amsterdam. Die Szenen, die Tim Krul weltweiten Bekanntheitsgrad verschafften, sind noch frisch im Gedächtnis. Als der Torhüter der Niederlande im WM-Viertelfinale kurz vor dem Elfmeterschießen eingewechselt wurde und dort den gegnerischen Schützen dezidiert mitteilte, er wisse, wohin sie schießen würden, diskutierte man im Anschluss angeregt.

War das nicht unfair? Sogar regelwidrig? In jedem Fall war es erfolgreich: Krul parierte zwei Strafstöße, die Niederlande kamen weiter und Krul, ansonsten Stammtorwart bei Newcastle United, war vom Ersatzmann zum Elfmeterhelden geworden und auf einmal überall als "Psycho-Keeper" verschrieen.

KRULS WM-MOMENT
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Doch wer ist dieser Tim Krul eigentlich? Ausgebildet wurde er bis zum Alter von 17 Jahren in seiner Geburtsstadt Den Haag in der dortigen Jugendakademie, bevor es ihn in jungen Jahren nach England zog. In Newcastle setzte er seine Ausbildung fort, wurde zwischenzeitlich nach Schottland und in die dritte englische Liga ausgeliehen. Währenddessen durchlief er die Nachwuchsmannschaften der Elftal, holte mit der U17 Bronze bei der WM in Peru.

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Was er und sein Verein sich erhofft hatten, zeichnete sich ab: Als sich Newcastles Stammkeeper Steve Harper im August 2009 verletzte, sprang der damals 21-Jährige ein und zeigte eine grandiose Leistung. In der Saison 2011/12 war es soweit, und Krul war die Nummer eins.

Scharmützel mit van Persie

In der Premier League fiel er nicht nur durch konstante Leistungen auf, sondern auch als jemand, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Ein echter "Hagenaar", wie die Einwohner der holländischen Stadt genannt werden, ist bekannt dafür zu sagen, was er denkt. Das bekam auch Landsmann Robin Van Persie zu spüren, mit dem er sich heftige Wortgefechte während eines Spiels gegen Arsenal 2012 lieferte.

Nachher kommentierte er: "Wir sind beide Profis, und was auf dem Platz passiert, bleibt auf dem Platz." Van Persie warf dem Kumpel aus der Nationalmannschaft Zeitspiel vor, der reagierte sauer. Das Scharmützel zog sich durch über komplette Spielzeit, bis sie am Ende von Teamkollegen getrennt werden mussten. Beide vertrugen sich im Anschluss tasächlich sofort wieder, doch Krul gab zu: "Es gibt während der 90 Minuten auf dem Platz nur einen Gedanken in meinem Kopf: Gewinnen."

Das lässt schon etwas tiefer blicken und gibt eine Ahnung, warum sich der 26-Jährige im entscheidenden Moment des WM-Viertelfinales nicht scheute, alles Erdenkliche zu tun, um am Ende siegreich zu bleiben. Als Elfmeterkiller ist er eigentlich nie bekannt gewesen, hielt in vier Jahren bei Newcastle gerade einmal zwei Strafstöße. Doch im Training sieht das wohl anders aus, wie van Persie nach dem Viertelfinale durchblicken ließ. "Wir wussten, dass Tim stark bei Elfmetern ist. Es war eine gute Idee, ihn einzuwechseln."

Newcastle United goalkeeper Tim KrulGetty

Trister Alltag in England

Inzwischen hat der Alltag wieder Einzug gehalten, und im Falle von Krul ist es ein grauer. Mit Newcastle steht er auf einem Abstiegsplatz in England. Vierzehn Gegentore in sieben Ligaspielen, kein Sieg: Das ist kein Ruhmesblatt, doch der Keeper steht bei den Magpies im Gegensatz zu Trainer Alan Pardew noch am wenigsten in der Kritik, ist er doch nicht wirklich der Verantwortliche für die Krise. Noch im letzten Spiel zeigte er fantastische Paraden gegen Swansea und legte den Grundstein für einen Punktgewinn nach zweifachem Rückstand

Bei den Niederlanden hat er hingegen nach wie vor Jasper Cillessen vor sich. Zu Beginn der WM-Qualifikation unter Van Gaal war Krul auch kurz mal die Nummer eins, bis er durch einige Verletzungen zurückgeworfen wurde. Als er wieder fit war, hatte Ajax-Mann Cillessen das Zepter im Nationalteam übernommen, was nach wie vor der Statu quo ist.

Es vermittelt sich bei Tim Krul das Bild eines ehrgeizigen, erfolgshungrigen Profis, der sehr ungern verliert, aber davon ab vermutlich eher ein recht normaler Zeitgenosse ist. Eskapaden auf oder neben dem Platz sind weder vor noch nach dem berüchtigten Elfmeterschießen bekannt geworden, auch wenn er dort in seinem adrenalingeschwängerten Zustand nicht auf alle den sympathischsten Eindruck gemacht haben mag.

Die aktuelle Situation bei Newcastle nagt an ihm, wie an seinen Statements abzulesen ist. Doch aktuell geht es nun mit der Elftal in der EM-Qualifikation weiter: Nach dem Fehlstart gegen Tschechien wartet Kasachstan, und auch wenn es wahrscheinlich nur zum Platz auf der Bank reichen wird, kann man annehmen, dass Tim Krul sehr gern nach Amsterdam reist. Zu dem Team, mit dem er den größten Erfolg seiner Karriere errang, verbunden mit dem Moment, als er wirklich weltberühmt war.

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