FC Barcelona 2002Getty Images

Fabio Rochemback: Wie ein Barca-Star zum illegalen Hahnenkampf kam


HINTERGRUND

Männergeschrei durchschneidet die stickige Luft in einer Halle. Wild wird gestikuliert, Geldscheine werden hektisch herum gereicht. Viele sind gekommen. Und sie alle wollen Geld verdienen. Mit den Leben von Tieren. Denn in der Halle im brasilianischen Rio Grande do Sul tragen sie illegale Hahnenkämpfe aus. Die bemitleidenswerten Vögel werden angestachelt, unter Drogen gesetzt und bekämpfen sich dann mit Schnäbeln und ihren Krallen, die mir eisernen Spornen verstärkt werden, bis einer in seinem eigenen Blut liegt und nicht mehr atmet.

Es ist ein lukratives Geschäft. Denn da die Kämpfe verboten sind, werden hohe Geldsummen gewettet, damit sich das Risiko auch lohnt. Und am meisten verdienen beim blutigen Schauspiel, das vor allem auf den Philippinen, den Britischen Inseln und in Südamerika verbreitet ist, die Züchter. Denn die Einflussreichen haben viele perfekt gezüchtete und trainierte Hähne, die die Konkurrenz einfach in Stücke reißen.

Einer dieser Züchter hat an jenem Tag in Rio schon viel Geld verdient, als die Polizei die Halle stürmt und über 100 Leute verhaftet. Züchter, Zocker, Zuschauer, Zwischenhändler, Wettanbieter. Unter ihnen ist Fabio Rochemback. Früher Fußballstar bei Barca und in England, gefürchtet für seine Freistöße, Nationalspieler. "Ex-Barca-Star festgenommen", heißt es in den Gazetten. Oder: "Selecao-Nationalspieler wegen Hahnenkämpfen verhaftet." Rochemback ist ein perfektes Beispiel für die vielen hoch gehandelten Talente, die abrutschen – und auch nach dem Karriereende weiter fallen.

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Nationalmannschaft und Offerten aus Europa

Dabei begann alles wie der Anfang eines jeden Traums der unzähligen Brasilianer, die auf ein Engagement in Europa hoffen. Bei Internacional de Porto Alegre, viele Kilometer von seiner südbrasilianischen Heimatstadt Soledade entfernt, hatte er sich zu einem begehrten Mann entwickelt. Er war technisch gut, robust, hatte ein feines Auge und diesen Rechtsschuss, der ähnlich wie der linke von Roberto Carlos eine Flugkurve produzierte, die physikalisch abenteuerlich daherkam.

Es war das Jahr 2001 und Rochemback lebte seinen Traum. Im Mai debütierte er in der brasilianischen Nationalmannschaft und strahlte danach in die Kameras. Klar, schließlich träumen sie alle von der Selecao, von diesem leuchtenden gelben Trikot, das ihre Idole auf den Postern in ihren Zimmern ebenfalls tragen. Rochemback, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt, hatte gleich mehrere Angebote aus Europa vorliegen. Er entschied sich für das des FC Barcelona.

Für neun Millionen Euro zu Barca

Neun Millionen Euro überwiesen die Blaugrana damals nach Brasilien. Eine damals immens hohe Summe. Gemeinsam mit Talent Geovanni, Patrik Andersson, Philippe Christanval, der später tragisch scheiterte, und Javier Saviola sollten die jungen Hochveranlagten eine neue Ära nach dem Ende der Generation um Pep Guardiola einläuten.

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Rochemback staunte nicht schlecht, als er in Spanien aufschlug. Er bekam plötzlich ein monatliches Gehalt, von dem er sich alles kaufen konnte. Seine Mitspieler hießen plötzlich Rivaldo, Marc Overmars oder Patrick Kluivert. Trainer Carles Rexach setzte ihn ein, meist im Zentrum. Auf immerhin 45 Spiele kam er in den ersten beiden Jahren. Das Problem: seine Leistung, seine Fitness. Nach den Jahren der Entbehrungen in seiner Jugend ging er abends Tanzen, trank Alkohol, ernährte sich ungesund. Sein strammer Schuss blieb, seine Leistungen aber schwankten. Zwei magere Tore gelangen ihm im Barca-Trikot.

FC Barcelona 2002Getty Images
Rochemback (oben, 2. v. l.) an der Seite von Stars wie Xavi, Puyol und Kluivert 

Lissabon und der Norden der Insel

Und so ging sein Weg 2003 beim spanischen Top-Klub schon wieder zu Ende. Er wurde für zwei Jahre nach Lissabon an Sporting ausgeliehen. "Ich hatte die Chance, beim besten Klub der Welt zu spielen, habe sie aber vermasselt", sagte er später. Bei Lissabon lebte er etwas professioneller, das Niveau war aber auch lange nicht auf dem Level Barcas. Die Fans liebten den Krieger in der Mitte, der Freistöße aus 30 Metern in den Winkel drosch und zwischen rüden Tacklings an der Seitenlinie und Traumpässen aus dem Mittelkreis so ziemlich alles im Repertoire hatte. Zehn Tore standen am Ende seiner Zeit bei den Löwen. Er ging vor allem, weil er noch jung war, 23, und weil er von der Premier League träumte. Am 1. September 2015 verpflichtet ihn der FC Middlesbrough. Beim Erstligisten traf Rochemback auf eine wild zusammengewürfelte Mannschaft. Es gab alternde Stars wie Jimmy Floyd Hasselbaink, Gaizka Mendieta oder Gareth Southgate und Talente wie Stewart Downing oder Adam Johnson.

Die Fans erwarteten einen Samba-Kicker mit Allüren, der zwar zaubert, aber eben auch wenig britisch daherkommt. Sie bekamen einen Mittelfeldspieler, der im strömenden nordenglischen Regen englischer spielte als viele andere. Drei Jahre lief er er für Boro auf, schoss fünf Tore, ehe es zurück in seine "Heimat" Lissabon, wie er selbst sagt, ging. Nach einem weiteren Jahr dort zog es ihn dann ganz zurück zu Gremio, Rochemback, der Barca-Star werden wollte, war auf der ganz großen Bühne gescheitert. Und dennoch glücklich. Er heiratete, verdiente noch einmal zwei Jahre gutes Geld in China, ehe er 2014 seine Karriere beendete.

Hahnenkampf, Drogen, Waffen

Nach dem Fußball aber fiel er in ein Loch. Er trank zu viel, feierte mit Freunden, gab viel Geld aus. Bald war er zwar glücklicher Familienvater, aber auch eine gesellige Frohnatur ohne Geld. Er hatte nie eine Ausbildung absolviert. "Ich konnte immer nur Fußball spielen", sagt er.

So gerät er auf die schiefe Bahn. Bereits 2011 wurde auf seinem Grundstück eine Razzia durchgeführt, bei der gezüchtete Hähne beschlagnahmt wurden. Die Polizei fand auch Marihuana und Waffen.

Staatsanwalt Marcos Eduardo Rauber sagte Globo Esporte, dass viel Geld im Umlauf gewesen sei, schuldig gemacht hätten sich alle. Seine Tiere, mit denen er viel Geld verdient haben soll, waren weg. Rochembacks Spur verliert sich kurz nach der Verhaftung. Der Gefallene muss nun versuchen, wieder zurück in die Spur zu gelangen, in der er am Anfang dieses Jahrtausends mit brandneuen Sportwagen raste. 

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