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Deutschland schlägt Chile und holt den Confed Cup: Euphorie ist nicht verboten!


HINTERGRUND


Es hatte etwas von Maracana, am 13. Juli 2014. Wie damals Lionel Messi in der Nachspielzeit der Verlängerung, legte sich diesmal Alexis Sanchez wenige Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit in guter Position den Ball zum Freistoß zurecht. Jedem im Stadion, vor allem den so begeisternden chilenischen Fans war klar: Das wird die letzte Chance für die Südamerikaner.

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Und wie Messi vor knapp drei Jahren gelang auch Sanchez der Schuss ins Glück nicht. Wenige Augenblicke später pfiff Schiedsrichter Milorad Mazic das Finale des Confederations Cup 2017 ab. 1:0! Deutschland hat den Titel, der dem DFB im Vitrinenschrank noch fehlte. Statt in Rio hatten die Glücksgefühle diesmal in St. Petersburg ihr Zuhause.

Natürlich nicht vergleichbar mit jenen nach dem WM-Triumph seinerzeit, mehrere Nummern kleiner. Es war schließlich nur die Mini-WM, lediglich der im Vorfeld allzu häufig als lästig abgestempelte Confederations Cup. Ein Achtungserfolg, ein Turniersieg, den man gerne mitnimmt. So richtig zählen wird es kommenden Sommer, wenn der Titel von 2014 verteidigt werden soll. Und dennoch: Euphorie ist nicht verboten, wie man dieser Tage in Fußball-Deutschland zuweilen denken konnte. Ja, sie sollte sogar ausdrücklich erwünscht sein.

Deutschland bleibt ohne Niederlage beim Confed Cup

Alleine schon aus Respekt vor dem, was die DFB-Elf in den letzten zwei Wochen geleistet hat. Toni Kroos, Mesut Özil, Thomas Müller, Sami Khedira, Mats Hummels, Jerome Boateng - die Liste der Stars, die längst im Urlaub weilen, ist lang. Die, die sie vertraten, kamen ohne Niederlage durch die fünf Partien des Confed Cup.

Sieg gegen Australien, Unentschieden gegen Chile, Sieg gegen Kamerun, Sieg gegen Mexiko, Sieg gegen Chile. Besonders die Erfolge im Halbfinale und im Finale sind sehr hoch einzustufen. Gegen Mexikaner und Chilenen, die in Bestbesetzung angetreten waren. Aus Ländern, in denen dieses Turnier augenscheinlich mehr Beachtung fand, augenscheinlich wichtiger war als in Deutschland.

"Dafür, dass der Confed-Cup vorher belächelt wurde, war heute ganz schön Feuer drin", sagte Julian Draxler nach Schlusspfiff im ZDF. "Jeder Titel ist besonders, aber die Konstellation macht es wirklich besonders", ergänzte der Offensivmann von Paris Saint-Germain. "Man merkt daran, wie wir uns freuen, dass uns das allen viel bedeutet", frohlockte Joshua Kimmich.

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Dabei brauchte die DFB-Elf - das muss sicher konstatiert werden - natürlich auch Glück. Gegen Mexiko, vor allem aber im Endspiel. Nach 13 Minuten stand ein Torschussverhältnis von 5:0 für Chile zubuche. Vidal, Sanchez und Co. attackierten die deutsche Mannschaft extrem früh, provozierten Fehler im Aufbau. 

Löws Jungs schätzten sich glücklich, nicht wie im Gruppenspiel in Rückstand zu geraten. Stattdessen führte man plötzlich. Weil Deutschland die Chilenen mit den eigenen Waffen schlug. Timo Werner und Lars Stindl attackierten Marcelo Diaz am gegnerischen Sechzehner, der ehemalige Hamburger gab die Kugel verunsichert her, Werner schob rüber auf Stindl - Führung!

Kimmich, Werner, Draxler, Goretzka - Gewinner en masse

Die deutsche Auswahl biss sich daraufhin ins Spiel, zog die Vorgaben von Löw trotz chilenischen Pressings durch, zeigte Reife, zeigte Können. Der Gegner blieb weiterhin gefährlich, klar, hätte vor allem gegen Ende noch einmal zum Ausgleich kommen können und diesen auch verdient gehabt.

"So ein Finale hat etwas Magisches", betonte Jogi Löw. Auch er weiß, dass Deutschland wahrscheinlich das Glück des Tüchtigen hatte. Der gegen eines der besten Teams der Welt, das Chile, zuletzt zweimal in Folge Südamerika-Champion, zweifellos stellt, in zwei Spielen nicht verloren hat. Der, obwohl keineswegs eingespielt, vom ersten Auftritt gegen Australien an mitunter gutes Kombinationsspiel, freche Angriffe auf den Rasen zauberte. Und der Perspektiven bietet.

Julian Draxler, der zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde, wuchs in die Rolle des Kapitäns, entwickelte sich weiter. Timo Werner avancierte zum Top-Scorer, zeigte, dass er eventuell die langersehnte Dauerlösung für Löws Sturmspitze sein kann. Sebastian Rudy spielte erstaunlich stabil, Leon Goretzka hievte sich in den Fokus, Joshua Kimmich untermauerte seinen Anspruch, Philipp Lahms Nachfolger rechts hinten zu werden.

Kurzum: Der Confed Cup hat dem deutschen Fußball richtig gut getan. Er hat bewiesen, dass Baustellen geschlossen werden könnten. Dass das so starke Gerüst, das die arrivierten Stars bilden, sinnvoll ergänzt und möglicherweise noch stärker gemacht werden kann. "Jeder Spieler, der hier war, hat auf jeden Fall eine bessere Position, als er es vor dem Confed-Cup hatte. Davon werden wir profitieren", freute sich Löw.

Und das Schönste: Obwohl es nur der Confed Cup war, den Draxler gegen 22.30 Uhr deutscher Zeit als Erster in den Himmel recken durfte - die Euphorie, die er, Shkodran Mustafi, Emre Can oder Antonio Rüdiger dabei in den Augen hatten, sie schien so echt, so ursprünglich. Und sie sollte anstecken. Denn Euphorie ist nicht verboten!

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