HINTERGRUND
Peter Hermann ist der teuerste Co-Trainer der Welt. 1,75 Millionen Euro soll der FC Bayern München angeblich für den 65-Jährigen an Fortuna Düsseldorf gezahlt haben. Jupp Heynckes wollte seinen langjährigen Assistenten unbedingt an seiner Seite wissen.
Heynckes beim FC Bayern: Ziemlich beste Wirkung
Goal sprach mit Klaus Augenthaler über Hermann und Heynckes.
Herr Augenthaler, Sie haben von Mai 2003 bis September 2005 bei Bayer Leverkusen mit Peter Hermann zusammengearbeitet. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit ihm?
Klaus Augenthaler: Ich habe ihn kennengelernt, als ich meine Trainerlizenz gemacht habe. Wir waren im gleichen Lehrgang und hatten zuvor schon gegeneinander gespielt. Dann hat mich mein Weg nach Leverkusen verschlagen. Dorthin wollte ich eigentlich meinen damaligen Co-Trainer, Thomas Brunner, mitnehmen. Das war allerdings nicht möglich.
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Weil Hermann schon seit 1996 da war?
Augenthaler: Nein, weil sie nicht zwei Bayern wollten. Für mich war das kein Problem, weil ich Peter ja kannte. Wir hatten schon ausgiebig über Fußball diskutiert, und letztlich war unsere zweieinhalbjährige Zusammenarbeit genau so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Peter hatte seine Meinung und hat sie auch kundgetan – auch wenn ich das letzte Wort hatte. Da kam aber nie irgendein Vorwurf, wenn ich meinen Kopf durchgesetzt und meine Entscheidung getroffen habe. Auch nicht, wenn es schiefgegangen ist. Das schätze ich sehr an ihm. Er ist meinungsstark, aber hundertprozentig loyal.
Wie ist er als Mensch?
Augenthaler: Es war immer ein offener und ehrlicher Umgang mit ihm. Er ist schon in sich ruhend, aber es schlummert auch ein kleiner Vulkan in ihm.
Inwiefern?
Augenthaler: Er ist ein Perfektionist. Im Training konnte er richtig giftig werden. Wenn jemand im Pass- oder Positionsspiel nicht hundertprozentig konzentriert war, ist er aus der Haut gegangen. Da habe ich ihn teilweise bremsen müssen. Im Spiel war es umgekehrt. Da war ich der Impulsive und Peter der ruhige Pol. Da hat er auf die Bremse getreten, wenn ich kurz vor dem Ausrasten war. Während einer Partie betrachtet er die Dinge ruhig und besonnen. So hat man sich super ergänzt – und das schätzt auch Jupp Heynckes an ihm.
Hermann wird nachgesagt, federführend für die Trainingsarbeit zuständig zu sein. Wie sah die inhaltliche Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Hermann aus?
Augenthaler: Wir haben uns immer abgesprochen und das Training im Voraus für eine Woche geplant. Jeder hat dann eine Gruppe übernommen. Entscheidend war, dass wir zusammen über die inhaltlichen Schwerpunkte entschieden haben. Es gab definitiv Denkunterschiede, aber wir haben uns immer wieder zusammengerauft. Und das hat den Ausschlag für eine gute Zusammenarbeit gegeben.
Hermann ist jetzt der teuerste Assistenztrainer der Welt. Toni Kroos sagte 2011 über ihn, er sei "der beste Co, den ich je hatte". Was macht ihn so besonders?
Augenthaler: Er setzt sich durch. Teilweise haben wir die einfachsten Passübungen trainiert. Wenn dann Spieler wie Dimitar Berbatov, Lucio oder Juan nicht bei der Sache waren, ist er gleich laut geworden. Das ist sein Perfektionismus. Und dann gibt es noch die menschliche Seite. Als ich nach Leverkusen kam, hat er sich in den ersten zwei Wochen permanent um mich gekümmert. Wir waren dann Mittagessen, Abendessen und so weiter. Er hat genau gewusst: Da kommt einer aus Bayern, der kennt sich im Rheinland nicht aus. Er hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Ich habe dann seine Familie kennengelernt. Er hat ein gutes Gespür, das hat alles super gepasst.
Es heißt, Hermann habe besondere Stärken in der Trainingskonzeptionierung, in der persönlichen Ansprache und auch als Vertrauensperson. Können Sie das bestätigen?
Augenthaler: Ja, die Spieler vertrauen sich ihm an. Das habe ich in Leverkusen gemerkt, explizit bei den Südamerikanern. Wir hatten vier Brasilianer und einen Argentinier. Die waren in der einen Clique und die Deutschen in der anderen. Da kam Peter einmal zu mir, ohne dass er die Brasilianer dabei hintergangen hätte – das war schon abgesprochen, und sagte, die Südamerikaner wollen mal mit mir Essen gehen. Deswegen hatten wir so ein gutes Klima in der Mannschaft. Wir waren damals in einer Saison in der Champions League vertreten und es hat nur funktioniert, weil die Mannschaft gut funktioniert hat. Daran hatte Peter einen großen Anteil.
Warum sind die Südamerikaner nicht direkt zu Ihnen gekommen?
Augenthaler: Robson Ponte hat mir das mal erklärt, da ich ja auch versucht habe, mit den Spielern zu sprechen. Er hat immer gesagt, es sei in Brasilien nicht üblich, dass ein Spieler mit dem Cheftrainer spricht. Das hat Peter Hermann herausgefiltert.
Getty ImagesWie bewerten Sie die Entscheidung des FC Bayern, Heynckes und Hermann zu installieren?
Augenthaler: Entscheidend ist immer das Ergebnis. Ich war diese Woche in Bayern unterwegs, und wie ich gehört habe, hat sich da schon mehr bewegt als unter Carlo Ancelotti. Ich möchte hier aber nicht nachtreten gegen jemanden, der weg ist.
Geht der FC Bayern denn den richtigen Weg?
Augenthaler: Ich glaube, es ist die richtige Entscheidung, ja. Der FC Bayern hat sicher nicht nur gesagt: Jetzt holen wir den Jupp und alles wird wieder gut. Man wird sich lange unterhalten haben. Es sind ja mehr als vier Jahre vergangen seit dem letzten Engagement. Vielleicht hat man sich im Vorfeld auch mit dem einen oder anderen ausgetauscht. Es waren ja zwei Trainer im Gespräch, die unter Vertrag stehen: Jürgen Klopp und Julian Nagelsmann. Ich vermute schon, dass mit denen gesprochen wurde. Der Einzige, der direkt frei gewesen wäre, war aber Thomas Tuchel. Auch darüber hat sich die Vereinsführung sicherlich Gedanken gemacht, da hat es vielleicht nicht gepasst. Das ist aber bloß eine Vermutung. Und so hat man Jupp Heynckes kontaktiert.
Viele hätten nicht gedacht, dass Heynckes mit 72 Jahren noch einmal zurückkehrt. Waren auch Sie überrascht?
Augenthaler: Wir haben das auch diskutiert, und dann hat jemand den Namen Heynckes ins Spiel gebracht. Ich kenne den Trainerberuf ja auch, da sollte man wirklich niemals nie sagen. Und der FC Bayern ist für Jupp, das hat er ja selbst betont, eine Herzensangelegenheit.