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Eric Maxim Choupo-Moting: But can he do on a cold rainy night in Stoke?


HINTERGRUND

Stoke-on-Trent in den englischen Midlands ist keine Stadt, die so schnell jemand als Schmuckstück bezeichnen würde. War sie als Zentrum der britischen Töpfer-Industrie noch vor rund 100 Jahren eine florierende Großstadt, finden sich in den Straßen heutzutage etliche leerstehende Geschäfte und verfallene Wohnhäuser. Auch das typische englische Wetter mit mehr Regen- als Sonnentagen trägt nicht dazu bei, dass sich Scharen an Touristen in den Nordosten Englands verlaufen.

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Umzingelt von Großstädten wie Manchester, Liverpool, Birmingham oder Newcastle, gibt es außer den geschichtsträchtigen Töpfern nicht viel, worauf die rund 250.000 Einwohner stolz sein können. Einzig der ortsansässige Fußballklub Stoke City ist für die vielen Fans ein Zufluchtsort, um dem tristen Alltag zumindest an den Wochenenden entkommen zu können.

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So rau wie das Wetter in Stoke ist auch das Image der Potters (deutsch: Töpfer). Ehrlicher Fußball, harte Zweikämpfe und Kick and Rush stehen hier traditionell auf der Tagesordnung – ganz nach dem Geschmack der arbeitenden Bevölkerung. Nicht umsonst ist die Phrase "but can he do on a cold rainy day in Stoke" in den sozialen Medien längst ein running Gag. In Anlehnung an die Zweifel, die der bekannte englische TV-Kommentator Andy Gray darüber äußerte, ob Lionel Messi auch in der Premier League glänzen könnte, wird dieser Satz im ironischen Sinne auch heute immer wieder zitiert, wenn ein Spieler Glanzleistungen gezeigt hat und in der Folge mit Lob überhäuft wird – gegen Stoke City zu spielen ist eben kein Vergnügen.

Stoke City und die "Skill Player"

Diese Geschichten über den Verein aus dem Mittelfeld der englischen Eliteklasse wird auch Eric Maxim Choupo-Moting gehört haben, bevor er sich im Sommer dazu entschied, vom FC Schalke nach Stoke zu wechseln. Auf den ersten Blick ein fragwürdiger Verein für den Offensivmann, der es liebt, seinen Gegnern Knoten in die Beine zu dribbeln und nicht gerade für Gradlinigkeit steht, die traditionell mit dem Fußball der Potters verbunden wird.

Obwohl auch heute noch Spieler wie Peter Crouch im Kader von Stoke stehen, versucht man in den letzten Jahren allerdings stetig vom altbewährten Kick and Rush abzurücken, wie Miles Chambers, Redakteur von Goal-UK erklärt: "Natürlich gilt der Verein auch heute noch als rau. Doch mit technisch starken Spielern wie Xherdan Shaqiri, Jese Rodriguez oder Ibrahim Afellay, die in den letzten Jahren verpflichtet wurden, hat sich die Philosophie des Klubs verändert."

"Skill Player" nennt der Engländer diese Art von Spielern, die aufgrund ihrer herausragenden individuellen Fähigkeiten schnell zum Albtraum der Verteidiger werden können. Eine Kategorie Fußballer, zu der ohne Frage auch Choupo-Moting zählt, weshalb er beim genauen Hinsehen sehr wohl zum Klub aus den Midlands passt. Anders als Afellay oder Rodriguez, die allein von ihrer fußballerischen Klasse leben, bringt der Ex-Schalker mit seinen 1,90-Metern und seiner Robustheit noch einen weiteren Trumpf mit nach England, der ihm dabei helfen soll, bei Stoke schon bald in die Fußstapfen des abgewanderten Marko Arnautovic zu treten.

Lob und Tadel für Choupo-Moting

"Er ist groß, hat Power und eine starke Technik", lobt Trainer Mark Hughes den Deutsch-Kameruner. "Er kann den Ball halten, abschirmen und Eins-gegen-Eins-Situationen kreieren. Ähnlich schwärmte auch Schalkes Sportvorstand Christian Heidel immer wieder über Choupo-Moting, den er schon zu Mainzer-Zeiten unter seinen Fittichen hatte: "Es gibt eigentlich nichts, was er nicht kann."

Diese Aussagen zeigen, dass der 28-Jährige über großartige Anlagen verfügt, die fast jeder Mannschaft helfen können. Was in der Theorie so vielversprechend klingt, entpuppte sich in der Vergangenheit allerdings immer wieder als problematisch, denn zu selten schaffte es Choupo-Moting in den letzten Jahren sein volles Potenzial zu entfalten. Gerade in der vergangenen Saison wurde er aufgrund seiner schwankenden Leistungen für einige Schalke-Fans zur Reizfigur und in sozialen Medien regelmäßig Opfer von Anfeindungen.

Immer wieder wurde die Spielweise des Offensivallrounders von den S04-Anhängern als arrogant betitelt. Als ein Spieler, der in fast jedem Spiel im Fokus steht, blieb Choupo-Moting zum Leidwesen seiner Beliebtheit vor allem mit schwachen Aktionen und leichtsinnigen Fehlern im Gedächtnis der Fans. So waren es überwiegend einfache Ballverluste und unnötige Dribblings, die das öffentliche Bild Choupo-Motings in der letzten Spielzeit prägten. Etliche starke Aktionen wie geniale Tore, Vorlagen oder gewonnene Zweikämpfe gerieten in der Wahrnehmung schnell in den Hintergrund. Als extrovertierter Kunstliebhaber war er den Anhängern auf Schalke schlicht zu wenig Malocher.

GFX Stats Choupo Moting Stoke

"Intensiveres Spiel als in der Bundesliga"

Von Kritik wie dieser ist er in England derzeit meilenweit entfernt, denn sowohl Trainer Hughes als auch viele Fans der Potters sehen in Choupo-Moting einen Hoffnungsträger und kommenden Schlüsselspieler. "Bis jetzt spielt er großartig", bestätigt ein Stoke-Blogger vom Oatcake Fanzine gegenüber Goal. "Er ist schnell, stark, groß und gut im Dribbling. Nach dem 2:2 gegen Manchester United haben ihn manche von uns sogar schon mit Stürmerlegende Ricardo Fuller verglichen."

Eben diese Partie, in der der Nationalspieler Kameruns zwei Treffer gegen die Startruppe von Jose Mourinho erzielte, war so etwas wie sein Durchbruch im neuen Verein. "Er war umsonst und bereichert das Spiel von Stoke – Choupo-Moting kann zu einer Kultfigur werden", titelte die Daily Mail nach der Galavorstellung des 28-Jährigen und lobte ihn in höchsten Tönen.

"Ich glaube ich bin angekommen", gab auch der Offensivmann nach dem United-Spiel am DAZN-Mikro zu verstehen und sprach in der Folge von einem "besonderen Fußball", der im Mutterland des Fußballs gespielt wird: "Schon seit Jahren habe ich im Kopf, irgendwann mal in der Premier League zu spielen. Es ist ein anderes und physisch intensiveres Spiel als in der Bundesliga."

Ist EMCM hart genug für das raue Stoke?

Wie zu seiner Zeit in Deutschland macht Choupo-Moting auch in England durch seine Vielseitigkeit auf sich aufmerksam. Egal ob rechts, links, auf der Zehn oder als Mittelstürmer, momentan geht in der Aufstellung der Potters kein Weg am Neuzugang vorbei. Mit zwei Treffern und zwei Assists gehört er zudem zu den Top-Scorern im Team. "Wenn man jüngere Spieler aus einem anderen Land holt, weiß man nie so genau, was man bekommt", erklärt Trainer Hughes. "Bei Choupo wusste ich aber, dass ich einen Spieler bekomme, der bereits in einer Top-Liga gespielt hat und die nötige Physis hat, sich auch in England durchzusetzen."

Trotz der vielen lobenden Worte für den Ex-Schalker läuft es nach der üblen 1:7-Klatsche gegen Manchester City und einer peinlichen 1:2-Heimpleite gegen Bournemouth sportlich alles andere als rund für den Verein aus den Midlands. Statt leiser Hoffnung auf Europa heißt die Realität aktuell Platz 17 und Abstiegsnot.

Gerade in dieser schwierigen Situation ist Hoffnungsträger Choupo-Moting gefragt. Schon die nächsten Wochen werden zeigen, ob er auch an "cold rainy days in Stoke" konstant abliefern kann und womöglich mehr ist als nur ein "Skill Player", der im rauen Stoke-on-Trent Gefahr läuft, vom vielen Regen weggespült zu werden. 

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