Lucien Favre BVB 26102018

BVB gegen Union Berlin in der zweiten Runde des DFB-Pokals: Das besondere Spiel


HINTERGRUND

Am Mittwochabend (18.30 Uhr im LIVE-TICKER) stehen sich mit Borussia Dortmund und dem 1. FC Union Berlin die beiden einzigen noch ungeschlagenen Mannschaften der deutschen Profiligen gegenüber. BVB-Trainer Lucien Favre trifft mit Union-Coach Urs Fischer auf einen alten Weggefährten - und Maximilian Philipp muss vielleicht gegen seinen besten Kumpel Christopher Lenz antreten.

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Maximilian Philipp und Christopher Lenz: Eine ungewöhnliche Freundschaft

Es kommt kaum irgendwo vor, dass zwei Klubs in derselben Stadt Profifußball spielen und die Fanlager sich nicht am liebsten an die Gurgel gehen wollen. Umso erstaunlicher, dass dies in Berlin nicht der Fall ist. Hertha BSC und Union eint keine größere Rivalität.

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Einer, der aus Berlin kommt, sehr heimatverbunden ist und die Hertha wohl am liebsten zum Teufel wünschen würde, ist Maximilian Philipp vom BVB. Mit 14 Jahren wurde er bei der Alten Dame aussortiert, weil sein Trainer - kurioserweise ein ehemaliger Ruderer - ihn für zu schmächtig und klein befand, um eines Tages Profi werden zu können.

Mit diesem Urteil lag Philipps Ex-Coach reichlich daneben, auf 29 Treffer in 109 Profispielen in Liga 1 und 2 kommt Philipp aktuell. Womit der Trainer Recht gehabt hätte, wäre, Philipp als schüchtern zu bezeichnen. Diese Eigenschaft trifft heute wie gestern auf den BVB-Offensivspieler zu.

Und weil Philipp so zurückhaltend und bei der Hertha nicht mehr erwünscht war, half ihm Christopher Lenz. Der ist momentan als Linksverteidiger bei Union Berlin angestellt und könnte am Mittwochabend in Dortmund Philipps direkter Gegenspieler sein. Beide verbindet eine besondere Freundschaft, wie sie im Profigeschäft nur selten existiert.

Philipp und Lenz wuchsen in der gleichen Straße in Berlin auf, gingen gemeinsam in den Kindergarten, anschließend zusammen in die Grundschule und danach auf die Poelchau-Oberschule im Olympiapark, unweit des Olympiastadions. Als Hertha Nein zu Philipp sagte, trennten sich die Wege der beiden nicht.

Stattdessen ging Lenz einfach freiwillig mit, um seinen Kumpel nicht alleine zu lassen. "Die Freundschaft zu ihm war mir damals einfach wichtiger als der Traum vom Fußball-Profi. Familie und Freunde sind für mich immer das Wichtigste. Und da er für mich mehr als nur ein Freund ist, habe ich gesagt, ich mache das mit. Er ist eher wie ein Bruder, den ich nie hatte", blickt Lenz auf diesen außergewöhnlichen Vorgang zurück.

Maximilian Philipp Borussia DortmundGetty

"Ich bezeichne ihn als meinen Bruder", sagt auch Philipp. Beide kickten anschließend für Tennis Borussia, sozusagen bei der Hertha um die Ecke. "Das war für mich eine Riesenerleichterung. Ich war immer dieser schüchterne Junge, der wenig sagt. Allein gehe ich nicht so schnell auf neue Leute zu. Ich hatte Angst, in ein neues Team zu kommen, weil ich da keinen kenne. Er wusste: Wenn ich in eine neue Mannschaft komme, dann wird es nicht einfach für mich", sagt Philipp.

Drei Jahre blieb er bei TeBe, erst 2011 ging man auseinander. Lenz dagegen war bereits nach einer Saison wieder zurück zur Hertha gewechselt - und bat Philipp dafür um Erlaubnis: "Ich habe Maximilian gefragt, ob das in Ordnung wäre. Er sagte, das sei kein Problem, also bin ich wieder zu Hertha."

Philipp fand über Energie Cottbus und den SC Freiburg doch noch seinen Weg in den Profifußball. Vor allem die "Ruheoase" im Breisgau unter Christian Streich half ihm enorm. Lenz dagegen nahm den Umweg über die zweite Mannschaft von Borussia Mönchengladbach und wechselte vier Jahre später zurück in seine Heimatstadt zu Union.

Nach sieben Jahren spielen die beiden Kumpels nun mal wieder gegeneinander. Dass Lenz erneut mit 5:0 gewinnt, wie damals mit der Hertha im U19-Pokal-Duell gegen Philipps Cottbuser, wird diesmal wohl nicht passieren. "Die Vorfreude ist riesengroß", frohlockt Lenz, der am vorletzten Wochenende beim Gastspiel in Paderborn Besuch von Philipp bekam. Echte Kumpels eben.

Lucien Favre und Urs Fischer: Zwei alte Weggefährten

Urs Fischer ist seit dieser Saison Trainer von Union Berlin und hat damit gleich eine erste Gemeinsamkeit mit seinem Gegenüber Lucien Favre: Beide hatten ihre ersten Auslandsstation in Berlin.

Befreundet sind die beiden Trainer schon seit langer Zeit. Fischer kickte einst als Libero und Kapitän für den FC Zürich, für den er 302 seiner 545 Erstligaeinsätze in der Schweiz absolvierte. Damit ist er zugleich Rekordspieler in seinem Heimatland.

Just als Fischer 2003 seine Spielerkarriere beendete, begann Favre beim FCZ als Profitrainer. Dort holte der aktuelle BVB-Coach 2006 den ersten Meistertitel nach einem Vierteljahrhundert Pause, ein Jahr später holte er erneut den Titel.

Lucien Favre BVB Borussia Dortmund 09072018getty Images

Fischer war zu jener Zeit im Nachwuchsbereich des Klubs angestellt, der Übergang ins Trainergeschäft fand also unmittelbar statt. Der 52-Jährige betreute unter anderem die U21 und tauschte sich daher regelmäßig mit Profitrainer Favre aus, war kurze Zeit auch Team-Manager des Vereins.

"Ich hatte ein gutes Verhältnis mit ihm", sagt Fischer über Favre. Zumindest während der Anfänge seiner Zeit als Fußballlehrer schaute sich Fischer einiges von seinem acht Jahre älteren Kollegen ab. "Wenn es um Organisation geht, offensiv wie defensiv, sind das schon Ansätze, die ich mitgenommen habe. Lucien verlangt in den Spielen die letzte Konsequenz", meint Fischer.

Als Favre 2007 dann zu Hertha BSC ging, hospitierte Fischer während seiner Ausbildung für die UEFA-Pro-Lizenz unter ihm in Berlin. "Ich hatte ein gutes Verhältnis mit ihm, auch danach hatten wir schon das eine oder andere Mal am Telefon Kontakt." Nun stehen sich beide erstmals als Cheftrainer gegenüber - mit zwei sehr erfolgreichen Teams.

BVB gegen Union Berlin: Die Ungeschlagenen

"Ein Pokalspiel ist nie einfach, das sah man schon bei unserem Auftritt gegen Greuther Fürth", sagte Favre am Dienstag auf der Pressekonferenz vor der Partie. Sehr kompakt, sehr gut organisiert seien die Eisernen unter Fischer - und das war's dann auch schon wieder mit der Gegner-Einschätzung des Dortmunder Trainers.

Doch damit liegt er natürlich richtig, denn Union stellt mit nur sieben Gegentoren die beste Defensive der 2. Liga. Etwas kurios mutet es an, dass Union trotz seiner elf ungeschlagenen Partien im Unterhaus "nur" auf Rang drei steht, während Köln und der HSV bereits zweimal verloren haben.

Das liegt daran, dass die Unioner unter Fischer die Remiskönige der Liga sind. In bereits sieben Partien gab es jeweils einen Punkt für die Hauptstädter, auswärts war dies in vier von fünf Begegnungen der Fall.

Das würden die Berliner sicherlich auch nach 90 Minuten in Dortmund nehmen. Beim letzten Aufeinandertreffen, vor zwei Jahren ebenfalls im Signal Iduna Park, ging man mit einem 1:1 in die Verlängerung und hielt dort auch bis ins Elfmeterschießen stand. Dann allerdings versagten den Eisernen gleich mehrfach die Nerven. Dortmunds Keeper Roman Weidenfeller hielt zwei Strafstöße und traf einmal die Latte, der BVB traf dreimal ins Tor und so hieß es am Ende 3:0 für die Schwarz-Gelben.

Sokratis Michael Parensen Borussia Dortmund Union Berlin DFB Pokal 26102016

Tore zu erzielen, das ist bei Union derzeit ohnehin ein Thema. 180 Minuten ohne eigenen Treffer stehen bei den Eisernen in den letzten zwei Spielen zu Buche. Und jetzt wird's verrückt: Gar seit 253 Minuten wartet Union auf einen Treffer eines Feldspielers, denn das letzte Tor der Köpenicker ging auf das Konto von Torhüter Rafal Gikiewicz, der beim 1:1 gegen Heidenheim in der Schlussminute die erste Niederlage der Saison abwendete.

Ganz anders die Situation beim BVB: Die Borussia ist unter Favre richtig ins Rollen gekommen, stellt mit 29 Toren den besten Angriff der Bundesliga und kommt allein im Oktober auf 17 Buden in allen Wettbewerben.

Ein ungeschlagenes Pflichtspiel mehr als Union hat der BVB auf der Habenseite (13) und mit Mannschaften aus Berlin gute Erfahrungen im DFB-Pokal gemacht: Insgesamt zum siebten Mal kommt es für die Dortmunder zu einem Duell mit einem Hauptstadt-Klub, allein in den letzten zweieinhalb Jahren wird dies nun zum vierten Mal der Fall sein.

Die Bilanz: Die Westfalen hatten stets die Nase vorne, ganz egal ob gegen Union, Hertha BSC oder TeBe. Eine weitere Statistik spricht ebenfalls nicht für die Gäste: Dortmund verlor nur eines der letzten 13 Pokal-Heimspiele (Januar 2009 gegen Bremen).

Dennoch sagte Coach Fischer: "Es ist wichtig, dass die Mannschaft mit Freude und Spaß in dieses Spiel geht, dass sie es genießt. Denn zu verlieren haben wir nichts. Wir müssen einfach an eine Überraschung glauben. Wenn du nicht daran glaubst, wirst du auch nicht belohnt."

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