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Abdul Rahman Baba von Schalke 04 im Interview: "Ich hatte große Sorgen um meine Karriere"

Fehlstart in der Bundesliga, strömender Regen in Gelsenkirchen, nur zwölf Feldspieler beim Training während der Länderspielpause. Bei solchen Voraussetzungen könnte man meinen, die Stimmung beim FC Schalke 04 sei im Keller.

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Doch als Linksverteidiger Abdul Rahman Baba mit breitem Grinsen zum Interviewtermin in der Veltins Arena erscheint, ist von dieser vermeintlich schlechten Stimmung keine Spur mehr. Mit Goal und Spox spricht die Leihgabe des FC Chelsea exklusiv über Heimat, seine Jugend in Ghana, seine lange Verletzungspause und seine Ziele mit Königsblau.

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Außerdem gibt er einen spannenden Einblick in das Chelsea-Leihmodell und erklärt, warum Belgien-Star Eden Hazard ein "Clown" ist.

Was bedeutet "Heimat" für Sie?

Abdul Rahman Baba: Heimat ist ein Ort, an dem man sich wohlfühlt. Dort, wo man glücklich ist und von den Leuten umgeben ist, die man liebt.

Sie haben Ihre Heimat Ghana schon mit 18 Jahren in Richtung Deutschland verlassen. Wie schwer ist Ihnen der Schritt damals gefallen?

Baba: Anfangs war es in Deutschland sehr schwer für mich. Glücklicherweise hatte ich in Fürth mit Gerald Asamoah jemanden, der sich sehr gut um mich gekümmert hat. Ich war ständig bei ihm zu Hause, seine Frau hat ghanaisches Essen gekocht und wir haben Twi gesprochen. Ich war dort häufig den ganzen Tag, sodass ich fast nur zum Schlafen zu Hause war. Dank Gerald war das erste Jahr in Deutschland wirklich okay und ich hatte kaum Heimweh. Nur meine Familie hat mir gefehlt.

Welche Rolle spielt Gerald Asamoah in Ihrem Leben?

Baba: Er ist ein sehr wichtiger Mensch für mich. Immer, wenn ich bei ihm bin, haben wir sehr viel Spaß und lachen zusammen. Er hat mir unglaublich viel beigebracht und ich kann ihm gar nicht genug danken. Für mich ist er wie ein Vater und ein Vorbild zugleich. Was er in seiner Karriere erreicht hat, ist unglaublich und ich bin froh, dass mir eine solche Legende Ratschläge gibt.

Was hat Ihnen in Deutschland zu Ihrer Anfangszeit in Fürth die meisten Probleme bereitet?

Baba: Deutsch zu lernen, ist mir sehr schwergefallen. Auf Englisch konnte ich mich zwar meist ganz gut verständigen, doch auf dem Platz musste ich schnell die deutschen Kommandos lernen.

Was hat Ihnen am besten gefallen?

Baba: Die Fans in der Bundesliga fand ich von Beginn an unglaublich. Ich hatte so etwas nie zuvor erlebt und nicht für möglich gehalten. Egal zu welchem Spiel – jedes Mal kamen Zehntausende. Das ist außergewöhnlich. Ich hätte nie erwartet, dass ich so schnell von Ghana nach Deutschland gehe und dann sofort in der Bundesliga spiele. Es war ein positiver Schock. Etwas, worüber ich sehr glücklich war.

Was wussten Sie vor Ihrem Wechsel nach Fürth über Deutschland?

Baba: Über das Land und die Leute wusste ich fast gar nichts, um ehrlich zu sein. (lacht) Aus dem Fernsehen kannte ich nur den FC Bayern und die Nationalmannschaft.

Kameruns Nationalspieler Michael Ngadeu Ngadjui hat in einem Interview gesagt: "Man verlässt Afrika nicht nach Europa, weil man will. Man verlässt Afrika nicht nach Europa, weil man stolz darauf ist, sondern nur, weil die Chancen dort besser sind, seine Träume zu verwirklichen." Was sagen Sie dazu?

Baba: Das trifft es ganz gut. Ich liebe Afrika, aber die Ausbildung junger, talentierter Fußballer ist dort nicht vergleichbar mit der in Europa. Natürlich entwickeln wir uns weiter, doch trotzdem ist es in afrikanischen Ländern aktuell viel schwieriger, Fußballprofi zu werden. Wenn man also ein bekannter Fußballprofi werden möchte, muss man nach Europa gehen.

Wie sind Sie in Ghana aufgewachsen?

Baba: Als ich jung war, gab es in Ghana noch nicht viele Fußballmannschaften. Ich bin im Norden aufgewachsen und bis heute gibt es kaum Profifußballer aus dieser Region. Deshalb war es für mich ein schwerer Weg, es tatsächlich zu einem großen Verein zu schaffen. Doch es war immer mein Traum, Profi zu werden. Es gab in meinem Leben nichts außer Fußball. Als Kind bin ich jeden Tag raus auf die Straße gegangen und habe überall gespielt, wo ich die Möglichkeit dazu hatte. Der Ball war immer an meiner Seite. (lacht)

GFX Quote BabaGoal

In Ghana haben Sie für Dreams FC gespielt. Wovon haben Sie geträumt, als Sie Nachwuchsfußballer waren?

Baba: Das Ziel von Dreams FC war es, jungen und talentierten Fußballern die Möglichkeit zu geben, ihre Träume zu verwirklichen. Heute bin ich sehr stolz und glücklich darüber, dass ich der erste Spieler des Klubs bin, der den Sprung ins Ausland und in die Nationalmannschaft geschafft hat. Noch heute ist Dreams wie eine Familie für mich. Immer, wenn ich in Ghana bin, statte ich dem Klub einen Besuch ab.

Was hätten Sie werden wollen, wenn es nicht zur Profikarriere gereicht hätte?

Baba: Das ist genau die Frage, die ich mir immer wieder stelle, wenn ich allein bin und über mein Leben nachdenke. Bis heute habe ich darauf allerdings keine Antwort. Wahrscheinlich hätte ich studiert. Auch, weil meine Mutter sich immer gewünscht hat, dass ich zur Universität gehe. Doch Fußball stand in meinem Leben immer an erster Stelle. Meine Mutter sagt immer, dass ich schon angefangen habe, Fußball zu spielen, als ich noch nicht einmal richtig laufen konnte. In meinem Kopf ging es jeden Tag nur um Fußball.

Wie haben Ihre Eltern Sie bei Ihrem Traum unterstützt?

Baba: Im Norden hatten wir damals wenig Möglichkeiten, professionell zu trainieren. Doch meine Eltern haben schon früh verstanden, dass ich den Fußball liebe und der Sport alles für mich ist. Deshalb haben sie mir jeden Tag erlaubt, nach der Schule rauszugehen und Fußball zu spielen.

Sie sind jetzt seit sechs Jahren in Europa. Was vermissen Sie an Ghana?

Baba: Es sind nicht die Dinge, sondern die Menschen und das tägliche Leben, das ich schon vermisse. Es fehlt mir, durch meine Heimatstadt zu gehen, in der viele meiner Freunde leben und in der alle dieselbe Sprache sprechen wie ich.

In der Sommerpause haben Sie erklärt, dass Sie noch nicht bereit sind, wieder für Ghana zu spielen, da der Druck zu hoch ist.

Baba: Im Sommer habe ich mich noch nicht zu 100 Prozent fit gefühlt und wollte daher nichts riskieren. Ich wollte mir einfach noch eine Auszeit gönnen, um wirklich komplett fit zu werden. Zusätzlich gab es ein paar Probleme zwischen dem ghanaischen Fußballverband und der Regierung, die inzwischen aber keine Rolle mehr spielen. Wenn ich komplett bereit bin, will ich aber auf jeden Fall wieder für Ghana spielen.

Doch warum spürten Sie Druck?

Baba: In Ghana steht man als Nationalspieler immer unter Druck, denn jeder hat eine Meinung zu dir. Selbst wenn man 5:0 gewinnt, sagen die Leute: "Ihr hättet 7:0 gewinnen müssen." (lacht) Die Leute finden wirklich immer etwas, worüber sie diskutieren können.

Welchen Stellenwert hat der Fußball für die Leute in Ghana?

Baba: In Ghana liebt den Fußball wirklich jeder. Nach der WM 2014 hatten wir einige Probleme, doch ich glaube, dass wir aktuell auf einem guten Weg sind. Ich hoffe sehr, dass wir diesen Weg weiterführen können und sich der Fußball gut entwickelt.

Als große afrikanische Fußball-Nation hat Ghana die Qualifikation für die WM 2018 verpasst.

Baba: Es war eine Katastrophe für unser Land. Die Vorbereitung auf unsere Spiele war nicht ideal und wir als Spieler hätten besser sein können. Ich kann nicht sagen, woran es lag, doch vielleicht haben wir einfach nicht genug gekämpft.

Was ist in der Vorbereitung auf die Spiele falsch gelaufen?

Baba: Manchmal geht man ins Spiel und kann seinen Fokus nicht allein auf den Sport richten. Zu dieser Zeit gab es einen großen Streit zwischen dem Sportminister und dem Fußballverband, der auch uns Spieler von unserer eigentlichen Arbeit auf dem Platz abgelenkt hat. Teilweise war es vielleicht einfach zu viel für uns.

Was ist für die Black Stars wichtiger: Der Titel beim Africa Cup of Nations oder die Qualifikation für die nächste Weltmeisterschaft?

Baba: Ich würde mich sofort für den Titel beim Africa Cup of Nations entscheiden. Seit ich ein Kind bin, ist es mein großer Traum, dieses Turnier zu gewinnen.

Beim vergangenen Africa Cup of Nations haben Sie sich schon im ersten Spiel schwer verletzt. Bereuen Sie die Teilnahme rückblickend?

Baba: Absolut nicht. Für mich ist es immer eine Ehre, das Trikot der Black Stars zu tragen. Selbst, wenn ich auf der Straße jemanden sehe, der das Nationaltrikot trägt, macht es mich glücklich.

Mit einem Kreuzbandriss und einem Meniskusschaden sind Sie in der Folge rund anderthalb Jahre ausgefallen. Wie schwer war diese lange Zeit ohne Fußball für Sie?

Baba: Gerade die ersten drei Monate waren sehr schwer für mich. Es gibt keine Worte, die passend beschreiben können, wie schlecht ich mich in dieser Zeit gefühlt habe. Ich war komplett niedergeschlagen und konnte nichts machen, außer herumsitzen, während ich zusehen musste, wie meine Kollegen auf dem Platz gearbeitet und das gemacht haben, was ich liebe.

Da Sie verletzt waren, hat Schalke die Leihe nicht verlängert und Sie mussten zurück zum FC Chelsea. Eine enttäuschende Situation für Sie?

Baba: Schalke hat mich keineswegs im Stich gelassen. Der Vertrag lief damals wie geplant im Juni 2017 aus und ich war lange verletzt. Auch als ich zurück in London war, haben Christian Heidel und Axel Schuster stets Kontakt zu mir gehalten und betont, dass sie mich gern wieder auf Schalke sehen würden.

Hatten Sie in dieser Zeit Sorgen um Ihre Karriere?

Baba: Nach sechs Monaten sagten mir die Ärzte, dass nicht alles wie geplant laufen würde. In dieser Phase hatte ich große Sorgen um meine Karriere. Ich hatte Angst, nie mehr auf den Platz zurückkehren zu können, um das zu tun, was ich liebe. Ich war wirklich sehr traurig und es fiel mir schwer, geduldig zu bleiben – auch wenn mir die Ärzte Mut gemacht haben und erklärten, dass es zahlreiche Fußballer gibt, die nach einer solchen Verletzung wieder gespielt haben.

Wer hat Sie in dieser schwierigen Zeit unterstützt?

Baba: Meine Familie war natürlich immer an meiner Seite. Doch auch Schalke und der FC Chelsea haben sich um mich gesorgt und gemeinsam versucht, mich zurück auf den Platz zu bringen.

Abdul Rahman Baba Robin HaackGoal

Obwohl Sie noch nicht komplett fit waren, hat Schalke Sie im Januar erneut für anderthalb Jahre ausgeliehen.

Baba: Ja, dafür bin ich sehr dankbar, denn ich fühle mich auf Schalke heimisch. Trotz meiner Rückkehr nach London habe ich meine Wohnung in Gelsenkirchen behalten. Hier fühle ich mich wohl, kenne alles, weiß, wie die Fans ticken und der Verein funktioniert. Ich bin überzeugt, dass es genau die richtige Entscheidung war, nach Schalke zurückzukehren.

In dieser Saison läuft es noch nicht nach Plan, denn Schalke ist mit zwei Niederlagen in die Bundesliga gestartet. Was muss in den kommenden Wochen besser werden?

Baba: Ich persönlich kann mich sowohl defensiv als auch offensiv noch verbessern. Das ist mir bewusst und daran arbeite ich. Doch auch als Team sind wir noch nicht am Limit angekommen. Wir arbeiten in jedem Training sehr hart, um unsere Fehler abzustellen.  

Schalke wurde im Vorfeld der Saison als einer der größten Kontrahenten des FC Bayern gesehen. War der Druck auf die Mannschaft dadurch vielleicht zu groß?

Baba: In der vergangenen Saison hat die Mannschaft überragend funktioniert. Wir hatten diese spezielle Kämpfer-Mentalität. Und obwohl die ersten beiden Spiele nicht gut waren, haben wir weiterhin einen tollen Kader und einen außergewöhnlichen Trainer. Ich bin sicher, dass die Dinge in den kommenden Wochen wieder in die richtige Richtung laufen.

Haben dieser Druck und die Euphorie dem Team oder einzelnen Spielern rückblickend geschadet?

Baba: Nein, wir konzentrieren uns nur darauf, was der Trainer sagt und denken auf dem Spielfeld nicht darüber nach, was das Umfeld vielleicht von uns erwartet. Er betont immer wieder, dass wir von Spiel zu Spiel schauen sollen und dabei alles geben müssen – für uns und für den Verein.

Was sind Ihre Ziele in dieser Saison?

Baba: Ich bin Sportler und will natürlich möglichst immer gewinnen, vielleicht ja mit Schalke den DFB-Pokal, vergangene Saison waren wir jedenfalls nah dran. Wir arbeiten jeden Tag hart und wollen unsere Entwicklung weiter vorantreiben. Wir haben eine tolle Mannschaft mit viel Qualität und müssen uns vor niemandem verstecken.

Nach vier Jahren startet Schalke auch endlich wieder in der Champions League.

Baba: Wir haben eine sehr interessante Gruppe, in der sich alle vier Mannschaften Chancen ausrechnen, den ersten Platz zu holen und ins Achtelfinale einzuziehen. Natürlich wird es schwer und gefährlich, doch ich bin überzeugt, dass wir dank der enormen Qualität in unserem Kader weiterkommen können.

Sie sind jetzt 24 und haben beim FC Chelsea noch einen Vertrag bis 2020. Ist es Ihr Ziel, nach England zurückzukehren?

Baba: Im Fußball kann man nie sagen, wohin es geht. Es kann sein, dass ich für die nächsten zehn Jahre auf Schalke bleibe, ich kann mir theoretisch aber auch vorstellen, wieder für Chelsea zu spielen. Darüber mache ich mir im Moment aber keine Gedanken. Ich bin wirklich sehr glücklich auf Schalke.

Sie sprachen bereits von Gerald Asamoah: Wäre es nicht toll, in seine Fußstapfen zu treten und sich auf Schalke ebenfalls einen großen Namen zu machen?

Baba: (lacht) Man weiß nicht, was die Zukunft noch bringt. Aber natürlich wäre es großartig, eine ähnliche Karriere hinzulegen wie Gerald.

Bei Chelsea sind Sie einer von aktuell 19 Spielern, die an andere Klubs verliehen sind. Aus wirtschaftlicher Sicht ist dieses Modell für den Klub lohnenswert. Wie sehen Sie es als Spieler?

Baba: Als einer der besten Vereine der Welt gibt Chelsea durch dieses Modell vielen Spielern die Chance, ihre Träume zu verwirklichen und bessere Fußballer zu werden. Der Klub gibt talentierten Spielern die Chance, sich zu beweisen. Ich darf auf Schalke nun regelmäßig vor 60.000 Zuschauern auf dem Platz stehen, was mir in meiner Entwicklung unglaublich guttut.

Stimmt es, dass es eine Whatsapp-Gruppe der Chelsea-Leihspieler gibt?

Baba: Das stimmt. Die Gruppe besteht aus Leihspielern und Angestellten des Vereins, die sich speziell um die Jungs kümmern, die aktuell verliehen sind. Dort geben die Trainer regelmäßig Feedback und posten Tore oder gute Szenen von einzelnen Spielern. Oft schicken wir uns dort auch lustige Videos oder Memes.

Bei Chelsea haben Sie mit großen Spielern wie Eden Hazard zusammengespielt. Bei der WM hat er gezeigt, dass er zu den weltbesten Spielern zählt. Wie haben Sie ihn zu Ihrer Zeit an der Stamford Bridge im täglichen Training erlebt?

Baba: Über die Qualitäten von Eden brauchen wir nicht groß sprechen, denn er zeigt in jedem Spiel, dass er ein außergewöhnlicher Spieler ist. Er hat mir vor dem Spiel manchmal gesagt, was er an diesem Tag plant und er hat es jedes Mal geschafft. Er ist schnell, stark und schlau. Ein unglaublicher Spieler.

Er gilt als Spaßvogel. Was war das lustigste, was Sie mit ihm erlebt haben?

Baba: (lacht) Eine spezielle Geschichte habe ich gar nicht, aber Eden ist wirklich ein Clown. Er macht die ganze Zeit nur Blödsinn, wenn wir in der Kabine oder beim Essen sind. Er ist ein witziger Typ, der es einfach immer schafft, die Leute zum Lachen zu bringen.

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