Iceland England 28062016Getty

Zweiter "Brexit" schockiert England: "Peinlichste Niederlage der Geschichte"

Das Mutterland des Fußballs liegt nach der "peinlichsten Niederlage der Geschichte" gedemütigt am Boden. Und dem zweiten "Brexit" innerhalb nur einer Woche folgte für die schockierten Engländer um Kapitän Wayne Rooney vernichtende Kritik: "Blamage", "Katastrophe" oder "Horror-Show" - nach dem desaströsen 1:2 (1:2) im EM-Achtelfinale gegen Island schlug den Versagern die gesammelte Wut und Fassungslosigkeit aus der Heimat ungebremst entgegen.

Das Selbstverständnis der stolzen, bisweilen aber auch selbstgefälligen Engländer - zerstört von einem EM-Debütanten mit gerade einmal 330.000 Einwohnern."Nichts in der 144-jährigen Geschichte ist vergleichbar mit dieser Schmach. Nichts. Gar nichts", schrieb die altehrwürdige Times. Und ergänzte in Anspielung auf den politischen Brexit: "Europa wird dieses England nicht vermissen."

Teammanager Roy Hodgson hatte da bereits die Konsequenzen gezogen und nur wenige Minuten nach dem Schlusspfiff seinen Rücktritt erklärt. Allerdings ebenfalls auf unrühmliche Weise: Er verlas nur eine vorbereitete Stellungnahme - und flüchtete dann vor den Fragen der Journalisten.
Die so oft zitierten "50 Jahre Leiden" seit dem letzten großen Titel 1966 finden nach der "peinlichsten Niederlage der Geschichte" (The Sun) ihre Fortsetzung - wie so oft versagte der selbsternannte EM-Mitfavorit, als es drauf ankam. "Es gibt drei Dinge, denen man sich im Leben sicher sein kann: Tod, Steuern - und mittelmäßige Auftritte Englands bei großen Turnieren", schrieb der Daily Mirror.

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Die Spieler selbst verließen die Stätte ihrer Demütigung mit versteinerten Mienen: Die Tränen bei einigen Akteuren gerade erst getrocknet, die Beschimpfungen der eigenen Fans noch in den Ohren. "Das ist peinlich für uns. Wir wissen, dass wir eigentlich besser sind", sagte Rooney, der zum sechsten Mal mit England bei einem großen Turnier früh scheiterte.

Ob dies trotz aller Misserfolge der schlimmste Moment seiner Nationalmannschaftskarriere sei, wurde Rooney gefragt. Er blickte kurz auf - und gab zu: "Im Moment natürlich. Ja."

Shearer: "Schlechteste Leistung eines englischen Teams"

Hodgsons Mitschuld an einer der größten Blamagen der EM-Geschichte war zuvor offensichtlich geworden: Ohne Idee, ohne Selbstvertrauen, ohne Leidenschaft flog sein Team aus dem Turnier. Hodgson gelang es nicht, das Beste aus der jungen und hochtalentierten Mannschaft herauszuholen. "Das war die schlechteste Leistung, die ich je von einem englischen Team gesehen habe", konstatierte der ehemalige Nationalmannschaftskapitän Alan Shearer.

Nicht einmal ansatzweise war gegen Island zu erkennen, mit welchem Plan Hodgson die Isländer schlagen wollte. Das englische Team war offenbar völlig überrascht davon, dass der Außenseiter nicht nur verteidigt, sondern auch ansehnlichen Fußball spielt. Island hatte eine Idee, Engand nicht. "Seine Amtszeit wird immer mit der totalen Demütigung verbunden sein, die mit dieser Niederlage einhergeht", schrieb der Guardian. "Auf Wiedersehen Roy, Danke Roy - sie waren ein vollkommenes Desaster", erklärte die Boulevard-Zeitung The Sun.

Hart: "So wird sich jeder an das Team erinnern"

"Der nächste Teammanager hat einen schweren Job vor sich. Wir haben hart gearbeitet, aber ohne Erfolg. So wird sich jeder an das Team erinnern", erklärte Torhüter Joe Hart, der die Niederlage durch seinen Patzer beim 1:2-Siegtreffer der Isländer durch Kolbeinn Sigthorsson (18.) mitverschuldete.

Viel Hoffnung auf Besserung unter einem neuen Teammanager gab es in England allerdings im ersten Schockmoment nicht. Viele Kandidaten drängen sich ohnehin nicht auf, obwohl das junge englische Team mit einer Vielzahl von Talenten gespickt ist. Als Favorit gilt U21-Coach Gareth Southgate.

"Die Zukunft ist vielversprechend", behauptete Rooney. Es klang wie ein schlechter Witz.

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