Josh Sargent USA U-20sRodrigo Arangua

US-Talent Josh Sargent: Pulisic' Kompagnon?


PORTRÄT


Die U17-WM 2003 erregte in den USA viel Aufsehen. Die Auswahl der Vereinigten Staaten erreichte das Viertelfinale, immerhin. 0:3 gegen den späteren Weltmeister Brasilien verloren, dennoch ein ordentliches Abschneiden. Das war aber nicht der Grund dafür, dass "Soccer" in den USA nach der Heim-WM 1994 und dem Viertelfinal-Einzug 2002 in Japan und Südkorea einen weiteren Schub an Beachtung bekam.

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Vielmehr war es dieser 14-Jährige, der im Turnier vier Tore erzielte. Der rund drei Jahre jünger war als die, gegen die er da spielte, die zu den Weltbesten ihres Jahrgangs gehörten. Freddy Adu ärgerte sie trotzdem. Er wurde zum Wunderkind erkoren, sollte der erste große Star des US-amerikanischen Fußballs werden. Größer als Landon Donovan, seinerzeit die Vorzeigefigur des A-Nationalteams.

Doch weder Donovan geschweige denn Adu, wie wir heute wissen, vollbrachten den ganz großen Wurf. Sie enttäuschten Erwartungen, vor allem Adu. Das Warten auf den Heilsbringer, auf den, der die USA endlich auch im Fußball zu einer Marke von Weltformat machen kann, ging weiter.

Anno 2017 hat man gleich zwei Kandidaten in petto. Christian Pulisic, 18-jähriger Offensivspieler von Borussia Dortmund und eines der größten Talente des Erdballs. Und seit kurzem auch Josh Sargent. Einen Rotschopf mit Babyface, der aktuell bei der U20-WM in Südkorea für Aufsehen sorgt. Und wie.

Sargents Mega-Tor gegen Senegal

Zwei Tore beim 3:3 gegen Ecuador zum WM-Auftakt. Dann der überragende 1:0-Siegtreffer gegen den Senegal, als er sich mit technisch perfekter Ballannahme um seinen Gegenspieler drehte und mit links eiskalt abschloss. Und schließlich traf er auch noch beim 6:0-Achtelfinalerfolg über Neuseeland zur Führung. Vier Tore in vier WM-Einsätzen, dazu stets Gefahrenherd, stets am Kombinationsspiel beteiligt. Sargent ist on fire!

Das Verwunderliche: Der Stürmer, mit erstklassiger Ballbehandlung, gutem Antritt und auffällig geschickter Körperbeherrschung ausgestattet, ist erst 17. So wie Adu 2003 bei der U17-WM ist Sargent in Südkorea rund drei Jahre jünger als viele seiner Gegenspieler. "Die Spieler hier sind viel größer, schneller und kräftiger, das ist ein neues Level", musste er zuletzt zwar eingestehen. Aufgefallen sind jene Umgewöhnungen bisher allerdings ganz und gar nicht.

Dabei kommt ihm zugute, dass der U20 der USA vor dem Turnier ein echter Torjäger fehlte. Das Team von Trainer Tab Ramos verfügte schon zuvor über eine starke Defensive, ein gutes Mittelfeld. Doch ein zentraler Angreifer mit Top-Niveau wurde vermisst. Sargent durfte überraschend in die Bresche springen, hat das Vertrauen bisher mehr als zurückgezahlt.

Seit er acht Jahre alt ist, wurde er beim Scott Gallagher Soccer Club ausgebildet. Eine angesehene Akademie, in der Jugend eines MLS-Klubs spielte er nie. Kevin Kalish, einer der sportlichen Verantwortlichen beim Scott Gallagher Soccer Club, hebt neben den fußballerischen Qualitäten vor allem Sargents Charakter hervor. "Er fiel schon immer dadurch auf, dass er der ideale Spieler zum Coachen war. Und der ideale Mitspieler."

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Sargent trainierte schon von kleinauf wie ein Besessener. Und er stammt aus St. Louis. Ein Vorteil, wie Kalish weiß, liegt die Stadt doch in einer Gegend der USA, in der Fußball am meisten verwurzelt ist. So kamen beispielsweise beim berühmten 1:0-Sieg der USA über England bei der WM 1950 gleich fünf Spieler aus St. Louis.

Sowohl Sargents Mutter als auch sein Vater spielten selbst Fußball auf hohem College-Level, das Talent bekam er daher beiderseits in die Wiege gelegt. Und nun ist er der jüngste Spieler der USA seit Adu, der im gleichen Jahr bei der U17-WM und der U20-WM spielte. Entwickelt er sich so rasant weiter, hat er alle Anlagen, eine große Karriere in Europa hinzulegen.

Gemeinsam mit Pulisic verschiebt er die Grenzen für die Erwartungen in den USA an ihre größten Jungstars derzeit nach oben. "Wir sehen eine neue Art furchtloser amerikanischer Talente, die viel besser darauf vorbereitet sind, den Weg nach ganz oben zu gehen", erklärt Ives Galarcep von Goal USA.

Sargent liebäugelt mit Bremen, Schalke und Stuttgart

Galarcep führt aus: "Ich habe Sargent im Dezember in einem Testspiel gegen Tottenhams U18 gesehen. Und er war mit Sicherheit der beste US-Akteur. Er kann mit beiden Füßen abschließen, ist gut in der Luft. Und er kann Verteidigungsreihen - vor allem für sein junges Alter - sehr gut lesen und analysieren."

Mit seinen Auftritten bei der U20-WM hat sich Sargent jedenfalls mehr denn je in den Fokus gespielt. Für die Talentscouts rund um den Globus war er aber schon davor keineswegs eine Unbekannte. Im Oktober 2016 absolvierte er ein Probetraining in Eindhoven, im Januar trainierte er auf Schalke mit. Sollte er sich für einen Wechsel in die MLS entscheiden, hält Sporting Kansas City seine Transferrechte.

Doch offenbar hat Sargent, der mit der US-Auswahl am Sonntag im Viertelfinale der U20-WM auf Venezuela trifft, ganz andere Pläne. Werder Bremen wurde zuletzt medial als Interessent gehandelt, SVW-Sportdirektor Frank Baumann wiegelte zunächst ab: "Er hat durch seine Leistungen das Interesse vieler namhafter Klubs geweckt, somit ist eine Verpflichtung eher unrealistisch."

Ohnehin wird sich Sargent wohl nicht für einen Wechsel entscheiden, ehe er im Februar nächsten Jahres 18 wird. Und Vater Jeff sagte kürzlich, vermutlich zu Baumanns Freude, dem amerikanischen Radiosender KMOX, dass sein Sohn sich bei dem Gedanken an einen Wechsel zu Stuttgart, Schalke oder Bremen "am wohlsten fühle".

Deutschland scheint also ein bevorzugtes Ziel des Youngsters zu sein. Das Land, in dem sein eineinhalb Jahre älterer Landsmann Pulisic sich längst einen Namen gemacht hat. Möglicherweise hat Sargent nun das Gleiche vor. Vielleicht, um in der Bundesliga die Wiege einer erfolgreichen US-amerikanischen Ära zu kreieren.

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