Darijo SrnaSanjin Strukić/PIXSELL

Trotz Tod des Vaters: Kapitän Srna wieder bereit

Als Darijo Srna seinem Vater Uzeir am Montag im heimischen Metkovic die letzte Ehre erwies, war sie schlagartig wieder da, die Erinnerung an das unsagbare Leid, das seiner Familie widerfahren ist. Es sind dunkle Kapitel, mit denen der Kapitän der kroatischen Nationalmannschaft kurz vor dem zweiten EM-Spiel am Freitag in Saint-Etienne gegen Tschechien (18.00 Uhr im LIVE-TICKER) wieder konfrontiert wurde.

Srnas Familie, und vor allem sein Vater, der am Sonntag im Alter von 78 Jahren an den Folgen einer schweren Krankheit gestorben ist, haben schreckliche Dinge erlebt. Darijos schwangere Großmutter und seine Tante wurden bei lebendigem Leibe verbrannt, der Großvater getötet, sein Vater als Waisenkind herumgereicht. Wenn der 34-Jährige mit seinem Team bei der EM um den Einzug in die nächste Runde kämpft, wird er auch von den Gedanken an die tragische Familien-Geschichte angetrieben.

"Meine Familie musste viel durchmachen. Das ist natürlich auch an mir nicht spurlos vorübergegangen. Aber es hat mir auch geholfen", sagte Srna, der nach dem Auftaktsieg gegen die Türkei (1:0) die traurige Nachricht erhalten und sich daraufhin auf den Heimweg gemacht hatte: "Die Geschichte unserer Familie hat meinen Charakter gestärkt. Ich bin dadurch ein Kämpfer geworden."

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Vor allem Uzeir Srna wusste nur zu gut, was kämpfen heißt. Er erlebte als kleiner Junge im Zweiten Weltkrieg kaum vorstellbares Leid und entkam dem Tod. Der bosnische Moslem musste mitansehen, wie seine schwangere Mutter und seine Schwester von serbischen Milizen verbrannt wurden. Kurz darauf kam auch sein Vater ums Leben. Für den Waisenjungen begann eine Odyssee, bevor er im kroatischen Metkovic landete. Dort kam Darijo 1982 zur Welt.

"Habe alles der Familie zu verdanken"

Die Lebensgeschichte seines Vaters hat Srna auf seinem Weg zum Profi immer inspiriert. "Meine Familie musste viele Opfer bringen, damit aus mir ein erfolgreicher Fußballer werden konnte. Ich hatte gar keine andere Wahl, als es zu schaffen", sagte Srna: "Alles, was ich erreicht habe, habe ich meiner Familie zu verdanken."

Die Familie hat Srna aber auch gelehrt, was harte Arbeit bedeutet. Als Junge verkaufte er gemeinsam mit seinen Eltern Gemüse auf dem Markt. Diese schwere Zeit hat Srna geprägt. Noch heute geht ihm die Familie über alles. Das weiß auch die sportliche Leitung der Nationalmannschaft. Deswegen nahm Teamchef Ante Cacic am Begräbnis teil, er wollte seinem Kapitän in diesen schweren Stunden beistehen.

Srna will seine Mannschaft während der EM führen. Deshalb reiste der 130-malige Nationalspieler zurück ins EM-Quartier nach Deauville. Von dort reiste indes Torwarttrainer Marijan Mrmic ab - ebenfalls weil sein Vater in der Heimat gestorben ist. Srna aber will gegen Tschechien auflaufen. "Er wird dabei sein, denn er ist eine stabile und starke Persönlichkeit", sagte Cacic.

Um das tatsächlich zu sein, scheute sich Srna in der Vergangenheit nicht, Hilfe von einem Psychiater in Anspruch zu nehmen. "Das habe ich damals gebraucht", sagte Srna. Seine Familiengeschichte habe ihn schließlich gelehrt, dass es manchmal nicht ohne Hilfe gehe.

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