2017-05-28-dortmund-tuchel(C)Getty Images

Borussia Dortmund: Im Pokal-Triumph wegen Tuchel gespalten

Thomas Tuchel ließ im Glitter-Regen einen Siegesschrei los, vier- oder fünfmal stieß er lachend den Goldpokal in die Höhe. 50 Meter entfernt standen Hans-Joachim Watzke und Reinhard Rauball Schulter an Schulter - mürrisch, Mundwinkel unten, die Arme vor der Brust verschränkt. Wenn es noch eines Beweises für den tiefen Riss bedurft hatte, der Borussia Dortmund spaltet: Da war er. Und es blieb nicht der einzige.  

Erlebe die Bundesliga-Highlights auf DAZN. Hol' Dir jetzt Deinen Gratismonat!

Zwar redete Tuchel von "Bindung" und "Vertrauen", von "einer echten Chance", seinen Vertrag zu erfüllen. "Das will ich auf jeden Fall", sagte er. Doch im Betonbauch des Berliner Olympiastadions wurde der Trainer nach dem 2:1 (1:1) im DFB-Pokal-Finale gegen Eintracht Frankfurt scharf von Kapitän Marcel Schmelzer attackiert. Die Trennung ist wohl unvermeidlich - die Dortmunder Seifenoper geht in ihre letzte Folge.

Artikel wird unten fortgesetzt

Viele Spieler waren entsetzt, dass Tuchel den intern äußerst beliebten Nuri Sahin aus dem Kader geworfen hatte. "Mich hat es sehr geschockt. Ich verstehe es einfach nicht", sagte Schmelzer: "Wir stehen komplett hinter Nuri. Ein toller Mensch." Fast wortgleich äußerte sich Marco Reus, der nach seinem ersehnten ersten Titel mit schmerzendem Kreuzband in den Grand Ballroom B des Hyatt-Hotels humpelte. 

Mit seiner Entscheidung hat Tuchel es sich endgültig auch mit seiner Mannschaft verscherzt. Sahin saß "tieftraurig" im ARD-Sportschau-Club und biss sich mit Gewalt auf die Zunge: "Ich möchte nicht mehr darüber reden, weil das..., sonst... - ich möchte nicht mehr darüber reden."

Tuchel "komplett leer"

Entsprechend gedämpft war die Party-Stimmung zunächst. Erst als Siegtorschütze Pierre-Emerick Aubameyang den Pott im blauen Glitzer-Anzug mit Strass-Sternen zum Bankett trug, löste sich die Anspannung. Später ging es bis in den frühen Morgen in den Luxus-Nachtklub Adagio, am Sonntag zur Parade auf den Dortmunder Borsigplatz. 

Tuchel gönnte sich einen Gin Tonic. "Ich bin komplett leer", sagte er am Ende einer dramatischen Saison mit dem alles überschattenden Bomben-Anschlag auf die Mannschaft im April: "Wenn ich versuche, die Rampensau zu geben, fühlt sich das immer sehr ungelenk an." Andererseits fühle er sich "unglaublich leicht. Es geht mir immer am besten, wenn alle glücklich sind. Das war schon früher zu Weihnachten so." 

Geschenke sind allerdings keine zu verteilen. "Es wird Gespräche geben. Ich kann nicht sagen, wie es ausgeht", sagte Tuchel, der zunächst den Pokal seinen Töchtern (6 und 7) präsentieren will. Geschäftsführer Watzke hatte keine Lust auf Wasserstandsmeldungen. "Die Frage kommt zum 350. Mal. Wir haben uns nicht gestritten, es wird sich nichts ändern in den nächsten Tagen", betonte er. Auch beim Thema Aubameyang-Abschied gab er sich verschlossen: "Ich bitte um Verständnis. Wir haben gerade einen Titel gewonnen."

Berlin-Fluch besiegt

Den ersten seit 2012, nach drei verlorenen Pokal-Endspielen in Serie. Der "Fluch von Berlin" ist gebannt - auch dank Aubameyang, der einen Foulelfmeter hauchzart ins Tor lupfte (67.). Reus ("Ich freue mich unmenschlich") war bereits ausgewechselt - mit einer düsteren Ahnung: "Vielleicht habe ich ein bisschen Kreuzband." Das frühe Dortmunder 1:0 durch Ousmane Dembele (8.) hatte Ante Rebic (26.) gekontert.

Die Eintracht spielte auf Augenhöhe mit und war durch ihre sangesfreudigen Fans Sieger auf den Rängen, flog aber ohne Pokal nach Hause. "Bei mir überwiegt der Stolz", sagte Trainer Niko Kovac: "Wir verlassen Berlin erhobenen Hauptes."

Gesenkte Köpfe gab es beim Deutschen Fußball-Bund. Schlagerstar Helene Fischer wurde niedergepfiffen, es gab Pyrotechnik-Exzesse und Schmäh-Wechselgesänge gegen den>

Werbung